Paralympics: Wie Sport das Leben inspiriert

Irek Saripow gewann bei den Paralympics in Vancouver vier Goldmedaillen im Skilanglauf und Biathlon. Foto: ITAR-TASS

Irek Saripow gewann bei den Paralympics in Vancouver vier Goldmedaillen im Skilanglauf und Biathlon. Foto: ITAR-TASS

Die Paralympics sind ein leuchtendes Beispiel dafür, wie man seinem Leben gegen alle Widerstände eine völlig neue Richtung geben kann. Russland HEUTE stellt die außergewöhnlichen Erfolgsgeschichten zweier russischer Athleten vor.

Die Paralympischen Spiele 2014 in Sotschi versprechen, äußerst ereignisreich zu werden. Die russische Delegation wird aus 162 Sportlern bestehen. Nie zuvor hat Russland eine so große Mannschaft zu den Paralympics geschickt. Neun Tage lang geht es bei den Wettbewerben in Sotschi erstmals in der Geschichte der paralympischen Bewegung in fünf Sportarten 72 Mal um Medaillen: Skilanglauf, Biathlon, Sledge-Eishockey, Rollstuhlcurling und Skilanglauf.

Später, wenn die Wettbewerbe in die heiße Phase gehen, werden jedoch alle Blicke auf andere Zahlen und Leistungen gerichtet sein, insbesondere auf die Zahl der gewonnenen Medaillen. Bei den letzten Spielen 2010 in Vancouver holte die russische Nationalmannschaft 38 Medaillen: zwölfmal Gold, 16-mal Silber und zehnmal Bronze. Diese Ausbeute wurde in den beiden Königsdisziplinen Skilanglauf und Biathlon erreicht. Im Kampf um Gold mussten sich die russischen Athleten nur Deutschland geschlagen geben (13-5-6).

Damals wurde die russische Nationalmannschaft zu Recht zum Kreis der stärksten Mannschaften weltweit gezählt. Es folgen zwei Geschichten über russische Spitzensportler, die die Bedeutung von Siegen und nicht zuletzt auch die Bedeutung des Lebens selbst kennen.

 

Irek Saripow: „Ich bin ein rundum glücklicher Mensch"

Der erfolgreichste Medaillenjäger des russischen Teams bei den Paralympics in Vancouver war Irek Saripow mit vier Gold- und einer Silbermedaille in den Disziplinen Skilanglauf und Biathlon. In Sotschi strebt der 30-jährige Athlet als krönenden Abschluss seiner Karriere die Verteidigung aller seiner Titel an. „Ich hoffe, es wird ein erfolgreicher Abschied vom Sport. Danach möchte ich mich voll und ganz meiner politischen Tätigkeit widmen", erklärte er als eine der Führungspersönlichkeiten des russischen Paralympics-Teams und frischgebackener Abgeordneter der Staatsversammlung der Republik Baschkortostan. „Aber im Moment kreisen alle meine Gedanken natürlich um die Paralympischen Spiele in der Heimat."

Selbstsicher, erfolgreich und stark – so kennt man Irek heute. Aber es gab Momente, in denen er von Selbstzweifeln geplagt seinen Platz im Leben suchte. Im Alter von 17 Jahren verlor Irek bei einem Unfall beide Beine. Auf die Amputation folgten weitere Operationen und eine Odyssee durch

verschiedene Kliniken, und schließlich zwei Jahre der Ausweglosigkeit und Einsamkeit. Irek erinnert sich, wie er vor sich hinvegetierte – der Tagesablauf beschränkte sich auf Essen, Trinken und Schlafen. Zu dieser Zeit, als er einfach nur im Bett lag, nahm er unaufhörlich zu – fast hundert Kilogramm wog er damals. Heute liegt sein Gewicht bei ungefähr 65 Kilogramm.

Seine Eltern holten Irek aus diesem tiefen Loch zurück ins Leben. Sie zwangen ihren Sohn, sich aufzuraffen und zusammenzureißen. Irek begann, Sport zu treiben: Leichtathletik, Schwimmen, Skisport. Und so spulte er in seinem Rollstuhl zusammen mit den Biathleten, die auf Rollski unterwegs waren, Kilometer um Kilometer ab. Das blieb dem Trainer der Nationalmannschaft damals nicht verborgen.

„Als ich mit dem Sport begann, merkte ich gleich, dass das mein Ding ist", so Saripow. „Die Monotonie wich einem klaren Ziel: Ich wollte im Sport alles erreichen, was man nur erreichen kann." Und das schaffte er auch – aber nicht nur im Sport. „Ich bin ein rundum glücklicher Mensch", sagt Irek heute. „Ich habe Eltern, eine Frau, Kinder – und ich liebe, was ich tue. Was will man mehr?"

 

Anna Milenina: „Eine gute Sportlerin zu sein reicht mir nicht. Ich will auch als Mutter und Ehefrau glänzen"

Anna Milenina. Foto: ITAR-TASS

Durch Komplikationen bei der Geburt klemmte sich bei Anna Milenina, geborene Burmistrowa, ein Nerv ein, was eine teilweise Lähmung des Arms zur Folge hatte. Die Ärzte verboten ihr wegen dieser Behinderung kategorisch jeden Sport. Aber Anna kam aus einer sportlichen Familie. Ihre Mutter war eine hervorragende Skirennläuferin und auch ihr Vater lief Ski. Die Eltern hatten sich sogar beim Skilaufen kennen gelernt. Ihre Tante arbeitete als Trainerin, und sie war es schließlich auch, die entgegen der ärztlichen Empfehlung das Training des Mädchens übernahm.

Mit dem Sport begann Anna im Alter von sechs Jahren. In die Nationalmannschaft wurde sie mit 14 aufgenommen, woraufhin sie direkt an internationalen Wettkämpfen teilnahm. Bei ihrer ersten Paralympics-Teilnahme in Turin gewann Anna mit gerade einmal 19 Jahren gleich die Goldmedaille im Langlauf über zehn Kilometer und drei Silbermedaillen in den Disziplinen Ski Alpin und Biathlon.

Auf die Wettkämpfe in Vancouver bereitete sich die Athletin bereits

ernsthafter und bewusster vor. Und das Ergebnis konnte sich sehen lassen: zweimal Gold, Silber und Bronze. Wieder zu Hause angekommen, erwartete Anna noch eine Überraschung: Ihr Freund machte ihr einen Heiratsantrag. Annas Mann ist ebenfalls paralympischer Athlet und gewann bei den Paralympischen Spielen in Peking mit der Volleyballmannschaft Bronze. Ein Jahr nach der Hochzeit bekam das Paar einen Sohn.

Als Mutter war Anna sofort klar, wo ihre Prioritäten liegen: „Das Leben ist dazu da, es weiterzugeben. Deshalb möchte ich nicht nur als Sportlerin eine gute Figur machen, sondern auch als Mutter und Ehefrau. Meiner Ansicht nach sollten die Kinder immer an erster Stelle stehen."

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