Michail Kokljajew aus Tscheljabinsk könnte der würdige Nachfolger von Iwan Poddubny werden. Foto: PhotoXpress
Starke Männer hat es in Russland schon immer gegeben. „Bogatyri“ werden sie im russischsprachigen Raum genannt. Das altaische Wort bedeutete ursprünglich „tapferer Krieger“ oder „Held“. Die heutigen Bogatyri tragen sportliche Kämpfe aus. Anfang des 20. Jahrhunderts schrieb der russische Ringkämpfer Iwan Poddubny Geschichte, der über 40 Jahre unbesiegt blieb. In den siebziger Jahren stellte der Gewichtheber Wassili Alexejew 90 Weltrekorde auf. Und auch die Neunziger hatten ihre Legende: Der Ringer Alexander Karelin verlor im Lauf seiner Karriere in der griechisch-römischen Disziplin von 900 Zweikämpfen lediglich zwei und gilt noch heute als einer der erfolgreichsten Ringer aller Zeiten. Aber Nachfolger stehen bereit und heute sind nicht nur die russischen Männer stark.
Alexei Wojewoda – Bobsportler und Armwrestler
Foto: RIA Novosti
Alexei Wojewoda ist ein Beispiel für einen modernen Bogatyr. Dem breiten Publikum ist er eher als Bobfahrer bekannt. Bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi holte er als Anschieber gemeinsam mit Bobpilot Alexander Subkow Gold im russischen Zweierbob und gewann auch mit dem Viererbob Gold.
Wojewoda pflegt noch eine weitere sportliche Leidenschaft: das Armwrestling. Inzwischen ist auch hier die Liste mit den Auszeichnungen äußerst Respekt einflößend, darunter sind drei Weltmeistertitel bei den Amateuren und unzählige Preise im Profisport. Es ist wohl keine Übertreibung, wenn es heißt, Wojewoda hätte die „stärksten Arme der Welt“.
Bereits mit 14 Jahren konnte Alexei nach eigener Aussage ein Auto der Marke „Saporoshez“ mit purer Muskelkraft in die Höhe heben.
Alexei Wojewoda: „Mir ging es immer darum, stark zu sein, nicht nur kräftig. Ich kann mich erinnern, wie ich mich als Jugendlicher einmal wie ein Rowdy benommen habe. Der Nachbar hat falsch geparkt und da habe ich seinen ‚Siebener‘ hochgehoben und umgedreht, mit dem Dach nach unten, und ihn mitten auf die Fahrbahn gelegt. Er stürzte aus dem Haus und langte sich an den Kopf. Und wir haben uns vor Lachen geschüttelt.“ (gegenüber „Sport-Express“, ein „Siebener“ war ein Lada 2107, der immerhin über 1 000 Kilogramm wog, Anm. d. Red.)
Ruslan Albegow – Gewichtheber
Foto: RIA Novosti
Ruslan Albegow ist ein Gewichtheber im Superschwergewicht und amtierender Welt- und Europameister sowie Bronzemedaillen-Gewinner der Olympischen Sommerspiele 2012. Bei der Weltmeisterschaft 2013 in Breslau hob der aus Wladikawkas stammende 26-Jährige in der Summe 464 Kilogramm. Bei der letzten Olympiade hätte das für einen vorbehaltlosen Sieg gereicht, aber nachdem sich der Russe im Reißen glänzend geschlagen hatte, konnte er das Maximum in der zweiten Disziplin nicht mehr herausholen. In der Folge ging das Gold an den Iraner Behdad Salimi. Für Albegow ist klar, wie es dazu kam. Er gehörte zum Sportklub der Armee, wurde aber 2008 dem taktischen Truppenteil, den Panzertruppen, zugeordnet. Ein Jahr habe er dort verschwendet, Trainingsmöglichkeiten habe es keine gegeben.
Ruslan Albegow: „Um in den Panzer zu passen, musste ich den Helm abnehmen, sonst wäre die Luke nicht zugegangen. Ich würde das Jahr am liebsten aus meinem Leben streichen. Wenn dieses Jahr nicht gewesen wäre, hätte ich heute vielleicht die ein oder andere (olympische) Medaille mehr. (Nach der Armeezeit) kehrte ich 30 Kilogramm leichter zum Sport zurück. Ein ganzes Jahr ging für die Regeneration drauf. Und dann noch ein Jahr für die Verbesserung der Leistung.“ („Argumenty i fakty“)
Michail Kokljajew – Gewichtheber und Kraftsportmehrkämpfer
Michail Kokljajew aus Tscheljabinsk könnte der würdige Nachfolger von Iwan Poddubny werden. Kokljajew ist der einzige Russe, dem es mehrfach gelang, sich bei den wichtigsten internationalen Wettkämpfen im Kraftsportmehrkampf zu platzieren: sieben Siege im Rahmen der Strongman Champions League, vier Medaillen bei der Arnold Strongman Classic, drei bei den IFSA Strongman World Championships, ein Sieg bei den IFSA World Open 2005. In dieser Aufzählung hätte auch eine olympische Auszeichnung dabei sein können, aber 2003 nominierte der Russische Gewichtheberverband Kokljajew nicht für die Teilnahme an der Weltmeisterschaft. Der Athlet stürzte daraufhin in eine tiefe Krise.
Michail Kokljajew: „Ich hatte 2004 die Chance, Weltmeister zu werden und zur Olympiade zu fahren. Aber ich hab’s vergeigt, wie auch meine gesamten Perspektiven. Alles lief auf Grund. Aber ich hatte Glück und konnte mich (aus der Krise) herausarbeiten. Die Familie und der Sport halfen mir, alle meine Probleme zu überwinden.“ (www.olympic-weightlifting.ru)
Biljal Machow – Freistilringer
Foto: RIA Novosti
Auch im Freistilringen überzeugen die russischen Superschwergewichte. Vor allem der 26-jährige, aus Naltschik stammende Biljal Machow. Auf seine Rechnung gehen drei Weltmeistertitel in der Gewichtsklasse bis 120 Kilo und Bronze bei der Olympiade 2012 in London. Machow sollte auch 2008 zu den Spielen nach Peking fahren. Doch wegen einer angeblichen Lebensmittelvergiftung konnte er nicht teilnehmen. Wie sich später herausstellte, hatte jemand im Trainingslager am Vorabend des Ausscheidungsturniers den Athleten mit Quecksilber vergiftet.
Biljal Machow: „Über dieses Thema will ich nicht sprechen. Wenn ich es tun würde, müsste ich jemanden beschuldigen. Denn ich habe im Trainingslager aus dem gemeinschaftlichen Topf gegessen, habe mir selbst etwas auf den Teller getan, verstehen Sie, da hätten doch alle in der Mannschaft eine Vergiftung haben müssen. Eine Untersuchung hätte den Ruf mir nahe stehender Menschen beschädigt.“ („Sowjetski sport“)
Tatjana Kaschirina – Gewichtheberin
Foto: RIA Novosti
Auch das sogenannte schwache Geschlecht ist in Russland stark. Die Gewichtheberin Tatjana Kaschirina hält bis heute alle Weltrekorde im Superschwergewicht (über 75 Kilogramm Körpergewicht): 151 Kilo im Reißen, 190 im Stoßen, 334 Kilo im Zweikampf. Sie gewann bei Olympia 2012 Silber und 2013 bei den Weltmeisterschaften in Breslau Bronze. In Breslau triumphierte sie über die Chinesin Zhou Lulu, die ein Jahr zuvor in einem erbitterten Zweikampf vor Kaschirina olympisches Gold holen konnte.
Tatjana Kaschirina: „Wie sich herausgestellt hat, lagen die Gewichtheberkämpfe bei den Fernsehübertragungen während der Olympiade in London im Beliebtheitsranking an dritter Stelle. Als ich nach Hause kam, sagten die Leute zu mir, dass sie nicht erwartet hätten, dass das Gewichtheben eine so ästhetische Sportart sein kann.“ („Nowye iswestija“)
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
Abonnieren Sie
unseren kostenlosen Newsletter!
Erhalten Sie die besten Geschichten der Woche direkt in Ihren Posteingang!