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In der letzten Zeit ist in Russland das Interesse von Investoren am Bau von Stadien stark gestiegen, insbesondere im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft 2018. In Russland werden immer mehr Projekte initiiert, bei denen neben modernster Technik eine vielfältige Verwendung im Fokus steht. So erhofft man sich eine größere Rentabilität der Stadien.
Veranstaltungspotenzial erhöht die Rentabilität
„Gerade bereitet sich Russland aktiv auf die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 vor, die natürlich einen großen Stadionneubau in Gang setzte, und zwar mit modernster Technik", sagt Sergej Prolipko, Chef der Moskauer Projektleitung Opin. Mehr noch, Prolipko spricht davon, dass „in der Welt gerade eine Stadionbaurevolution" passiere: Viele der großen Arenen werden umstrukturiert, mit dem Ziel einer Optimierung der Fläche, der Verbesserung von Baucharakteristiken und der Entwicklung weiterer Elemente in und um die Stadien, was zusätzlichen kommerziellen Gewinn bringen könne.
Das Stadion gilt traditionell als fast schon das teuerste Bauobjekt bei Sportveranstaltungen im Sinne der dafür notwendigen Investitionen. Die Opin, die der Oneksim-Gruppe von Michail Prochorow gehört, wird beispielsweise für den Bau des neuen Stadions für den Fußballclub Torpedo in Moskau 110 Millionen Euro ausgeben. Dabei sind die Vorhersagen für das Einspielen der Investitionen bei den Stadien meist eher vage „Stadien sind traditionell Objekte mit langen Rentabilitätszeiten, die zehn bis 15 Jahre und darüber hinaus andauern können, eine Rentabilität mancher Projekte ist damit eher unmöglich", sagt Alexandr Dorofejew, der Generaldirektor der Consulting-Firma Arkaim. Deshalb versucht man weltweit, die neu gebauten Stadien so wandelbar wie möglich zu gestalten. „Gefragt sind Stadien, die man für jede Veranstaltung zu jeder Jahreszeit anpassen kann", fügt Julij Nikulewitsch, Chef der Strategieberatungsabteilung von Jones Lang LaSalle, hinzu. So sieht der weltweite Durchschnitt die Durchführung von etwa 100 durchaus unterschiedlichen Events pro Jahr vor. Deshalb ist ein Projekt bereits rentabel, wenn in einem Stadion mit dem Fassungsvermögen von 45 000 Zuschauern mindestens 60 Veranstaltungen pro Jahr durchgeführt werden.
Multifunktionell: Alles in einem
Aus der Perspektive des Return-on-Invest ist das Großprojekt der VTB Arena Park interessant, das von einer der größten russischen Banken VTB für den Moskauer Fußballclub Dynamo realisiert wurde. Das ist das weltweit einzige Beispiel, bei dem unter einem Dach ein Fußballfeld und eine Eishockeyarena untergebracht werden sollen. Das Stadion soll
lediglich für 27 000 Zuschauer Platz bieten. Dabei wird die Arena auch für Konzertveranstaltungen für bis zu 14 000 Besuchern oder als Basketballhalle für bis zu 12 500 Besuchern genutzt werden können. Bemerkenswert ist auch, dass der Prozess des Umbaus der Basketballarena für Eishockeyzwecke nicht mehr als zwei Stunden in Anspruch nehmen soll. Für die Planung beauftragte die Leitung des Projekts der VTB Arena Park 2010 David Manica, den Gründer des Architekturbüros Manica Architecture.
Unter den früheren Arbeiten des Architekten finden sich bekannte Projekte, wie beispielsweise das Stadion in der Hauptstadt Katars Doha, die Mercedes-Benz-Arena in Shanghai, die Olympia-Basketballhalle in Peking und die O2-Arena in London. Das Ergebnis war, dass das neue Projekt auf der größten internationalen Ausstellung in Cannes 2014 als bestes Projekt in Russland den Mipim Awards-Preis erhalten hat.
Geld verdienen soll die Dynamo-Arena unter anderem mit der Durchführung von Konzerten und anderen Veranstaltungen. Von der technischen Ausstattung her wird es die modernste Konzert-Location Moskaus. Dafür studierten die Planer die technischen Anforderungen von Shows weltweit.
Außerdem werden rund um die Arena Apartments, das Hotel „Hyatt Regency", Büro- und Wohngebäude, Einkaufsflächen sowie eine Parkhaus gebaut werden. „Der VTB Arena Park ist ein einzigartiges Projekt wegen seiner zentralen Lage und der vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten", sagt der Vizepräsident der AEG Europe Brian Kabatznick und erklärt: „Außer der Sportarena werden hier eine große Einkaufswelt und Wohngebäude Platz finden. Im Grunde geht es um die Schaffung eines neuen Anziehungspunkts für Anwohner und Touristen." Zum Vergleich: Die Ora-Arena in Istanbul hat neben einem Outlet-Shoppingcenter einen Freizeitpark und die Odyssey-Arena in Belfast ein Konferenzzentrum, ein Ausstellungszentrum, einen Freizeitpark, Geschäfte und sogar Hotels vereinigt.
Konzept der Zukunft: Nicht nur Fußball
Der leitende Direktor der ZipRealty Jewgenij Skomorowskij meint, die Schlüsselkomponente der Rentabilität eines Stadions sei seine Besucherzahl während des eigentlichen Sportevents. Das könne man nur auf eine Weise erreichen: durch Anlockung neuer Fans. Sergej Prilipko sieht das ähnlich und erklärt: „Derzeit ist das Konzept von Sportbauten grundsätzlich so, dass der Sport etwas für Männer ist, während die Familie zu Hause bleibt. Wir wollen ein Objekt schaffen, das die Familien verbindet
und Unterhaltung für alle Familienmitglieder bietet. Jeder soll jederzeit ins Stadion kommen können, so wie in Europa." Wie er sagt, spiele in diesem Zusammenhang die Infrastruktur für Kinder eine große Rolle.
So ist das Beispiel des Moskauer Spartak-Stadions charakteristisch. Im Moment befindet sich das Stadion in der Schlussphase der Baumaßnahmen. Es wird ein Fassungsvermögen von 44 000 Zuschauern haben. Es gab die technische Möglichkeit, das Stadion auch für 60 000 Personen zu bauen, doch eine solche Zuschauerzahl wird es bei den Spielen von Spartak nur zweimal pro Jahr geben. Deshalb hat die Clubleitung beschlossen, kein größeres Stadion zu errichten und stattdessen zwei Hotels, Gewerbeflächen, Büros sowie Schulen und Kindergärten zu integrieren.
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