WM 2018: Saransk wird Fußballhauptstadt

Foto: Pressebild

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Das ausgerechnet Saransk in der Republik Mordwinien neben all den russischen Millionenstädten Austragungsort der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 sein wird, mag manchen überrascht haben. RBTH sprach mit Alexej Merkuschkin, Vizepräsident der Republik Mordwinien, der die Welt überzeugen will, dass die Fifa eine gute Wahl getroffen hat.

Saransk ist eine etwa 300 000 Einwohner zählende Stadt in der Republik Mordwinien und liegt über 600 Kilometer in südöstlicher Richtung von Moskau entfernt. Bekannt wurde die Stadt in europäischen Medien, als der französische Schauspieler und Wahl-Russe Gérard Depardieu hier 2013 seinen russischen Wohnsitz anmeldete. Spätestens in vier Jahren wird sicher wieder über Saransk berichtet werden, denn die Stadt ist einer von elf Spielorten der Fußballweltmeisterschaft, die 2018 in Russland stattfinden wird. Saransk steht dann in einer Reihe mit russischen Großstädten wie Moskau, Sankt Petersburg oder Jekaterinburg. RBTH hat Alexej Merkuschkin, den Vizepräsidenten der Republik Mordwinien, getroffen und ihn gefragt, wie sich Saransk auf seine Gastgeberrolle vorbereitet.

 

RBTH: Wie geht der Bau des neuen Stadions von Saransk voran?

Alexej Merkuschkin: Wir hatten schon vor, in Saransk ein neues Stadion zu errichten, bevor Russland überhaupt den Zuschlag als Gastgeber für die Fußball-WM 2018 erhalten hat. Daher haben wir mit dem Bau auch schon frühzeitig begonnen und sind schon weiter als andere Austragungsorte.

Im vergangenen Jahr gab es eine Verzögerung, weil wir Korrekturen vornehmen mussten, damit das Stadion den aktuellen Anforderungen der Fifa entspricht. Zudem haben wir die Anzahl der Plätze auf der Haupttribüne vergrößert, nachdem feststand, dass in Saransk nicht nur Gruppenspiele, sondern auch ein Viertelfinale stattfinden wird.

Zur WM 2018 werden Tausende Fußballfans erwartet. Vor wenigen Tagen haben Sie erklärt, dass in Saransk auch neue Hotels gebaut werden sollen. Wer ist der Investor?

Für den Bau von Hotels zur Fußball-Weltmeisterschaft 2018 sind im russischen Staatshaushalt keine Mittel vorgesehen. Die Investoren kommen dennoch alle aus Russland. Vor eineinhalb Jahren begannen die Bauarbeiten für das Sheraton-Hotel, im nächsten Jahr soll es fertiggestellt werden. Vor wenigen Tagen endete die Frist für die Ausschreibung zum Bau eines Mercure-Hotels.

Es gab Pläne, mit dem britischen Unternehmen Snoozebox zusammenzuarbeiten, das mobile Übernachtungslösungen anbietet. Außerdem war im Gespräch, Hotels nach der Fußball-WM 2018 zu Wohnraum umzugestalten. Was steckt dahinter?

Unser Konzept ist es, nicht mehr zu bauen, als wir auch nachher noch nutzen können. Das Investitions- und Entwicklungsprojekt „Tavla" passt

dazu. In sechs Hochhäusern mit jeweils 25 bis 30 Stockwerken sollen etwa 1700 Ein- und Zweiraumwohnungen entstehen. Der Teil der Stadt, in dem die Hochhäuser gebaut werden sollen, wächst stark. Er liegt etwa 500 bis 600 Meter entfernt vom neuen Stadion.

Um Anreize für Investoren zu schaffen, bieten wir öffentliche Unterstützungsmaßnahmen an. Wir erschließen den Bauplatz auf Staatskosten, verlegen die Versorgungsleitungen und unterstützen sämtliche Aufwendungen, die durch Gutachten oder Dokumentationspflichten entstehen. Im Frühjahr kommenden Jahres sollen die Bauarbeiten beginnen.

Was Snoozebox betrifft, so hat das Unternehmen bereits bei den Olympischen Spielen 2012 in London und bei der Formel-1 sein Können unter Beweis gestellt. Sie bieten mobile Hotels, die aus Containern bestehen, die einfach aufgestellt und wieder abgebaut werden können. Es gibt dabei verschiedene Ausstattungsstufen, bis hin zum Komfort, der mit dem eines Vier-Sterne-Hotels vergleichbar ist. Wir stellen dafür ein Grundstück zur Verfügung, unweit des Flughafens, in der Nähe eines Sees.

Mordwinien-Vizepräsident Alexej Merkuschkin: „Wir haben viele Überraschungen zu bieten!“ Foto: Pressebild

Was passiert am Flughafen und im Bereich Verkehrsinfrastruktur?

Im Rahmen des föderalen Programms zur Vorbereitung der Fußballweltmeisterschaft 2018 stehen 2,5 Milliarden Rubel (etwa 51 Millionen Euro) zur Verfügung für die Rekonstruktion der Start- und Landebahn sowie für Stellflächen für Flugzeuge und für Einrichtungen der Flugsicherheit. Im Frühjahr kommenden Jahres werden wir ein neues

Flughafenterminal bauen und 2018 werden wir zur Weltmeisterschaft noch ein zusätzliches provisorisches Terminal errichten, das die Abfertigung von 1 100 Fluggästen pro Stunde möglich machen wird. Die Errichtung des Terminals selbst wird wohl aller Wahrscheinlichkeit nach in Form einer staatlich-privaten Partnerschaft realisiert werden. Wir halten den Airport für einen strategisch wichtigen Ort, daher können wir ihn nicht vollständig in private Hände geben.

Ansonsten erwarten wir keine Verkehrsprobleme. In Rusajevka, einer Satellitenstadt von Saransk, existiert bereits ein wichtiger Bahnknotenpunkt. Von dort aus starten alle zehn Minuten Züge nach Moskau. Saransk ist nicht so weit von Moskau entfernt. Wir sehen auch keine ernsthaften Schwierigkeiten, wenn Besucher aus Europa mit dem eigenen Fahrzeug anreisen wollen.

Was wird nach der Fußball-WM aus dem neuen Stadion und den Verkehrsinfrastrukturprojekten?

Wir versuchen, bei unseren Planungen alle möglichen Entwicklungen zu berücksichtigen. Nehmen wir zum Beispiel den Flughafen. Zurzeit arbeiten wir gemeinsam mit einem ausländischen Partner daran, eine interregionale Fluggesellschaft aufzubauen. Diese soll Flugrouten in die zentralen Regionen Russlands bedienen. Wir orientieren uns dabei an einem Lowcost-Modell und setzen auf kleine Flugzeuge, Privatreisende und einen niedrigen Ticketpreis. Dieses Modell funktioniert bereits in Brasilien, in Kanada und den USA. In Russland ist das interregionale Segment im Flugwesen noch schlecht entwickelt. Und nirgendwo auf der Welt kommen interregionale Flüge ohne staatliche Unterstützung aus. Das Verkehrsministerium der Russischen Föderation wird daher die Entwicklung der interregionalen Flüge aktiv unterstützen und fördern. Das neue Terminal wird praktisch für diese neue Fluggesellschaft gebaut.

Was die künftige kommerzielle Nutzung des Stadions betrifft, da sind wir mit der deutschen Gesellschaft Sport Five in Kontakt. Die alleinige Ausrichtung

von Fußballspielen bringt nichts, dann kommt eine solche Anlage nicht aus den roten Zahlen heraus. Die besten Stadien der Welt richten etwa 150 bis 200 Veranstaltungen im Jahr aus. Unser Plus besteht darin, dass sich das Stadion im Herzen der Stadt befindet und dass in der Umgebung ein neues Wohnviertel entstehen soll. Unsere Aufgabe wird sein, ein kompaktes multifunktionales Stadion zu bauen, das keinen hohen Aufwand erfordert. Wir wollen ein sympathisches Stadion. Es gibt zwei ausländische Firmen, die Interesse daran haben, das Stadion zu verwalten. Zurzeit laufen noch Verhandlungen.

Erfahrungen zeigen, dass meist die Städte besonders profitieren, die eine interessante Geschichte haben oder ein besonderes Konzept. Was ist die Botschaft, die Mordwinien aus Saransk senden will?

Einer der Gründe, warum wir von der Fifa als Austragungsort ausgewählt wurden, liegt in unserem Status als russische Republik. Mordwinien ist finno-ugrisch geprägt, daher hat das einen überaus großen Symbolcharakter. Wir haben viele Überraschungen zu bieten. Alle Geheimnisse werde ich hier nicht verraten, aber wir werden stark den ethno-kulturellen Aspekt betonen. Wir wollen unsere Kultur zeigen, unsere Küche, unsere Geschichte. Ich bin überzeugt, das wird unseren Gästen gefallen!

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