Die Baufristen der Gazprom-Arena wurden bereits 19 Mal verschoben. Foto: PhotoXPress
In Sankt Petersburg soll innerhalb eines Jahres ein neues Fußballstadion errichtet werden. Es handelt sich dabei jedoch nicht um die berüchtigte Gazprom-Arena. Dieses Flaggschiff der Fußball-Weltmeisterschaft 2018, die in Russland ausgetragen wird, befindet sich seit 2007 im Bau. Nein, es handelt sich um ein Stadion im Norden der Stadt mit einer Kapazität von 25 000 Plätzen und einem künstlichen Rasen. Für den Bau dieses neuen Stadions wurde das Schweizer Unternehmen Nüssli beauftragt, das sich auf die Errichtung von Sportanlagen in kürzester Zeit spezialisiert hat.
Stadionbau in Rekordzeit
Vertreter des Unternehmens teilten mit, dass das Stadion in acht bis zehn Monaten von Grund auf errichtet werden soll. Die Rekordzeit erklärt sich durch den Einsatz von Modulen. Das bedeutet, dass bestimmte Teile der Arena wie die Umkleidekabinen und Logen bereits fertig nach Sankt Petersburg geliefert werden. Das neue Stadion ist für Heimspiele der zweiten Mannschaft Zenits vorgesehen, entspricht jedoch allen Kriterien der FIFA und UEFA. Auch die Profimannschaft Zenits wird darin Heimspiele im Rahmen von internationalen Turnieren, darunter auch der Champions League, austragen können.
Zenit-Generaldirektor Maksim Mitrofanow hält den Bau des neuen Stadions für eine notgedrungene Maßnahme. „Die laufende Saison zeigt, dass es in Russland an Reservestadien fehlt. Das sieht man allein schon am Beispiel des Clubs ZSKA Moskau, der seine Champions-League-Heimspiele in Sankt Petersburg ausgetragen hat. Eine Arena mit einem Fassungsvermögen von 25 000 Zuschauern ist nicht nur für Zenit eine Absicherung, sondern für den russischen Fußball insgesamt", erklärte Mitrofanow. „Die Verzögerungen beim Bau der Gazprom-Arena, der von der Stadtregierung geleitet wird und dessen Fertigstellungsfrist mehrmals verschoben wurde, bereitet uns, offen gesagt, Sorgen. Der Fußballclub kann diese Fristen nicht nachvollziehen und weiß nicht, in welchem Zustand sich das Objekt beim Abgabetermin befinden wird. Es bleibt also ein Rätsel, ob das Stadion einsatzfähig sein wird."
Die Zweifel von Generaldirektor Mitrofanow sind nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass die Baufristen der Gazprom-Arena bereits 19 Mal verschoben wurden. Mit jedem neuen Eröffnungsdatum stiegen auch die Gesamtkosten. Während die Kosten 2006 nach Angaben der ehemaligen Gouverneurin von Sankt Petersburg Walentina Matwijenko auf 185 Millionen Euro geschätzt wurden, liegen sie aktuell bei über 700 Millionen Euro.
Probleme beim Bau
„Der Übergabetermin ist für Juni 2016 angesetzt und die Kosten werden auf 750 Millionen Euro veranschlagt. Die endgültige Summe kann unter Umständen revidiert werden, jedoch nur absinkend", erklärte Anastasia Gordejewa, Sprecherin des Unternehmens Transstroy, das Generalauftragnehmer bei dem Bau der Gazprom-Arena ist, gegenüber Russland HEUTE.
Transstroy ist bereits der zweite Auftragnehmer für den Bau des Stadions. Die Unternehmensleitung beschwerte sich über die schlechte Qualität der Arbeit seines Vorgängers, dem Unternehmen Avant. Probleme bereitete
insbesondere das Haupttragwerk: Wegen starken Frosts war es deformiert und musste deshalb neu gebaut werden.
Im Jahr 2010 wurde die Gazprom-Arena zu einem der Hauptaustragungsorte der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 gewählt. Hier soll eines der Halbfinalspiele stattfinden. Das bedeutet, dass die Kapazität des Stadions nicht weniger als 60 000 Zuschauer betragen darf. Der Bauauftragnehmer war mit dieser Neuigkeit völlig überfordert, woraufhin die Bauarbeiten für ein halbes Jahr eingestellt wurden.
Für den Bau des Stadions in Sankt Petersburg wurden bereits 700 Millionen Euro ausgegeben. Zum Vergleich: In die Errichtung und Sanierung aller deutschen Stadien, in denen die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 ausgetragen wurde, wurden 1,4 Milliarden Euro investiert.
Das teuerste Stadion in der Geschichte des Fußballs
Laut des FIFA-Sprechers für Osteuropa und Zentralasien Waleri Tschuchrij wird die Gazprom-Arena das wohl teuerste Stadion in der Geschichte des Fußballs werden. „Ich bin oft in Russland und merke dabei keinen
Fortschritt bei den Bauarbeiten der Stadien für die Weltmeisterschaft", berichtete Tschuchrij gegenüber Russland HEUTE. „Ich habe die geplanten Zahlen gesehen und kann sagen, dass die Kosten für die Arena in Sankt Petersburg letztendlich die Summe, die für die Sanierung des Londoner Wembley-Stadions aufgebracht wurde, noch übersteigen werden." Die Sanierung des legendären Wembley-Stadions dauerte von 2003 bis 2007 an und kostete 1,15 Milliarden Euro. „Können Sie sich noch daran erinnern, wie der Ukraine im Jahr 2012 fast das Austragungsrecht für die Europameisterschaft entzogen wurde? Die Ukrainer warnten uns davor, dass es schwierig werde, und mahnten, dass der Bau noch im ersten Jahr begonnen werden müsse. Doch wir gehen das nur sehr langsam an", führte Tschuchrij weiter aus.
Ein Vertreter des Bauauftragnehmers versicherte indes, dass die bereits investierten Summen ausreichen würden, um ein Stadion nach dem neuesten Stand der Technik mit allem Komfort zu bauen. Laut Anastasia Gordejewa wird das Stadion mit einer Seilbahn verbunden sein, welche die Krestowski-Insel, wo die neue Arena stehen wird, mit anderen Stadtteilen verbindet. Außerdem soll eine Fußgängerbrücke errichtet werden, über die Zuschauer auf schnellem Wege zur Arena gelangen können. Da die Wetterbedingungen in Sankt Petersburg für das Wachsen eines Naturrasens im Winter nicht günstig sind, wurde eine architektonische Entscheidung getroffen, die es ermöglicht, das Spielfeld in den Wintermonaten außerhalb seiner Begrenzungen auszufahren. Um den Fußballerspielern und Fans komfortable Bedingungen zu ermöglichen und das Feld vor schlechten Wetterbedingungen zu schützen, wird das Stadion über ein verschließbares Dach verfügen.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
Abonnieren Sie
unseren kostenlosen Newsletter!
Erhalten Sie die besten Geschichten der Woche direkt in Ihren Posteingang!