Dynamo begeht sein Jubiläum

Foto: FC Dynamo

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Am 18. April wird die Sportgemeinschaft Dynamo 90 Jahre alt. Während des knappen Jahrhunderts hat die Sportgemeinschaft ein Know-how geschaffen, das die Liebe zum Sport zu einer Massenerscheinung hat werden lassen und Dynamo in fast allen populären Sportarten Fuß fassen ließ.

Die Sportler von Dynamo hinterließen faktisch in allen namhaften Sportarten ihre Spuren, aber in den Zwanzigerjahren, als die Sportgemeinschaft gegründet wurde, lag die Priorität vor allem beim Schießsport. Das hatte den Grund in der damaligen Zeit -das Land hatte gerade erst den Bürgerkrieg überwunden - und in den Ausbildern. Die proletarische Sportgemeinschaft Dynamo war als Organisation konzipiert, in der die Mitarbeiter der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden Sport treiben konnten. Es versteht sich daher von selbst, das die Hauptaufmerksamkeit auf Verteidigungssportarten gelegt wurde: Ringen, Boxen und Schießsport.

Einen besonderen Platz unter diesen Sportarten nimmt Sambo ein. Das Wort ist eine Abkürzung für den Begriff samosaschita bes oruschija (auf Deutsch: Selbstverteidigung ohne Waffe). Eine solche Selbstverteidigung war nach der Revolution in dem zerstörten Land, in dem hohe Kriminalität herrschte, dringend von Nöten. Mithilfe des Sports war es möglich, einen Großteil der verwahrlosten Straßenkinder wieder in die Gesellschaft zu integrieren.

Die Dynamomitglieder leisteten einen großen Beitrag für die Entwicklung des Schießsports. Die Ausbildung von Dynamo verdankte ihren Ruf dem pädagogischen System. Alle Ausbilder waren selbst ausgezeichnete Schützen, die Ausbildung schloss nicht nur praktische Übungen ein, sondern auch einen theoretischen Teil, und jeder Schütze bekam seine persönliche Waffe zugewiesen. Die Devise der Schützenschule entsprach logischerweise dem militärischen Zeitgeist: „Bereit, in kürzester Zeit und mit der geringsten Zahl Patronen zu schießen". Dem kam man in der Sportgemeinschaft übrigens auch nach: Bei Dynamo entstand eine eigene Fertigung von Sportschusswaffen, die fünfundzwanzigmal preiswerter waren als die üblichen Gewehre. Letzten Endes verbilligte sich die Ausbildung und wurde für viele erschwinglich.

Nachdem Dynamo als erste proletarische Sportgemeinschaft der Welt gegründet wurde, entstand bald die Frage ihrer Finanzierung. Bis zur Revolution war Sport ein Luxus, mit einer Unterstützung durch den Staat war in jenen Jahren nicht zu rechnen. Kurz gesagt, Dynamo blieb nichts anderes übrig, als sich sein Geld selbst zu verdienen. Der erste Schritt war die Verpachtung von Sport- und Unterhaltungseinrichtungen. Außerdem richteten die Dynamomitglieder Fußballturniere zwischen Mitgliedern der Sportgemeinschaft und bekannten Künstlern aus. Zwar konnte man seinerzeit mit Fußball herzlich wenig verdienen, aber die Popularität der neuen Sportgemeinschaft nahm dadurch deutlich zu.

Aber das größte Wirtschafts-Know-how erwarb man sich wahrscheinlich bei der Fertigung von Sportgeräten. Bis dahin wurden diese ausschließlich im Ausland eingekauft und Dynamo stellte sich die Aufgabe, aus eigenen Kräften eine eigene Fertigung aufzubauen. Letzten Endes wurde diese auch zur Haupteinnahmequelle der Sportgemeinschaft. Dynamo begann, Sportschuhe, Schlittschuhe, Skier, Tennisschläger, Turngeräte, Sportwaffen, Billardtische, Fechtausrüstung, Ruder und sonstige Sportgeräte, die im Land bis zu diesem Zeitpunkt nicht produziert wurden, herzustellen. Bis in die 1960er-Jahre wurden überall im Land Hunderte Sportgeschäfte sowie Dutzende Fabriken und Betriebe zur Fertigung von Sportgeräten und Ausrüstung für Tourismus und Erholung geschaffen. Diese stabile Einnahmequelle gestattete es Dynamo, Sportanlagen zu bauen und in die Infrastruktur zu investieren.

Die Teilnahme sowjetischer Sportler an internationalen Wettkämpfen nach dem Zweiten Weltkrieg gab einen Impuls für die Entwicklung einer gesonderten Sportmedizin. Die Mannschaften bekamen eigene Ärzte, beim Zentralrat von Dynamo wurde eine Sonderabteilung für wissenschaftliche Sportmedizin geschaffen. Überall in der riesigen Sowjetunion wurden staatliche medizinisch-sportliche Beratungsstellen eingerichtet. Ohne diese Grundlage wären die großen Erfolge der Sowjetunion bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften wohl kaum möglich gewesen.

Zum Jubiläum von Dynamo ist eine Vielzahl Veranstaltungen angekündigt. Darunter ein internationales Judoturnier für Angehörige von Armee und Polizei, der Offene Schießwettbewerb des Klubs Dynamo (Moskau), ein Boxwettkampf und ein Turnier im Mini-Fußball.

Das größte Geschenk zum Jubiläum der Sportgemeinschaft würde allerdings die Eröffnung des Fußballstadions sein. Das Dynamo-Stadion im Petrowskij-Park wird gegenwärtig modernisiert. In diesem Zusammenhang ist der Fußballklub Dynamo gezwungen, in der Chimki-Arena im Moskauer Umland zu spielen. Die Renovierungsarbeiten des geschichtsträchtigen Stadions, in dem der legendäre Torwart Lew Jaschin seinen Ruhm erwarb, sollen in vier Jahren abgeschlossen sein. Das Mitglied des Dynamo-Verwaltungsrates und Vorsitzender der Rechnungskammer Sergej Stepaschin versichert: Das neue Dynamo-Stadion wird das „außergewöhnlichste Projekt in Europa werden".

Auch in der ehemaligen DDR war die Dynamo-Sportbewegung ein Begriff. In den 1950er Jahren entstanden die ersten Vereine in verschiedenen Sportarten. Von den Funktionären wurde die Sportbewegung für ideologische Zwecke benutzt.

So hieß es im Gründungsaufruf der SV Dynamo Berlin von 1953: „Die SV Dynamo wird ihre Hauptaufgabe darin sehen, ihre Sportlerinnen und Sportler zur höchsten Leistungsfähigkeit zu entwickeln und zur aktiven Verteidigung unserer Heimat, zur tiefen und unzerstörbaren Liebe zum Frieden, zum Sozialismus und zur festen unverbrüchlichen Freundschaft zur Sowjetunion und mit allen friedliebenden Völkern zu erziehen."

Im sportlichen Sinne brachte die Dynamo-Sportbewegung in der DDR mehrere Olympiasieger, Weltmeister und Europameister in den verschiedensten Sportarten hervor. Der DDR-Rekordmeister im Fußball, BFC Dynamo, war der Vorzeigeklub in Ost-Berlin, zwischen 1979 und 1988 war er zehn Jahre in Folge Meister. Dynamo Dresden spielt heute in Deutschlands zweitbester Spielklasse und hofft im Saisonendspurt auf den Klassenerhalt.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Ogonjok.

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