Foto: Elena Larionova
Der Ort eignet sich gut zum Meditieren. Die wenigen Touristen, die hier vorbeikommen, schießen ein paar Erinnerungsfotos, einige Paare spazieren über den gepflasterten Hof, und auf den Bänken sitzen Künstler und genießen die Ruhe. Vor ihnen erhebt sich die Mariä-Himmelfahrts-Kirche (erbaut zwischen 1667 und 1688) mit ihren fünf Zwiebeltürmen, die im Laufe der Jahre eine schwarze Färbung angenommen haben. Sie stehen symbolisch für Christus und die vier Evangelisten. Die Kuppel und Wände im Inneren sind reich mit Fresken verziert, die unter anderem links und rechts neben der hölzernen Tür Pontius Pilatus mit Jesus beziehungsweise Jesus auf Golgatha zeigen. Der untere Teil ist den Aposteln Peter und Paul gewidmet. Dort stammen die Wandmalereien zum Teil noch aus dem 19. Jahrhundert.
Die Spitze eines Turms, der in den 1680er-Jahren errichtet wurde, ist direkt dahinter zu sehen. Einzig eine kleine Glocke, die inzwischen verschollen ist, war Ende des 19. Jahrhunderts noch erhalten.
Ein Gewölbegang oberhalb der aus Ziegelsteinen errichteten Festung führt von der Kirche zum kleinen „Teremok“ (Haupthaus), das Ende des 17. Jahrhunderts erbaut wurde. Mehr als 1500 farbige Keramikkacheln in verschiedenen Grüntönen heben es von den anderen Gebäuden ab.
Foto: Tass
Früher war Krutizy ein viel besuchter Ort. Das lag zum einen an dem nahen Fluss Moskwa, zum andern an der Straße nach Kolomna, die an der Ostmauer vorbeiführt. Seit dem 12. Jahrhundert wurde sie von der Goldenen Horde ebenso wie von den Moskauer Fürsten häufig genutzt. Auch die Truppen des Fürsten Dmitri Po scharski und Kusma Minin betraten 1611 das Pflaster von Krutizy. Das Kreuz küssend schworen die Soldaten, Moskau von den polnischen Besatzern zu befreien.
Doch das Kloster erlebte seinen Aufstieg in erster Linie ab 1664 unter der Leitung des Metropoliten Paul II. als spirituelles Zentrum des orthodoxen Glaubens. Dieser hoch gebildete Mann, Kunst- und Wissenschaftsmäzen gründete eine große Bibliothek zur Weiterbildung der Geistlichkeit. Im Kloster wurden heilige Schriften aus dem Griechischen ins Russische übersetzt. Im folgenden Jahrhundert beherbergte das Gemäuer sogar ein Priesterseminar. Im Ostteil des Klostergeländes legte der Metropolit einen der ersten Ziergärten Moskaus an: einen „paradiesischen Ort“, wie ihn die Klosterbewohner seinerzeit nannten.Ebenfalls im 17. Jahrhundert wurde der Palast des Metropoliten errichtet, der an das Teremok angrenzt. Die Ziegelmauern erreichen im Erdgeschoss, das in erster Linie für den Handel genutzt wurde, eine Dicke von 120 Zentimetern. In der ersten Etage waren die Wohn- und Veranstaltungsräume untergebracht. Weiter hinten befindet sich die kleine Auferstehungskirche. Die dem heiligen Nikolaus geweihte Kapelle im Nordteil stammt aus dem Jahr 1516. Die Gräber mehrerer Metropoliten und Bischöfe Krutizys sind in der Krypta zu finden. Als 1812 Feuer gelegt wurde, um die napoleonischen Truppen zu vertreiben, geriet auch die Kirche in Brand, doch ein Großteil der Wandmalereien blieb erhalten. Als der spätere Zar Alexander II. diesem Ort 1838 einen Besuch abstattete, erklärte er seinen Wunsch, die Kirche restaurieren zu lassen.
Foto: Lori/LegionMedia
Im rechten Winkel zur Kirche komplettierte 1719 der Uferpalast das Ensemble. Außer den Mönchen lebten hier auch Sänger, Kirchendiener und Küster. Nach Abschaffung des Patriarchats unter Peter dem Großen wurde die Anlage mit Ausnahme der Mariä-Himmelfahrts-Kirche den Militärbehörden übergeben. Im 19. Jahrhundert beherbergten mehrere Nebengebäude hinter den Gebetshäusern die ehemalige Militärgarnison. Nach der Oktoberrevolution litt Krutizy unter der antireligiösen Politik des neuen kommunistischen Regimes. Mitte der 1920er-Jahre wurden in der Mariä-Himmelfahrts-Kirche Schlafsäle für das Militär eingerichtet. Rund zehn Jahre später war die Auferstehungskirche an der Reihe: Man gestaltete sie zu Wohnungen um, während der ehemalige Friedhof zum Fußballplatz wurde. Schließlich fanden ab 1947 Restaurierungsarbeiten statt. Ein Teil des Komplexes wurde 1966 in ein Museum verwandelt, doch die meisten Gebäude dienten bis 1996 als Garnison. Nach mehreren Jahrzehnten finden seit April 1992 wieder Gottesdienste statt.
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