Das Treffen könnte die Beziehungen zu Frankreich langfristig verbessern.
ReutersDer Besuch Wladimir Putins in Versailles wurde bewusst auf den 300. Jahrestag des Besuches von Peter dem Großen in Frankreich gelegt. Aus Anlass des Jubiläums wurde in der Stadt eine Ausstellung eröffnet, die die beiden Staatchefs nach den dreistündigen Gesprächen gemeinsam besuchten.
Auf der Agenda standen beim ersten Zusammentreffen der beiden Staatsoberhäupter viele Themen, darunter die Lage in Syrien und die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen. Frankreichs Präsident Macron sagte während der Pressekonferenz, man habe auch über die Lage Homosexueller in Tschetschenien gesprochen. Die westliche Welt habe ihre Besorgnis über die Fälle von Diskriminierung und Gewalt in der nordkaukasischen Republik geäußert. Auch wurde die Tätigkeit von Nichtregierungsorganisationen in Russland diskutiert.
Wladimir Putin und Emmanuel Macron in der Schlachtengalerie im Schloss Versailles. Während des Besuchs des russischen Präsidenten eröffneten die beiden Staatsmänner eine Ausstellung zum 300. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern. / Reuters
Indem Macron den russischen Präsidenten nach Frankreich einlud, wollte er das wiedergutmachen, was sein Vorgänger Hollande angerichtet habe, glaubt Jurij Rubtschinski, Leiter des Zentrums für Frankreichstudien am Europainstitut der Russischen Akademie der Wissenschaften. Im Oktober letzten Jahres hatte Putin seinen Besuch in Frankreich kurzfristig abgesagt, nachdem Präsident Hollande bekanntgegeben hatte, dass er sich nicht sicher sei, ob ein Treffen mit dem russischen Staatschef Sinn ergebe.
Laut Experten in Russland sei das Treffen zwischen Putin und Macron nach der Teilnahme des französischen Präsidenten an den Nato- und G7-Gipfeln vereinbart worden. Diese hatten in der vergangenen Woche stattgefunden. Rubtschinski erwähnt in diesem Zusammenhang auch eine Erklärung des Kremls, nachdem man sich bilaterale Gespräche mit den USA zur Beilegung des Konfliktes in der Ukraine vorstellen könne. Diese sollten das etablierte Normandie-Format unter Beteiligung Frankreichs und Deutschlands jedoch nicht ersetzen, sondern zusätzlich stattfinden. Die Erklärung wurde nach dem Treffen der beiden Staatschefs veröffentlicht. „Das wurde offensichtlich auch in Versailles abgesprochen“, vermutet Rubtschinski.Laut Andrej Susdalzew von der Moskauer Higher School of Economics habe Präsident Macron sicherlich auch Bote für die anderen Westmächte während der Gespräche mit Putin gespielt und mit dem russischen Staatschef neue Wege für die Entwicklung der russische-westlichen Beziehungen besprochen. Dies sei auf den Gipfeltreffen der G7 und Nato vor den französischen-russischen Gesprächen in Versailles diskutiert worden, so der Experte.
Die Mission Macrons war dabei sicherlich nicht leicht, weil der Westen derzeit selbst gespalten in seiner Position zum neuen amerikanischen Präsidenten Donald Trump ist. Außerdem gebe es keine einheitliche Meinung zur Zukunft der Beziehungen mit Russland, berichtet der Experte.
Nach den Verhandlungen in Versailles besuchten Wladimir Putin und Emmanuel Macron eine Ausstellung über Peter den Großen. / Reuters
Früher waren die Kontakte zu Russland vor allem eine Aufgabe Deutschlands. Macron habe die deutsche Kanzlerin mit dem jetzigen Treffen zunächst in den Hintergrund gedrängt, sagt Susdalzew. Er vermutet, dass es Macron zum Ziel hatte, Angela Merkel zu übertreffen und die Heldentaten des früheren Präsidenten Nikolas Sarkozy zu wiederholen. Sarkozy wird eine entscheidende Rolle bei der Beilegung des Konfliktes in Südossetien zwischen Russland und Georgien im Sommer 2008 zugesprochen.
Es ist schwer zu sagen, welche konkreten Ergebnisse sich aus den russisch-französischen Gesprächen ergeben. Dennoch sind sich die Experten in einem Punkt einig: Das Treffen sei erfreulich positiv verlaufen, insbesondere, wenn man im Auge behalte, wie kompliziert die Beziehungen zwischen Moskau und dem Westen in den vergangenen Jahren waren. Schon das Format des Treffens in Versailles beweise das Interesse des Westens an einer Verbesserung der Beziehungen zu Russland. „Es ist unmöglich für das moderne Europa, Russland im Osten als einen Feind zu haben“, sagt Susdalzew.Die Experten sind sich auch einig, dass es keine Alternative zu einem verstärkten Dialog mit Russland gebe. Deshalb sei es durchaus positiv, dass man die Gründung eines französisch-russischen Forums aus Vertretern der Zivilgesellschaft vereinbart habe. Als Vorbild gilt dabei der deutsch-russische „Petersburger Dialog“. Zudem soll eine Syrien-Arbeitsgruppe gegründet werden, die Vorschläge zum Kampf gegen den Terror im Land erarbeiten soll.
Zudem besuchte Wladimir Putin während seines Besuchs in Frankreich das russische Geistlich-Kulturelle Zentrum in Paris. / Reuters
Als die Lage in Syrien angesprochen wurde, bezeichnete Macron den Einsatz von chemischen Waffen als unzulässig und drohte in diesem Zusammenhang mit einer französischen Intervention. Im Fall der Ukraine wurde beschlossen, einen ordentlichen Gipfel im Viererformat abzuhalten. Mögliche gemeinsame Anhaltspunkte wurden nicht verkündet.
Die Komplexität der bilateralen Beziehungen zeigte schließlich aber auch Macrons Antwort auf die Frage einer russischen Journalistin. Diese wollte wissen, warum der russische Fernsehsender „RT“ gegen Ende des Wahlkampfs aus der Wahlkampfzentrale Macrons ausgewiesen wurde. Macron bezeichnete die Fernsehsender „RT“ und „Sputnik“ in seiner Antwort als „Organe der Beeinflussung und der lügnerischen Propaganda“. Ein Vertreter des Kremls äußerte gleich die Unzufriedenheit Russlands über die Aussagen des französischen Präsidenten. Die „RT“-Chefredakteurin Margarita Simonjan bezeichnete Macrons Worte als „schlechtes Vaudeville“ über die beiden Fernsehsender, gespielt vom Präsidenten Frankreichs persönlich. Laut Simonjan habe sich „RT“ nie gegen Macron gestellt, sondern sei schlicht nicht für ihn gewesen.Anfang Februar veröffentlichte „Sputnik“ ein Interview mit dem französischen Abgeordneten Nicolas Dhuicq, laut dem Macron enge Verbindungen zu amerikanischen Geschäftskreisen pflege und von einer starken Homosexuellen-Lobby unterstützt werde. „Sputnik“ war dabei nicht das erste Medium, das dieses Thema aufgriff, und Nicolas Dhuicq war auch nicht der erste Politiker, der seine Meinung dazu äußerte. Bereits im November letzten Jahres schrieb die Zeitung „Le Monde“ über die diffamierenden Gerüchte und der ehemalige Präsident Sarkozy äußerte sich so zweideutig, dass Macron die Behauptungen öffentlich zurückweisen musste.
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.
Abonnieren Sie
unseren kostenlosen Newsletter!
Erhalten Sie die besten Geschichten der Woche direkt in Ihren Posteingang!