Duma-Wahlen: Wie russische Kandidaten auf Stimmenfang gehen

Der langjährige Anführer der Oppositionspartei Jabloko, Grigori Jawlinski, nahm zur Unterstützung seiner Partei ein Video auf.

Der langjährige Anführer der Oppositionspartei Jabloko, Grigori Jawlinski, nahm zur Unterstützung seiner Partei ein Video auf.

EPA
Heute wird in Russland ein neues Parlament gewählt. Erstmals seit 2003 treten auch einige Direktkandidaten an. Im Kampf um Wählerstimmen lassen diese ihrer Kreativität freien Lauf – nicht immer zu ihrem Vorteil.

Erstmals seit 2003 können Kandidaten bei den diesjährigen Duma-Wahlen in Wahlkreisen mit nur einem Mandat auch direkt gewählt werden. Während die politischen Parteien versuchen, durch ihr Programm zu überzeugen, greifen die Wahlkreiskandidaten teilweise zu ungewöhnlichen Mitteln, um die Aufmerksamkeit der Wähler zu gewinnen.

Leber mit Mission

Gennadi Onischenko war früher Russlands oberster Amtsarzt und von 2004 bis 2013 der Leiter der Föderalen Behörde für den Schutz von Konsumentenrechten und das menschliche Wohlergehen. Darum sorgt sich Onischenko noch heute. Der Kandidat der Regierungspartei Einiges Russland wirbt für seine Wahl mit dem Slogan „Triff eine gesunde Entscheidung“. Er tritt für einen gesundheitsbewussten Lebensstil ein. Dazu besuchte er Supermärkte, um dort die Qualität der Lebensmittel zu prüfen, oder machte sich für die Grippeimpfung stark.

Die größte Aufmerksamkeit erhielt er jedoch für seine Kampagne gegen Alkoholmissbrauch. „#IchliebemeineLeber“ heißt der einprägsame Hashtag zu einer von Onischenko initiierten Aktion. Im Nordwesten Moskaus können sich die Russen neben einer riesigen Nachbildung der menschlichen Leber fotografieren lassen. An der Metro-Station Tuschinskaja ist das Organ täglich von 12 bis 19 Uhr auf Gesundheitsmission. 

Der Sensenmann

Weit von der russischen Hauptstadt entfernt, genauer 1 426 Kilometer östlich im Wahlkreis Serowsk, kandidiert Maxim Schingarkin von der patriotischen Partei Rodina (zu Deutsch: „Heimat“).

Schingarkin präsentiert sich in seinem Wahlkampfspot als echter, starker russischer Mann. Man sieht ihn als mittelalterlichen Bauern verkleidet bei der Feldarbeit, dazu ertönen epische Klänge. Er wischt sich den Schweiß von der Stirn und beklagt sich über unerledigte Aufgaben und gierige Beamten, die sich die Taschen vollstopften. „Es ist Zeit, das Gras zu mähen, die Felder zu bestellen und die Beamten zu verjagen“, fordert er in dem Clip.   

In einem anderen Spot setzt der forsche Kandidat auf tierische Unterstützung. Schingarkin kritisiert, dass die Menschen in Bruchbuden leben müssten und froren, während Politiker sich mit Schmiergeldern die Taschen füllten. „Das ist ein Eisfuchs“, sagt er und tatsächlich taucht just in diesem Moment ein vom Leben gezeichneter Eisfuchs auf. Der Tiername klingt im Russischen ganz ähnlich wie ein Schimpfwort, das für den totalen Kollaps steht.

Kandidat mit harten Eiern

Viele Kandidaten der Opposition wollen ihre Prinzipientreue beweisen. Sie betonen, dass sie sich keinem Druck von oben beugen würden, sondern ausschließlich die Interessen des Volkes vertreten wollten. Das behauptet auch Dmitri Golowin von der Jabloko-Partei von sich. Er ist Wahlkreiskandidat in Jekaterinburg.

In seinem Wahlkampfspot werden je zwei Hühnereier von einem Hammer zertrümmert. Dem letzten Paar Eier kann der Hammer nichts anhaben. Er prallt ab. Eine pathetische Stimme im Hintergrund sagt dazu: „Dmitri Golowin. Ein Mann mit stählernen ... Prinzipien.“

Aus Liebe zum Tier

Alexander Gliskow, Kandidat der Liberal-Demokratischen Partei, entschied sich, an die Liebe der Russen für Hunde und Katzen zu appellieren. „Die LDPR ist gegen den unverantwortlichen Umgang mit Haustieren“, heißt es auf Gliskows Plakat, auf dem er, bekleidet mit einem T-Shirt samt Hund-Motiv, einen großen schwarzen Kater in seinen Armen hält. Deshalb die Schlussfolgerung: „Hast du einen Hund oder eine Katze, dann wähle die LDPR!“ Bei den Wählern blieb der Spott nicht aus. „Logisch“, hieß es dazu in einem Kommentar auf Twitter.

Aktiv gegen die Passivität

Der langjährige Anführer der Oppositionspartei Jabloko, Grigori Jawlinski, nahm zur Unterstützung seiner Partei ein Video ganz ohne Ton auf. Seine Botschaft präsentiert er darin auf Schildern. Vor allem geht es ihm darum, die Bevölkerung zur Stimmabgabe aufzufordern. Ein ernstes Anliegen, doch in den sozialen Netzwerken sorgte Jawlinskis Kritik an den Nichtwählern für ironische Kommentare.

Schild: „Man kann auch GAR NICHTS mehr machen“
Kommentar: „Jawlinski erinnert uns daran, wie der Samstag eines jeden Bürgers aussieht“

 

Schild: „Man kann die Obrigkeit kritisieren und trinken“
Kommentar: „Na gut. Wenn Jawlinski das sagt!“

Vor der Wahl: Einiges Russland kämpft gegen sinkende Umfragewerte 

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