Surcharbaan: Wie Sibirien den wichtigsten Feiertag des Sommers zelebriert

Pawel Kusmitschew
Während sich starke Männer im burjatischen Ringen, Bogenschießen und Pferderennen messen, verzehren die Zuschauer kiloweise Buuds (gedämpfte Teigtaschen) und Tschebureki (frittierte Teigtaschen).

Es ist eine echte sibirische Hitze, 30 Grad fühlen sich an wie 50. Die Pferde galoppieren in vollem Tempo, bis zur Ziellinie sind es nur noch ein paar Sekunden. Die Tribünen sind wie eingefroren. Doch plötzlich wirft dann wirft eines der führenden Pferde, der Hengst Pogrom, seinen Reiter ab und rennt ins Tal davon. Allgemeine Verwirrung, ein Krankenwagen fährt auf das Feld. Aber auch der Reiter hat ein heißblütiges Temperament. Er rennt dem Pferd hinterher, bringt es zurück auf die Strecke und erreicht die Ziellinie.

Auf diese Weise findet Anfang Juli in Burjatien, einer russischen Republik in der Nähe des Baikalsees in Ostsibirien, das uralte Kultur- und Sportfest Naadan-Surcharbaan statt. Die besten Athleten messen sich im traditionellen Ringen, Bogenschießen und dem Pferderennen Mori Urildaan.

Im Sattel geboren

Wir befinden uns auf dem Hippodrom des buddhistischen Klosters Jangaschinskij dazan, 50 Kilometer von Ulan-Ude, der Hauptstadt Burjatiens, entfernt. Trotz der großen Entfernung von der Stadt und der Hitze sind etwa zehntausend Menschen gekommen, um den Wettbewerb zu verfolgen. Mehr als 130 Pferde sind heute am Start.

„Sie wurden im Sattel geboren“, heißt es bei den Zuschauern über die tapferen Reiter. In vollem Tempo galoppieren sie über die Steppentäler und überholen sich gegenseitig in gefährlichen Kurven. Um diese Manöver zu erlernen, steigen die Sportler oft auf ein Pferd, sobald sie laufen lernen.

Das Besondere an den Rennen ist, dass sie hauptsächlich von Pferden der burjatischen Rasse bestritten werden, die kurz und leicht, aber gleichzeitig widerstandsfähig sind. Es gibt neun Distanzen, von 1200 Metern bis 21 Kilometern.

Die Reiter sind nervös. Es ist heiß, es ist laut, und die Pferde haben ein heißblütiges Temperament – ab und zu wollen sie weglaufen. Nur ein Mann, der buchstäblich im Sattel geboren wurde, kann sie beherrschen.

Drei Spiele der Ehemänner

Das Fest Naadan-Surcharbaan hat einen uralten Ursprung, bei dem die besten Nomadenkrieger gegeneinander antraten. Es findet zu einer Zeit im Sommer statt, wenn die Aussaat vorbei ist, die Heuernte aber noch lange nicht begonnen hat. Die Einheimischen sagen sogar, dass der Sommer erst nach Surcharbaan beginnt.

Naadan heißt übersetzt Spiel und Surcharbaan bedeutet Schießen auf die Zielscheibe Sur. Die wichtigsten Wettbewerbe sind Bogenschießen, burjatisches Ringen und Pferderennen. Der Feiertag hieß früher deshalb drei Spiele der Ehemänner. Heute sind andere Sportarten hinzugekommen, wie das Brechen eines Knochens mit bloßen Händen, das Heben einer 6-Meter-Stange im Galopp, das Würfelspiel Schagaj naadan, das Schachspiel Schatar sowie Vorführungen von reitenden Bogenschützen.

Kampf bis zum Ende

Die Tribünen im Zentralstadion der burjatischen Hauptstadt sind schon am Morgen gut gefüllt. Viele Menschen kommen aus weit entfernten Gebieten, um ihre Landsleute anzufeuern.

Burjatisches Ringen ist eine wahre Kunst in der Welt des Sports. Die Teilnehmer treten in farbenfrohen kurzen Hosen mit um den Körper geschlungenen Schärpen an. Vor dem Kampf führen sie den Adlertanz auf, um den Gegner einzuschüchtern. Der Kampf dauert fünf Minuten. Der Verlierer geht als Zeichen des Respekts unter dem Arm des Siegers durch. In diesem Jahr war der Champion Bair Omoktujew, Landes-, Europa- und Weltmeister im Sambo.

Nicht weniger spektakulär war das Finale im Brechen eines großen Knochens mit bloßen Händen – Heer schaalga. Dabei wird ein Rinderknochen in eine Hand genommen, der mit einem scharfen Schlag mit der Faustkante gebrochen werden muss. Der beste Knochenbrecher war der junge Athlet Walerij Lubsanow, der erst seit 2 Jahren an dem Wettbewerb teilnimmt. Während des Wettkampfs brach er nicht weniger als 26 Knochen!

Russlands berühmtester Bogenschütze

Und nun betraten die Bogenschützen in langen bestickten Mänteln und kegelförmigen Hüten die Arena. Bei einigen von ihnen lugten jedoch Turnschuhe unter den Mänteln hervor. Das Ziel ist 45 Meter entfernt und vom gegenüberliegenden Ende der Arena aus kaum zu erkennen. Aber echte burjatische Schützen lassen sich davon nicht beirren. Hier sieht man einen von ihnen, wie er in aller Ruhe die Bogensehne spannt und einen präzisen Schuss abgibt – und zwar direkt auf die Zielscheibe! „Das Wichtigste ist, gut zu zielen und sich an seinem Gefühl zu orientieren“, erklärt er uns.

Dann stellt sich heraus, dass es sich um einen der berühmtesten Sportler Russlands handelt, mehrfacher Landes- und Europameister, Teilnehmer der Olympischen Spiele in Sydney und Athen Baljinima Zyrempilow. Und ein paar Stunden später übertraf Zyrempilow alle anderen Konkurrenten und wurde Sieger des Surcharbaan.

Mehr als nur Sport

Die Sieger des Finales werden von den schönsten Mädchen Burjatiens gekürt. Sie wurden speziell für diesen Anlass einige Tage vor Beginn der Spiele in einer Live-Übertragung ausgewählt. 25 Mädchen aus verschiedenen Bezirken Burjatiens wetteiferten um das Recht, als erste Dangina Surcharbaana (Dangina bedeutet Schönheit) zu gelten. Sie zeigten in einem eigenen Wettbewerb ihre Talente, erzählten von ihrer Heimat und faszinierten mit ihrem Wissen über Traditionen und Kultur. Alle Mädchen erhielten unvergessliche Preise, und die Siegerin erhielt eine silberne Krone.

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