Eishockey-Film steigert Nationalstolz

Russischer Schauspieler Daniil Koslowskij als Eishockeylegende Walerij Charlamow. Foto: kinopoisk.ru

Russischer Schauspieler Daniil Koslowskij als Eishockeylegende Walerij Charlamow. Foto: kinopoisk.ru

Wladimir Putin wünscht sich einen Sieg der Eishockey-Nationalmannschaft bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi 2014. Ein neuer, patriotischer Blockbuster über die Eishockeylegende Walerij Charlamow soll sie anspornen.

Das zehn Millionen teure Filmepos „Legende Nummer 17“ erzählt die Geschichte einer der größten Eishockeyspieler der Sowjetunion, Walerij Charlamow. Das Biopic konzentriert sich auf die packenden Summit Series von 1972 mit Kanada, als sich Charlamows vermeintliche Amateure den gefeierten Stars der National Hockey League (NHL) entgegenstellten und um ein Haar siegten.

Die Premiere des Films am 18. April fiel mit der diesjährigen Eishockey-Weltmeisterschaft zusammen und erzielte allein im ersten Monat nach dem Kinostart Einnahmen in Höhe von zehn Millionen Euro. Der Streifen wurde so zum bisher größten Erfolg der einheimischen Filmindustrie in diesem Jahr.

Das zentrale Ereignis des Films ist das Eröffnungsspiel gegen Kanada, die erste Begegnung zwischen der sowjetischen „Großen roten Maschine“ und den Profis aus der NHL. Das Match, in dem die sowjetische Mannschaft mit 7:3 siegte, machte den 24-jährigen Charlamow mit der Rückennummer 17 nach zwei Torschüssen auf einen Schlag weltweit bekannt.

Patriotismus auf der Kinoleinwand

„Legende Nummer 17“ liegt in der Tradition der durch Regierungsgelder finanzierten ‚patriotischen Blockbuster‘. Die zweiteilige Fortsetzung von Nikita Michalkows „Die Sonne, die uns täuscht“, die 2010/11 produziert wurde, war eine Antwort auf Spielbergs „Der Soldat James Ryan“. Michalkows Filme sollten den Nationalstolz gegenüber Kriegsopfern erhöhen.

Präsident Wladimir Putin betonte wiederholt, wie wichtig ein gutes Abschneiden bei den Spielen in Sotschi sei. Experten sind der Meinung, dass so Russlands internationales Ansehen verbessert und die Regierungskampagne zur Stärkung des Patriotismus unterstützt werden könne. Siege in so einer renommierten Sportart wie Eishockey werden dabei als entscheidend angesehen. Das Filmstudio, das „Legende Nummer 17“ produziert hat, gehört dem Oscar-Gewinner Nikita Michalkow, einem engen Freund und öffentlichen Unterstützer von Präsident Putin.

Mit dem Film sollen die glorreichen Tage des russischen Eishockeys in das Bewusstsein der Menschen zurückgebracht werden – Russland gewann das letzte olympische Gold 1992 als ein Teil der gemeinsamen Mannschaft der GUS. Die russischen Sportfunktionäre wollen indes die schlechten Leistungen bei den Olympischen Winterspielen 2010 in Vancouver vergessen machen. Damals belegte Russland nur den elften Platz in der Gesamtwertung.

1972 gab es kein Hollywood-Happy-End für die Sowjets. Sie verloren die Serie im achten und letzten Spiel mit 4:3, nachdem Charlamow im sechsten Spiel vom Kanadier Bobby Clarke – absichtlich, wie viele glauben – verletzt worden war.

Die Mannschaft von ‘72 gilt aber noch immer als eines der größten sowjetischen Eishockeyteams. Es repräsentiert das „goldene Zeitalter“, also die Jahre zwischen 1964 und 1988, in denen die Sowjets sechs von sieben möglichen olympischen Titeln erringen konnten.

Es ist wohl den Olympischen Spielen von Lake Placid im Jahr 1980 – die einzigen Spiele, die die „Große rote Maschine“ in der späten Sowjetära nicht gewann – zu verdanken, dass der Film über Charlamow gedreht wurde. Denn der sensationelle US-amerikanische Sieg über die Sowjetunion im Finale der Olympischen Spiele 1980 diente als Vorlage zu dem Film „Miracle – Das Wunder von Lake Placid“ aus dem Jahr 2004. Nachdem der russische Filmproduzent Leonid Vereschtschagin den Hollywoodstreifen gesehen hatte, beschloss er, einen ähnlichen Film, jedoch aus russischer Perspektive herauszubringen. Und die Summit Series 1972 „waren eines der wenigen Ereignisse, die alle Generationen in ihrem Stolz über unsere Mannschaft und unser Land vereinigen konnten“, so Vereschtschagin.

Die Niedergeschlagenheit der russischen Eishockeyfans nach der Niederlage bei den Olympischen Winterspielen 1980 wurde ein Jahr später noch verstärkt, als Charmalow zusammen mit seiner Ehefrau bei einem Autounfall ums Leben kam. Er wurde nur 33 Jahre alt.

„Legende Nummer 17“ wäre fast nicht gedreht worden, nachdem mehrere Fassungen des Drehbuchs abgelehnt wurden. Erst als ein neuer Regisseur, Nikolaj Lebedew, an Bord kam, änderte sich die Situation. Der Film wurde schließlich doch noch gedreht und erhielt letztlich viel positive Kritik.

So meinte beispielsweise die Filmkritikerin Maria Kuwschinowa in der Zeitschrift Afisha: „Anders als ‚Metro‘ (ein anderer russischer Blockbuster des Jahres, Anm. d. Red.) verzichtet ‚Legende Nummer 17‘ auf die üblichen Hollywood-Klischees und versucht auch nicht, den Geist des sowjetischen Massenkinos wiederzubeleben“. Ihr Urteil lautet: „Der Film ist modern gemacht, hat ein durchdachtes Drehbuch und gekonnte Kameraeinstellungen, gute – um nicht zu sagen ausgezeichnete – Schauspieler. Er zeigt interessantes Eishockey und ist frei von ideologischem Ballast.“

Trotz des finanziellen Erfolgs von „Legende Nummer 17“ muss die aktuelle russische Eishockeymannschaft noch einen weiten Weg gehen, will sie die Kremlträume vom olympischen Gold in Sotschi verwirklichen. Bei den Weltmeisterschaften in Finnland und Schweden Anfang Mai schied Titelverteidiger Russland bereits im Viertelfinale nach einer 3:8-Niederlage gegen die USA aus dem Wettbewerb aus.

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