Zenit Sankt Petersburg: Champion ohne Chancen?

Zenit-Spieler feiern ihre Meisterschaft auf dem Petrowskij-Stadium in Sankt Petersburg. Foto: TASS

Zenit-Spieler feiern ihre Meisterschaft auf dem Petrowskij-Stadium in Sankt Petersburg. Foto: TASS

In Russland ist der Fußballverein Zenit Sankt Petersburg die Nummer eins. Doch auf internationaler Ebene bleiben die sportlichen Erfolge aus, obwohl der Verein Millionenbeträge in Spitzenspieler investiert hat.

Bereits zwei Spiele vor Saisonende konnte der russische Fußballclub Zenit Sankt Petersburg die russische Meisterschaft der Saison 2014/2015 für sich entscheiden. Überraschend kam das nicht. Die Fußballer aus der Stadt an der Newa waren von Beginn der Saison an stark. Sie gewannen zudem die entscheidenden Spiele gegen die größten Konkurrenten ZSKA Moskau, FK Krasnodar und Dynamo Moskau. Zenit Sankt Petersburg dominiert den russischen Fußball so wie Bayern München die Bundesliga oder Paris Saint-Germain die Ligue 1 in Frankreich.

 

Internationale Spitzenspieler zu Spitzenpreisen

Die Ära der Überlegenheit begann 2006. Russlands Energieriese Gazprom stieg bei Zenit Sankt Petersburg ein. Der neue Hauptsponsor investierte viel Geld und Zenit ging auf Einkaufstour auf dem Transfermarkt. Die Verpflichtung von Anatolij Timoschtschuk von Donezk Schachtar, damals Kapitän der ukrainischen Fußballnationalmannschaft, sorgte in Russland für Aufsehen. 15,1 Millionen Euro legte Zenit für Timoschtschuk auf den Tisch – ein für die damaligen russischen Verhältnisse unvorstellbar hoher Betrag.

Noch mehr, nämlich 30 Millionen Euro, ließen sich die Sankt Petersburger nur ein Jahr später, im August 2008, den Portugiesen Miguel Danny von Dynamo Moskau kosten. Im Sommer 2012 holte Zenit den Brasilianer Hulk vom FC Porto und den Belgier Axel Witsel von Benfica Lissabon. Offiziellen Angaben zufolge haben diese Transfers jeweils 40 Millionen Euro gekostet. Eine Reihe von Medien behauptete jedoch, Zenit hätte für Hulk gar 60 Millionen ausgegeben.

Es stellt sich die Frage, ob es das wert war. Denn so erfolgreich Zenit Sankt Petersburg auch in Russland ist, internationale Erfolge blieben bisher aus. Bislang haben die teuren Einkäufe noch nichts gebracht. Im Gegenteil, nach dem Wechsel von Hulk und Witsel zu Zenit landete die Mannschaft am Ende der Saison nur auf Platz vier. Nicht einmal für die Playoffs der Champions League reichte es.

Einer der Gründe war möglicherweise die fehlende Motivation der übrigen Mannschaftsmitglieder. Die waren unzufrieden, weil die neuen Stars weitaus mehr verdienten. Der Mittelfeldspieler Igor Denisow, ein Zenit-Eigengewächs, machte seinem Unmut öffentlich Luft und verließ den Verein schließlich. In der darauffolgenden Saison 2013/2014 gab es wieder keinen Titel für die Sankt Petersburger, den holte sich erneut ZSKA Moskau. Der damalige Trainer Luciano Spalletti schien die Mannschaft nicht mehr unter Kontrolle zu haben und musste seinen Hut nehmen.

Er wurde von dem Portugiesen André Villas-Boas ersetzt, der mit dem FC Porto Lissabon die Uefa Europa League gewann und vor seinem Engagement bei Zenit die Tottenham Hotspurs trainierte. Unter Villas-Boas holte Zenit im Sommer 2014 mit dem argentinischen Verteidiger Ezequiel Garay von Benfica Lissabon erneut einen Spitzenspieler – für sechs Millionen Euro. Mit 15 Millionen Euro deutlich teurer war der zweite Neuzugang, der Spanier Javi García von Manchester City. Mit den beiden kam auch der Erfolg zurück.

Doch die Fans wollen mehr, nämlich Erfolge in Europa. Die gab es zuletzt 2008 mit den Siegen im Uefa-Cup und beim Europa-Supercup. Trainer war damals Dick Advocaat. Doch auch in dieser Saison reichte es nicht für die Playoffs der Champions League. In der Europa League kam das Aus für die Sankt Petersburger schon im Viertelfinale. Auch die jüngsten Investitionen rentieren sich bislang nur auf russischer Bühne.

 

Zu viele Individualisten – zu wenig Mannschaft?

Der ehemalige Fußballspieler und Zenit-Trainer Alexej Strepetow findet, dass es in der Mannschaft an starken Spielern mangelt. „Bei Zenit gibt es fünf oder sechs erstklassige Spieler. Aber um erfolgreich in der Champions

League aufzutreten, braucht man noch einige mehr Spieler dieses Kalibers."

Nachteilig wirkten sich dabei aber die neuen Fair-Play-Finanzierungsregeln der Uefa aus, die darauf abzielen, dass sich die europäischen Fußballvereine nicht so hoch verschulden. Millionentransfers wie in der Vergangenheit sind nicht mehr drin bei Zenit. Das sei aber auch gar nicht notwendig, meint Strepetow: „Das Beispiel von Zenits Torwart Jurij Lodygin beweist es: Nicht nur teure Spieler haben gute Perspektiven." Lodygin wurde dem griechischen Verein Skoda Xanthi FC für nur 700 000 Euro abgekauft.

Der ehemalige Sportdirektor von Zenit Sankt Petersburg, Konstantin Sarsanija, macht dagegen den Trainer für das schlechte Abschneiden bei internationalen Wettbewerben verantwortlich: „Ich verstehe nicht, was Villas-Boas von den Spielern will. Alles wird auf den individuellen Qualitäten der Fußballer aufgebaut." Er ist sicher: „Zenit bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück."

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