Am 5. Oktober versucht der Russe Powetkin in Moskau, die Dominanz der Klitschko-Brüder zu beenden. Foto: ITAR-TASS
Die Verhandlungen über die Durchführung des Duells zwischen dem Olympiasieger von 2004 und dem erfolgreichsten Schwergewichtsboxer des letzten Jahrzehnts zogen sich fast fünf Jahre hin. Die Lager konnten sich nie einigen und verschoben den Kampf immer wieder.
Schließlich schritten die Boxfunktionäre ein und versteigerten den Kampf. Das ist die gängige Lösung, falls ein Kampf nicht innerhalb bestimmter Fristen organisiert wird. Hierbei bot Andrej Ryabinsky, ein russischer Bauunternehmer, die Summe von 23,2 Millionen Euro und setzte sich damit gegen die Veranstalter aus den jeweiligen Lagern der Boxer durch.
Seit Powetkin aktiv ist, hat auch Klitschko keinen Kampf mehr verloren
Für den 37-jährigen Wladimir Klitschko ist es der zweite Kampf im Jahr 2013. Zuletzt war Francesco Pianeta im Mai durch einen technischen Knock-out in der sechsten Runde dem Weltmeister unterlegen. Der Kampf mit Powetkin wird bereits das 24. Duell um eine Weltmeisterschaft im Profiboxsport für den jüngeren der Klitschko-Brüder sein. Sein letzter Kampf, bei dem kein Gürtel auf dem Spiel stand, fand im September 2005 statt – zu diesem Zeitpunkt war Powetkin seit knapp fünf Monaten Profiboxer und hatte gerade seinen zweiten Kampf gewonnen.
Der 34-jährige Alexander Powetkin wird zum wichtigsten Ereignis seiner Sportkarriere in optimaler Form antreten. Der letzte Kampf des russischen Boxers fand ebenfalls im Mai statt. Bei der freiwilligen Titelverteidigung gegen den wenig bekannten polnischen Boxer Andrzej Wawrzyk, auf dessen Konto 27 gewonnene Profiboxkämpfe gingen, brauchte Alexander nur drei Runden, um sein Gegenüber nach mehrfachen Niederschlägen zu besiegen.
In der Boxwelt wird Powetkin als ziemlich widersprüchliche Figur gesehen. Einerseits ist er Olympiasieger im Amateurboxen, ein Profi mit makelloser Bilanz (26 Siege in 26 Kämpfen, 18 durch Knock-out) und unbeugsamem Charakter; andererseits wurde er noch nicht wirklich herausgefordert. Powetkin traf bis jetzt auf seinem Weg noch auf keine wirklich gefährlichen, kampfstarken Gegner, und wie Powetkin im Zweikampf mit einem Top-Boxer aussieht, bleibt noch ein Geheimnis.
Powetkin ist ein untypischer Gegner für Klitschko. Er hat keine Angst, befindet sich gerade im besten Boxeralter und verzichtet auch auf Interviews, in denen er einen K.o. verspricht. Nur eins ist klar: Powetkin schlägt sich nicht wegen des Geldes.
In diesem Kampf geht es ihm ums Prinzip und um die Chance, die Dominanz der Klitschko-Brüder im Schwergewicht zu brechen. Nach Meinung der Experten ist Powetkin ein sehr gefährlicher Gegner für Wladimir Klitschko und hat die größten Chancen auf Erfolg unter den aktuellen Spitzenboxern.
Fachleute sehen Klitschko als Favoriten, räumen Powetkin aber Chancen ein
Der Olympiasieger von Sydney, Alexander Lebsjak, glaubt, dass ein Sieg Powetkins auf die weitere Entwicklung des Schwergewichtsboxens große Auswirkungen haben könnte: „Powetkin hat die Chance, diesen Kampf
aufgrund seiner Charakterstärke und seines Kampfgeistes zu gewinnen. Im Moment ist er der Einzige, der den Stillstand in der Gewichtsklasse durch einen Sieg beenden kann", meint Lebsjak gegenüber Russland HEUTE.
Der Sportler fährt fort: „Alexander könnte nach Punkten gewinnen, wenn er nicht allzu viele Runden abgibt. Wenn sie seine Deckung und Beweglichkeit verbessert haben, dann ist das absolut realistisch. Steigert er sich jedoch im Vergleich zu den Kämpfen gegen Marco Huck (Deutschland) und Hasim Rahman (USA) nicht, dann dürften die Runden häufiger an Klitschko gehen."
Die Wettbüros sehen den ukrainischen Boxer als eindeutigen Favoriten. Wer jedoch auf den Außenseiter Powetkin wettet, kann sein Geld versechsfachen. Gründe für diese Prognosen haben die Buchmacher jede Menge: die große Erfahrung Wladimirs, die perfekte Deckung und die souveräne Beherrschung all seiner Herausforderer über lange Zeit. Gegen den Jab des Ukrainers konnte in den letzten Jahren noch keiner seiner Gegner ankommen. Trotzdem ist Powetkin als unbekannte Größe ein sehr gefährlicher Herausforderer, und es besteht immer die Chance, einen Boxkampf überraschend zu gewinnen.
Der ehemalige Weltmeister des WBC im Profiboxen, Jurij Arbatschakow, gibt seine Einschätzung zum Kampfverlauf: „Klitschko wird kaum den Infight riskieren. Er wird Powetkin auf weite und mittlere Distanz halten und so Punkte machen. Der Kampf wird wohl kaum mit einem Knock-out enden", sagt der Profi gegenüber Russland HEUTE und sieht Klitschko im Vorteil: „Ich glaube nicht, dass Klitschko sich ernsthafte Fehler erlauben wird, die Alexander es ermöglichen, den Ukrainer durch Knock-out zu besiegen. Auch kommt Klitschko Powetkins Trainer- und Managerwechsel zugute. Ich habe nicht den Eindruck, dass Alexander und sein Team eine Strategie für jede Situation haben, die im Ring entstehen kann. Nur seine Charakterstärke wird ihm gegen einen Klitschko aber nicht viel helfen."
Arbatschakow wettet aber nicht auf einen klaren Sieg Klitschkos: „Es könnte auch zu einem Unentschieden kommen, bei dem beide Boxer ihre Titel
behalten und es einen weiteren gewaltigen Kampf gegen wird. Der Boxsport wird mit jedem Jahr kommerzieller und ich würde eine solche Variante nicht ausschließen."
Wer auch immer am 5. Oktober gewinnen wird – es wird ein Spektakel in der Moskauer Olimpiyski-Arena werden. Die Tickets haben zwischen 20 und 2 800 Euro gekostet und sind ausverkauft. Wenn Michael Buffer die Boxer zum Ring holen und schließlich das Duell mit seinen berühmten Worten „Let's get ready to rumble!" starten wird, erwarten die Kontrahenten also 35 000 Zuschauer, die die Halle in ein Meer aus russischen und einigen ukrainischen Fahnen verwandeln werden.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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