Demission von Putin-Berater Uschakow: Sind die Wahlen in den USA schuld?

Wladimir Putin, Sergej Lawrow und Jurij Uschakow.

Wladimir Putin, Sergej Lawrow und Jurij Uschakow.

Mikhail Metzel/TASS
Der langjährige Berater und ehemalige Botschafter Jurij Uschakow tritt zurück. Bis zum Frühjahr 2017 soll dies geschehen. Die Gründe seiner Demission sind bislang nicht bekannt; die Spekulationen nehmen kein Ende. Ist der voraussichtliche Wahlsieg Hillary Clintons in den USA schuld? Experten hegen ihre Zweifel.

Russische Medien berichten von der bevorstehenden Demission Jurij Uschakows, des außenpolitischen Beraters des russischen Präsidenten. Wie die Wirtschaftszeitung „Kommersant“ unter Verweis auf zwei der Präsidialverwaltung nahestehende Quellen berichtet, soll der Rücktritt von seinem Posten bis spätestens März 2017, seinem 70. Geburtstag, erfolgen.

Uschakow berät den russischen Präsidenten bereits seit mehreren Jahren in außenpolitischen Fragen – seit dem Zeitpunkt, als Putin Ministerpräsident unter Präsident Dmitrij Medwedjew wurde. Davor war der Staatsbeamte von 1998 bis 2008 russischer Botschafter in den USA. Wie die Zeitung mitteilt, beschreiben seine Mitarbeiter und Kollegen Uschakow als „hart und prinzipientreu“.

Sind die Wahlen in den USA schuld?

Russische Blogger spekulieren über mögliche Gründe für den Abschied Uschakows. Eine Theorie bringt die Entscheidung mit den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA in Zusammenhang. Die Präsidialverwaltung, davon ausgehend, dass Donald Trump praktisch keine Chancen mehr auf einen Wahlsieg hat, bereite sich auf den Einzug Hillary Clintons ins Weiße Haus vor.

Vor diesem Hintergrund wäre Uschakow, der während seiner langjährigen Tätigkeit als Botschafter inmitten einer republikanischen Administration in bestimmten Kreisen den Ruf eines „Falken“ erlangte, nicht sehr hilfreich dabei, einen guten Kontakt zur künftigen demokratischen Präsidentin aufzubauen. Zudem ist es kein Geheimnis, dass Hillary Clinton als Präsidentschaftskandidatin der Demokratischen Partei eine harte Linie gegenüber der russischen Staatsführung und ihrer Politik vertritt. Zusätzliches Konfliktpotenzial in den russisch- amerikanischen Beziehungen käme dem Kreml deshalb überhaupt nicht gelegen.

Politik des Kremls wird harscher

Von RBTH befragte Experten sehen allerdings bisher keine Entwicklung in der Politik des Kremls gegenüber den USA, die den Positionen eines „Falken“ widersprechen würde. Nach Meinung vieler Analysten ist der gegenwärtige Umgang der russischen Führung mit den USA härter als noch vor einiger Zeit, und Leute mit dem Charaktereigenschaften „hart und prinzipientreu“ sollten diesem Stil gut entsprechen.

Ein typisches Beispiel der gegenwärtigen Kreml-Politik gegenüber Washington ist die Aufkündigung des Abkommens über die Entsorgung von waffenfähigem Plutonium. Der Direktor der Stiftung für USA-Studien der Staatlichen Moskauer Universität Jurij Roguljew erinnert im Gespräch mit RBTH in diesem Zusammenhang an die jüngste Erklärung des russischen Außenministers Sergej Lawrow: Der Minister sagte, dass Russland sich nicht länger mit Beziehungen zufriedengeben werde, die lediglich den Interessen der USA dienten.

Experten sind deshalb geneigt, die zunehmende Härte und, wichtiger noch, die Selbstständigkeit Uschakows sowie seine Zuordnung zu der Gruppe der „Falken“ nicht überzubewerten. Alexander Konowalow, früherer Mitarbeiter am USA- und Kanadainstitut und gegenwärtiger Leiter des Instituts für strategische Einschätzungen, erklärt gegenüber RBTH, Uschakow könne schon allein aufgrund der von ihm bekleideten Stellung nicht selbstständig agieren und führe lediglich die Politik der Staatsführung aus. Der Generaldirektor des Russischen Rates für Auswärtige Gelegenheiten Andrej Kortunow bezeichnet im Gespräch mit RBTH die Rolle höherer Staatsbeamter zwar als wichtig, aber eben rein technischer Natur. Deshalb könnten diese Staatsbeamten auch kaum als Instrumente einer „Falkenpolitik“ genutzt werden. Zudem sei Uschakow ein abwägender und vorsichtiger Mensch ist, der keine politischen Ambitionen habe.

„Verjüngung des Personals“

Aufgrund dieser der Person Uschakows zugeschriebenen Charaktereigenschaften könne man jedoch von Reibereien zwischen ihm und dem Chef des russischen Außenministeriums Sergej Lawrow ausgehen, glaubt Konowalow.

Gleichzeitig passt der Rücktritt Uschakows in das Schema der deutlichen Verjüngung des Präsidentenstabs. Erst vor Kurzem sorgte eine weitere Personalumstellung für Aufregung: Der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter und langjährige Putin-Weggefährte Sergej Iwanow, der der Präsidialverwaltung vorstand, wurde durch Anton Wajnos, einen nahezu unbekannten, recht jungen Mitarbeiter der Behörde, ersetzt.

Zu dessen Stellvertreter wurde erst vor wenigen Tagen der frühere Rosatom-Chef und Ex-Ministerpräsident Sergej Kirijenko ernannt. Diesem eilt der Ruf eines Technokraten und effektiven Managers voraus. Generell wird in letzter Zeit vom zurückgehenden Einfluss der „Silowiki“, der Vertreter der Armee und der Geheimdienste, im näheren Umfeld des Präsidenten gesprochen. Kortunow zufolge könne man Uschakow aufgrund seiner Vergangenheit als Diplomat jedoch nicht den „Silowiki“ zuordnen. Seine voraussichtliche Demission sei wohl lediglich Teil des „Personalerneuerungs-Prozesses und der aktiven Verjüngung“.

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