Fußball-Ausländerquote: Russischer Nationaltrainer fordert Reformen

Fabio Capello will mit einer strengeren Quote die Nationalelf stärken. Foto: Reuters

Fabio Capello will mit einer strengeren Quote die Nationalelf stärken. Foto: Reuters

Im russischen Fußball ist der Streit um eine Begrenzung der Ausländerquote entbrannt. Die aktuelle Formel „7+4“ ist von den Vereinen und der Ligaführung stark kritisiert worden. Fabio Capello, der russische Nationaltrainer, plädiert sogar für eine noch strengere Begrenzung – zugunsten einer starken Nationalmannschaft.

Im russischen Fußball ist ein Streit um die Ausländerquote im Profisport entbrannt. Der Chef der russischen Premier Liga, Sergei Prjadkin, ist der Meinung, dass die aktuelle Ausländerquote von „7+4" zugunsten einer

Eine Begrenzung für ausländische Profis wurde im russischen Fußball 2005 eingeführt. Damals galt die Formel „Sieben Ausländer auf vier Russen“ (7+4).

In den vergangenen Jahren wurde das Limit auf sechs Ausländer auf fünf Russen geändert (6+5).

Nach einiger Zeit traf man jedoch die Entscheidung, wieder zur ursprünglichen Variante zurückzukehren.

„10+15"-Formel geändert werden sollte. Die würde bedeuten, dass ein Verein in der Premier Liga nicht mehr als insgesamt zehn ausländische Spieler verpflichten, diese jedoch alle gleichzeitig auf den Platz schicken könnte. Damit hätte kein russischer Spieler mehr die Garantie, in der Startaufstellung zu stehen.

Roman Babajew, Generaldirektor des amtierenden russischen Meisters ZSKA Moskau, teilt Prjadkins Standpunkt: „Durch die neue Formel ‚10+15' könnte wieder echte Konkurrenz entstehen, an der die Spieler wachsen können. Denn die aktuell gültige Formel ‚7+4' garantiert einem Spieler mit russischem Pass einen Platz in der Startelf – unabhängig von seinen Leistungen", erklärt Babajew. Dies führe bisweilen dazu, so der Experte, dass sich die russischen Spieler zu sehr entspannten. Zudem erhöhe sich der Marktwert dieser Spieler automatisch. „Und das nicht wegen ihres spielerischen Könnens, sondern wegen ihrer Staatsbürgerschaft. Wenn man so einfach Geld bekommt, wird man keine Energie aufwenden, um sich weiterzuentwickeln", unterstreicht der Experte.

Das Hauptproblem rund um die Begrenzung ist das hohe Gehaltsniveau bei den jungen russischen Spielern. Ein gutes Beispiel ist der 21-jährige Iwan Solowjow, der von Dynamo Moskau zu Zenit Sankt Petersburg gewechselt ist. Der Mittelfeldspieler hat einige Spiele für Dynamo Moskau erfolgreich absolviert und seinen Vertrag auch dann nicht verlängert, als man ihm die dreifache Summe anbot: 100 000 Euro jährlich anstatt von 30 000 Euro. Bei Zenit Sankt Petersburg bekommt er nun 500 000 Euro pro Jahr, sammelt aber keine Spielpraxis.

Den Spieler, der ein Kandidat für die Nationalmannschaft wäre, haben nun selbst die Trainer der Jugendmannschaft nicht mehr auf der Liste. Innerhalb von zwei Jahren bei Zenit war er gerade einmal bei zwei offiziellen Spielen auf dem Platz.

 

Begrenzung zugunsten der Nationalmannschaft

Ganz anders sehen das die Funktionäre der russischen Fußballunion und auch der russische Nationaltrainer Fabio Capello. Sie sind überzeugt, dass man die Begrenzung sogar noch verschärfen müsse und begründen das mit dem Interesse der Nationalmannschaft.

„Können wir bei der Weltmeisterschaft 2018 im eigenen Land um den Sieg kämpfen? Ich kann weder zaubern noch den Kaffeesatz lesen, aber eines weiß ich: Ich brauche Unterstützung durch den russischen Fußballverband", erklärte der Italiener nach der enttäuschenden Leistung der russischen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 2014. „Junge russische Fußballspieler werden keine Möglichkeit mehr haben, Spielerfahrung zu

sammeln, denn die Vereine ziehen erfahrene ausländische Spieler vor", erklärt der Nationaltrainer und führt aus: „Es wird so kommen, dass in jedem der 16 Vereine der ersten Division der Liga sieben ausländische Spieler zur Stammbesetzung gehören. Also bleiben mir nur noch 64 Spieler, aus denen ich eine Nationalmannschaft bilden muss. Leider ist das nicht die Anzahl Spieler, die eine Konkurrenz um die Plätze in der Nationalmannschaft schaffen wird."

Anatolij Byschowez, der als Trainer die sowjetische Nationalmannschaft 1988 zum Olympiasieg führte, stimmt Capello zu. „Wenn wir wieder zu der Formel ‚6+5' zurückkehren würden, würde Capello mindestens 16 Spieler mehr haben, die ständig Spielerfahrung sammeln. Auf lange Sicht müssen wir die Begrenzung für ausländische Spieler abschaffen, aber das bekommen wir nicht bis zu der WM im eigenen Land hin", sagt Byschowez gegenüber RBTH.

Bei den Vereinen der Premier Liga stehen in der laufenden Saison 177 ausländische Spieler unter Vertrag. Wasilij Kulkow, sowjetischer Meister und

zweifacher portugiesischer Meister mit Benfica Lissabon, ist der Meinung, dass die neue Formel für die Begrenzung das Verhältnis zwischen russischen und ausländischen Spielern in der Premier Liga nicht grundsätzlich ändern wird. „Wenn man das Limit nach der Formel 10+15 berechnet, werden in den 16 Vereinen der Premier Liga 160 Ausländer verbleiben. Die ganzen gegenwärtigen Diskussionen betreffen also nur 17 ausländische Spieler. Man könnte denken, dass der Erfolg unserer Mannschaft bei der WM 2018 gerade von diesen eineinhalb Dutzend Spielern abhängt", erklärt Kulkow gegenüber RBTH.

Nichtsdestoweniger wird der Streit über die Anzahl ausländischer Spieler auf staatlicher Ebene entschieden. Zurzeit wird ein Föderationsgesetz entworfen, das die Anzahl ausländischer Spieler bei Sommersportarten regeln soll. Experten gehen jedoch davon aus, dass das Gesetzt nicht vor März 2015 bestätigt wird.

Ein Limit für ausländische Spieler gibt es in allen vier Ländern, die sich für das Halbfinale der Weltmeisterschaft 2014 qualifiziert haben. Ein Verein der brasilianischen Série A darf nicht mehr als fünf Ausländer in einer Saison verpflichten. In Argentinien ist die Formel sogar noch strenger, dort darf es in der Stammbesetzung nicht mehr als vier Ausländer geben. Noch dazu sind die Vereine dazu verpflichtet, in ihren Kader für die Saison mindestens acht im Verein ausgebildete Spieler aufzunehmen.

Auch in den Niederlanden gibt es ein solches Limit. Holländische Vereine dürfen keine ausländischen Spieler verpflichten, die jünger als 18 Jahre alt sind, und 18 oder 19 Jahre alte ausländische Spieler dürfen kein Jahresgehalt von mehr als 202 500 Euro bekommen. Wenn sie älter als 20 Jahre sind, darf es nicht mehr als 405 000 Euro betragen.

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