Tillerson in Moskau: „Zwischen uns gibt es wenig Vertrauen“

Der russische Außenminister Sergej Lawrow und sein US-Amtskollege Rex Tillerson kurz vor der Pressekonferenz im Anschluss an ihre Gespräche in Moskau, Russland, 12. April 2017.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow und sein US-Amtskollege Rex Tillerson kurz vor der Pressekonferenz im Anschluss an ihre Gespräche in Moskau, Russland, 12. April 2017.

Reuters
Der erste Moskau-Besuch des neuen US-Außenministers am Mittwoch brachte keinen Durchbruch in den Beziehungen. Dafür herrschen zwischen Moskau und Washington zu viele Widersprüche. Dennoch schätzen Experten die Bedeutung des direkten Kontakts zwischen den beiden Atommächten.

Die Beziehungen zwischen Russland und den USA seien in einem sehr schlechten Zustand, hatte Wladimir Putin im Vorfeld der Gespräche zwischen US-Außenminister Rex Tillerson und dessen russischen Amtskollegen Sergej Lawrow in Moskau erklärt. Im Interview mit dem Fernsehsender Mir 24 sagte Russlands Präsident, dass das Vertrauen zwischen Moskau und Washington in den wenigen Monaten unter Donald Trump „weiter geschwächt“ worden sei –und das, obwohl Politikexperten bereits in der späten Präsidentschaft von Barack Obama von einer Rückkehr der Rhetorik des Kalten Krieges gesprochen hatten.

Von Lawrow zu Putin

Harsch waren auch die gegenseitigen Erklärungen der beiden Außenminister vor dem Besuch des US-amerikanischen Chefdiplomaten. So forderte Rex Tillerson Russland auf, sich für eine Seite im Syrien-Konflikt zu entscheiden, worauf das russische Außenministerium antwortete, es sei nutzlos, mit einem Ultimatum nach Russland zu kommen. Die Vereinigten Staaten veröffentlichten einen Bericht, laut dem Russland versucht habe, die Verantwortung der syrischen Regierung für den Giftgasangriff vom 4. April zu vertuschen. Kremlsprecher Dmitri Peskow bezeichnete die Vorwürfe als unbegründet.

Noch am Vortag von Tillersons Besuch war unklar, ob Wladimir Putin den US-Außenminister im Kreml selbst empfangen würde. Peskow teilte am Dienstag mit, dass ein Treffen mit dem US-Außenminister nicht in Putins Terminkalender stehen würde. Der russische Präsident traf den Diplomaten dann doch noch, am Mittwoch im Anschluss an die Gespräche zwischen Tillerson und Lawrow.

Differenzen bezüglich Syriens

US-Außenminister Rex Tillerson bei der Pressekonferenz im Anschluss seines Gesprächs mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow. / ReutersUS-Außenminister Rex Tillerson bei der Pressekonferenz im Anschluss seines Gesprächs mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow. / Reuters

Der „Kommersant“ schreibt unter Berufung auf offizielle Quellen, dass es bei den Gesprächen vor allem um Syrien ging. Gemessen an den Äußerungen von Lawrow und Tillerson im Rahmen der Pressekonferenz, die nach dem Treffen stattfand, bestehen die Differenzen weiterhin. Doch die Seiten seien bereit, einen Dialog zu führen.

Tillerson bekräftigte, dass Assads Regime vor dem Ende stehe. Russland müsse diese Tatsache seinem syrischen Partner erklären. Lawrow zeigte sich seinerseits skeptisch über die Effizienz der USA im Kampf mit den Islamisten der al-Nusra-Front. „Es herrscht der Verdacht, dass die al-Nusra-Front weiterhin aufrecht erhalten wird, um zu versuchen, Assads Regime zu einem bestimmten Zeitpunkt zu stürzen“, sagte der russische Minister.

Differenzen bestehen auch bezüglich des Giftgasangriffs. Die USA sind sich sicher, dass das Assad-Regime dahinterstehe. Russland indes besteht auf der Unschuldsvermutung und pocht darauf, den Bericht der Organisation für das Verbot chemischer Waffen abzuwarten.

Wenig Vertrauen, aber Einsicht

Ungeachtet der Meinungsverschiedenheiten bezeichneten beide Minister die Gespräche als produktiv. Lawrow bekräftigte die Bereitschaft Russlands, das Memorandum zur Vermeidung von Zwischenfällen im Himmel über Syrien wiederherzustellen. Moskau hatte das Abkommen nach dem US-Angriff auf den syrischen Luftwaffenstützpunkt am vergangenen Freitag eingefroren. Der russische Außenminister kündigte zudem an, dass eine Gruppe bestehend aus Vertretern der beiden Außenministerien gegründet werde, um solche Probleme in den Beziehungen zu analysieren.

Rex Tillerson betonte, dass sich die Beziehungen zwischen Russland und den USA auf einem sehr niedrigen Niveau befinden würden. Deshalb müsse etwas dagegen unternommen werden. „Zwischen unseren Ländern herrscht ein geringes Maß an Vertrauen. Die zwei führenden Atommächte der Welt dürfen eine solche Art von Beziehung nicht führen“, erklärte der US-Außenminister.

Fjodor Lukjanow, Politologe und Chefredakteur der Zeitschrift „Russia in Global Affairs“, bewertet den Ausgang der Gespräche positiv, hätten sie doch Kommunikationskanäle geschaffen. „Ansonsten habe ich aber keine Annäherung gesehen. Ich finde, die US-Taktik ist zurzeit sehr hart. Das betrifft nicht nur Russland, sondern allgemein. Für Trumps Präsidialverwaltung ist es wichtig zu zeigen, dass die USA der Boss sind“, analysiert Lukjanow im Gespräch mit RBTH.

Timofej Bordatschow, Leiter des Zentrums für europäische und internationale Studien an der Higher School of Economics, glaubt ebenfalls, dass von Fortschritten in den Beziehungen nicht die Rede sein kann. Die Differenzen seien zu groß. Dennoch glaubt Bordatschow, dass Tillersons Besuch einen wichtigen Faktor für den Kreml darstelle: „Die USA haben seit langer Zeit nicht mehr so gehandelt, als würden sie sich in die inneren Angelegenheiten einmischen wollen. Tillerson traf sich nicht mit der russischen Opposition – der Besuch war ausschließlich den internationalen Angelegenheiten gewidmet.“

Trump verteilt Lob

Der russische Außenminister Sergej Lawrow eröffnet das bilaterale Treffen mit US-Außenminister Rex Tillerson in Moskau.  / ZUMA Press/Global Look PressDer russische Außenminister Sergej Lawrow eröffnet das bilaterale Treffen mit US-Außenminister Rex Tillerson in Moskau. / ZUMA Press/Global Look Press

Neben Syrien sprachen Lawrow und Tillerson über die Ukraine und das Einhalten der Minsker Abkommen sowie Nordkorea. Beide bekräftigten den Willen, für einen atomwaffenfreien Status der koreanischen Halbinsel einzutreten. Zudem sprachen die Außenminister über die Möglichkeiten der bilateralen Zusammenarbeit. „Tillerson hat mir nicht mit Sanktionen gedroht“, sagte Lawrow scherzhaft im Rahmen der Pressekonferenz. Die Aufhebung der bereits existierenden Sanktionen sei aber auch nicht behandelt worden, fügte der Diplomat hinzu.

US-Präsident Donald Trump, der sich am Mittwoch mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg getroffen hatte, lobte die Gespräche in Moskau. Trump bezeichnete Tillersons Arbeit als hervorragend und betonte, es sei nicht schlecht, die Beziehungen zu Russland zu verbessern, auch wenn offen sei, ob das klappen würde. „Es wäre wunderbar, wenn die Nato und wir gute Beziehungen zu Russland führen könnten. Im Moment kommen wir nicht gut mit einander aus“, sagte Trump.

Widersprüchliche Aussagen aus Washington würden zeigen, dass es schwierig sei, von einer einheitlichen außenpolitischen Herangehensweise der Trump-Verwaltung zu reden, bemerkt Bordatschow. In der vergangenen Woche hatte Trump Russland noch scharf kritisiert. „Die Verwaltung ist immer noch dabei, sich zu formen. Es gibt interne Konflikte zwischen Gruppen und einzelnen Personen. Eine Einheit ist bisher nicht erkennbar“, erklärt der Wissenschaftler.

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