Borschtsch: Zeitloser Klassiker und ewiges Rätsel

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Der Borschtsch, ein Klassiker der russischen Küche, regt gleichermaßen Diskussionen als auch Kreativität an. Berühmte Moskauer Chefköche verraten, was sie über die Rübensuppe denken und wie sie Bortschsch am liebsten zubereiten.

Der Borschtsch ist eines der beliebtesten und zugleich geheimnisvollsten Gerichte der russischen und ukrainischen Küche – er ist das Symbol der Küche Osteuropas. Welches Land diese Suppe erfunden hat, ist bis heute unklar. Wir haben bekannte Chefköche gefragt, wie sie über diese Frage denken.

Igor Bednjakow, Chefkoch im Fleischrestaurant „Botschka“ (russische Küche):

Foto: Restaurant Botschka
„Viele Länder und Völker streiten um die Ehre, diese Suppe als ihr Nationalgericht bezeichnen zu dürfen. Viele halten dieses Gericht für russisch. Die Ukrainer glauben, dass nur die Kohlsuppe wirklich russisch sei. In Wirklichkeit kann keiner mehr genau sagen, wer den Borschtsch erfunden hat.

Der russische Borschtsch wird im Unterschied zum ukrainischen ohne Kartoffeln und Speck zubereitet. Die Hauptkomponente von jedem Borschtsch ist die Rübe. Sie sorgt für den Geschmack, das Aroma und die typisch dunkelrote Farbe. Einige Rezepte beinhalten ungewöhnliche Zutaten wie Bohnen, Äpfel, Kürbisse, Rüben oder bulgarische Paprika. Vieles ist von der Region abhängig. Der Unterschied besteht zum einen in der Brühe und dem Zusammenspiel von Fleisch und Geflügel, zum anderen in der Gemüseauswahl. Die bekanntesten Arten sind der ukrainische Borschtsch, der Moskauer, der Sommer- und der Flotten-Borschtsch. Der ukrainische wird traditionell mit gepochtem Speck und Knoblauch zubereitet. Der Moskauer Borschtsch beinhaltet Fleisch, der Sommerborschtsch dagegen junge rote Bete mit Stielen und Blättern. Der Flotten-Borschtsch ist der schärfste – er wird mit Geräuchertem und Chili zubereitet.

Es gibt Meinungen, dass der Name vom Bärenklau (Russisch: Borschtschewik) stammt, einer Pflanze, aus der in der Alten Rus Suppen vorbereitet wurden. Die Kosaken halten dieses Gericht für ihres. Zum ersten Mal kochten sie Borschtsch während der Belagerung von Asow. Damals hatten sich Kosaken vom Don mit denen vom Saporoschje verbündet und nahmen die türkische Festung ein.

In unserem Restaurant bereiten wir den Borschtsch nach sibirischer Art mit Rinderbrühe und etwas Steinbeere zu – nennen wir es eine kleine Geheimzutat. Diese säuerlich-herbe Beere verleiht dem Borschtsch ein besonderes Aroma und Sättigung.“

Maxim Wolkow, Chefkoch im „The Mad Cook“:

Foto: The Mad Cook
„Wer den Borschtsch erfand, werden wir nie erfahren. Jeder möchte sich damit schmücken. Ich persönlich koche Borschtsch schon seit meiner Schulzeit. Ich liebe den schwarzen. Ich verstehe nicht, warum in Russland noch niemand auf das Rezept einer schwarzen Suppe kam.

Der Borschtsch ‚Neft‘ wird mit Kalmarentinte zubereitet. Das Gemüse und die Brühe sind genauso wie beim traditionellen Borschtsch. Es dauert zwei Tage, bis die Suppe die Farbe annimmt. Ausländer, vor allem Italiener, kommen sehr häufig, um diese Suppe zu essen. Viele fragen mich, wie man das essen soll und wer das erfunden hat.“

 / The Mad Cook restaurant / The Mad Cook restaurant

Tuki Rabemanancua, Chefkoch im „Manito“ (mexikanisch):

Foto: Manito
„Bereits in den neunziger Jahren habe ich den Borschtsch kennengelernt. Ein russischer Koch brachte mir die Zubereitung bei. Damals fragte ich mich, woher genau dieses Gericht stammt.

Für mich sind die Ukrainer und Russen immer brüderlich verbunden. Und damals kochten alle den sowjetischen Borschtsch. Viele sagen, dass der wahre Borschtsch mit Speck aus der Ukraine stammen würde, aber ich hatte nur mit dem russischen zu tun. Im ukrainischen muss der Löffel fast stehen, er ist sehr fettig, und das ist Geschmackssache.

Schon bei der zweiten Zubereitung habe ich gelernt, Borschtsch zu kochen. Aber es gibt viele Feinheiten und Nuancen. Die Kruste der roten Bete sollte man nicht wegwerfen, sondern für die Brühe verwenden. Sie verleiht dem Borschtsch seine lila Farbe.“

Der Borschtsch ist auch ideal für kulinarische Experimente geeignet. Kürzlich hat ihn der Trend, alles in schwarze Farbe zu tauchen, erwischt. Schwarzen Borschtsch bieten inzwischen einige Moskauer Restaurants. Maxim Wolkow, der mitunter als verrücktester Koch Moskaus bezeichnet wird, hat den Klassiker neu erfunden – und ist dabei noch einen Schritt weiter gegangen: „Neftl“ – „Öl-Borschtsch“ – ist ein schwarzer Fleck, den man anfassen möchte. Wolkow besteht darauf: „Es ist lecker, probiere es!“ Dabei mischt er saure Sahne und Kalmaren in die Suppe.

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