Sichert Putin den Wahlsieg der Partei Einiges Russland?
kremlin.ruDie Partei Einiges Russland regiert Russland seit 2003 – drei Legislaturperioden in Folge. Die Mitglieder stehen geschlossen hinter dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Auch bei den diesjährigen Duma-Wahlen geht die Partei unter dem Vorsitz von Ministerpräsident Dmitrij Medwedew davon aus, eine komfortable Mehrheit zu erreichen. Doch in Zeiten der Krise könnte sich das als gar nicht so leichte Aufgabe herausstellen.
In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Lewada-Zentrum aus dem August geben lediglich 31 Prozent der Befragten an, ihr Kreuz für Einiges Russland machen zu wollen – ein deutlicher Rückgang. Das ist das schlechteste Ergebnis seit Jahresbeginn. Als Grund für die gesunkene Beliebtheit der Partei machen Experten vor allem die sozial-ökonomische Krise im Land aus.
Diese sei eine äußerst ungünstige Ausgangssituation für die Regierungspartei, meint Leonid Poljakow, Professor für Politikwissenschaften an der Higher School of Economics. Die Bevölkerung mache die Regierung für den sinkenden Lebensstandard verantwortlich. „Das ist ein normaler Vorgang, auch in anderen Ländern. Alle Unzufriedenheit wird auf die Regierungspartei abgewälzt“, meint Poljakow.Das sieht auch Walerij Solowjej vom Staatlichen Moskauer Institut für Internationale Beziehungen so. Die Popularität der Regierungspartei sei aktuell noch geringer als 2011, als es nach dem Wahlsieg von Einiges Russland zu Massenprotesten kam und Vorwürfe der Wahlfälschung laut wurden. „In einigen Regionen ist die soziale Lage äußerst angespannt, und die Schuld daran wird Einiges Russland gegeben“, sagt der Politikwissenschaftler.
Um die Umfragewerte zu verbessern, hat sich die Partei in den vergangenen Monaten von unbeliebten Funktionären getrennt. Man habe Ballast abgeworfen, der sich negativ auf die Popularität der Regierung und damit auch auf Einiges Russland ausgewirkt habe, meint Walerij Solowjej. Als Beispiel führt der Experte den Rücktritt des Bildungsministers Dmitrij Liwanow im August und des Kinder-Ombudsmanns Pawel Astachow im September an. Liwanow prägte sich vor allem durch die bei Wissenschaftlern äußerst unbeliebte Umstrukturierung der Akademie der Wissenschaften ein. Astachow fiel durch einige skandalöse Äußerungen auf.
Die Einführung des gemischten Wahlsystems, bei dem nun die Hälfte der Abgeordneten (225 von 450) in Einerwahlkreisen gewählt wird, könnte die Chancen der Regierungspartei stärken. Das neue System erlaube es regierungstreuen Kandidaten, als vermeintlich von der Partei unabhängige Kandidaten aufzutreten, was deren Siegchancen erhöhen könnte, erklärt Solowjej.Gleichzeitig jedoch könnte es in Wahlkreisen mit einem starken Kandidaten von einer anderen Partei, der von den lokalen Eliten unterstützt wird, für Einiges Russland sehr schwer werden. Der Wissenschaftler geht davon aus, dass es in 50 bis 60 von 225 Wahlkreisen ein Kopf-an-Kopf-Rennen geben wird.
Einiges Russland setzt weiter voll auf das Zugpferd Wladimir Putin. Leonid Poljakow betont, die Partei werde als Putins Partei gesehen – und die Umfragewerte des Präsidenten liegen deutlich über denen seiner Partei. „Die Parteiführung setzt darauf, dass sich im Bewusstsein der Wähler die Verknüpfung zwischen Einiges Russland und Putin einbrennt“, sagt Poljakow.
Seiner Meinung nach reiche das positive Image Putins vollkommen aus, um den Sieg der Partei am 18. September zu sichern. Das zeige etwa die sprunghafte Verbesserung der Umfragewerte von Einiges Russland, nachdem sich Putin vergangene Woche mit Vertretern der Partei getroffen hatte – die Werte stiegen daraufhin von 39 auf 41 Prozent.Zudem spielt Einiges Russland in die Hände, dass es an charismatischen Gegenkandidaten mangelt. Nach einer repräsentativen Meinungsumfrage liegen die Beliebtheitswerte der außerparlamentarischen Parteien unter einem Prozent. Auch die drei anderen Parlamentsparteien, die Kommunisten, die Liberal-Demokraten und die Partei Gerechtes Russland, haben schon bessere Zeiten erlebt. Ein selbstverschuldetes Problem, wie der Vizepräsident des Zentrums für politische Technologien Alexej Makarkin Gazeta.ru erklärte: „Sie wirken alle gleich und schaffen es nicht, sich zu profilieren.“
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