Wladimir Putin und Angela Merkel.
ReutersDie deutsche Regierung erwäge weitere Sanktionen gegen Russland, berichtet „The Wall Street Journal“ unter Hinweis auf eine eigene Quelle. Grund für die Überlegungen sei wohl die Zuspitzung der Lage in Syrien, für die man Russland verantwortlich mache.
Von Gazeta.ru interviewte Experten bezweifeln, dass die Sanktionen gegen Russland verschärft werden: „Es wird keine Ausweitung der Sanktionen wegen der sich zuspitzenden Lage in Syrien geben. Dieses Thema ist vorbei, denke ich“, sagt der deutsche Politikwissenschaftler Alexander Rahr. Laut Rahr müsse man dem Artikel der Zeitung keine besondere Aufmerksamkeit schenken. Diese äußere sich in der Regel grundsätzlich kritisch zu Russland.
Der Experte führt noch einen weiteren Grund an: Neue Sanktionen seien keine angemessene Strafe für die Verteidigung der eigenen geopolitischen Interessen und würde alle Beteiligten in eine „neue Realität“ bringen. Unter dieser neuen Realität versteht Rahr, der sich immer sehr vorsichtig ausdrückt, wohl einen militärischen Konflikt.
Wäre die Lage in Syrien doch ein ausreichender Grund für neue Sanktionen, so würde sich das kaum mehr auf die entscheidenden Sektoren der russischen Wirtschaft auswirken. „Seit zwei Jahren leben wir unter Sanktionen, schlimmer kann es nicht werden“, erklärt Wiktor Kostjukow, führender Analyst bei Algoritm. Topliwnij integrator. „Die Ölindustrie hat sich angepasst. Alle notwendigen deutschen oder amerikanischen Anlagen kauft man in China und Indien ein.“
Auch die Verfügbarkeit von Haushaltsgeräten und Elektrowaren wäre von neuen Sanktionen kaum betroffen. Die meisten Importe kommen mittlerweile aus China, das russlandfreundlich eingestellt ist.Ein Ausfuhrverbot für weitere russische Militärtechnik und einige Waffen wäre ebenfalls wenig effektiv, da die meisten Mitgliedsstaaten der EU sowie auch die USA nicht zu den Hauptkunden der russischen Verteidigungsindustrie zählen. Und sowieso stünden bereits fast alle großen und mittleren Produzenten russischer Militärtechnik auf der Sanktionsliste, meint Iwan Andriewskij, erster Vize-Präsident des russischen Ingenieurverbandes.
Eine Gefahr besteht für Russland dennoch: Westliche Staaten könnten die größten Käufer russischer Militärgüter dazu zwingen, ihr Geschäft mit Russland aufzugeben, zum Beispiel indem sie ihnen mit einer Beendigung der Zusammenarbeit drohten. Laut Angaben Rostecs habe Russland innerhalb der ersten acht Monate dieses Jahres Waffen und Militärtechnik im Wert von sieben Milliarden US-Dollar verkauft. Die Liste der russischen Aufträge beläuft sich auf 46 Milliarden US-Dollar.
„Der Westen hat Sanktionen gegen staatliche Banken eingeführt und das hatte eine Logik. Der Kapitalverkehr privater Banken war davon nicht betroffen“, erklärt Natalja Orlowa, leitende Wirtschaftsanalystin der Alfa-Bank. „Wenn man aber demnächst versuchen wird, den Kapitalfluss der privaten Banken zu stoppen, dann würde sie dies sehr hart treffen.“
Ebenfalls wird befürchtet, dass Investoren in russische Anleihen auf eine schwarze Liste gesetzt werden könnten. Das russische Finanzministerium plant dennoch, im Jahr 2017 Eurobonds in Höhe von drei Milliarden US-Dollar auszugeben.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Gazeta.ru.
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