Schlemmen bei den Russen

Die Russland-Halle auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin erweist sich erneut als Publikumsmagnet. Foto: Angelika Kettelhack

Die Russland-Halle auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin erweist sich erneut als Publikumsmagnet. Foto: Angelika Kettelhack

„Diese Artenvielfalt! Die haben hier ja alles: Brot und Wein und Fleisch und Äpfel, alles, was das Land so her gibt. Und jeder gibt das Beste...“, schwärmt ein Besucher aus Tirol über den Stand Russlands auf der Internationalen Grünen Woche. Russland HEUTE hat sich vor Ort umgesehen.

Die „Internationale Grüne Woche", die weltgrößte Messe für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau, findet dieses Jahr zum 78. Mal statt. Partner sind in diesen eiskalten Januartagen die Niederlande, weil sie schon zum 60. Mal teilnehmen, während der Kosovo und der Sudan das erste Mal dabei sind. 1630 Aussteller aus 67 Ländern zeigen die besten Ergebnisse aus ihrer jeweiligen Lebensmittel-Industrie. Erwartet werden mindestens 400.000 Besucher. Zum Vergleich: 2003 hatte die Messe mit 488.735 Besuchern den bisher höchsten Zuspruch seit den Wendejahren.

Ein großer Teil dieser Prognose für 2013 ist offensichtlich schon am 18. Januar, dem ersten für Publikum geöffneten Tag, eingelöst worden, denn

schon lange vor dem Einlass um 10:00 Uhr drängelten sich die Massen vor den Toren des Messegeländes. In den Hallen gab es dann absolut kein Weiterkommen mehr zu den nach Ländern geordneten Ständen. Zu den Ausstellern der Russischen Föderation zum Beispiel, in Halle 2.2, am hinteren Ende des riesigen Geländes, benötigte man mehr als 40 Minuten um sich durchzuwühlen.

Am schwierigsten war es, die vielen Schulklassen zu überwinden, da die Schüler brav zu zweit in Reih und Glied laufen mussten, um bei einander zu bleiben. Die jüngsten waren höchstens in der zweiten Klasse. Begeistert erzählten sie: „Wir sind wegen der vielen kleinen Tiere hier und wegen der Frau Merkel von der Regierung". Tatsächlich war die Bundeskanzlerin am Eröffnungstag seit 1983 wieder der erste hohe Besuch seit Helmut Kohl. 30 Jahren lang hatte also kein „hohes Tier" der Agrar-Show mehr diese Ehre erwiesen obwohl deutsche Produkte im Ausland traditionell schon immer gute Abnehmer gefunden haben.

Immerhin wird die diesjährige Messe von keinem Nahrungsmittel-Skandal überschattet. Relativ neu ist auch der Kampf gegen die Wegwerf-Mentalität der Deutschen: „Die werfen einen Apfel doch schon weg wenn er auch nur einen kleinen braunen Fleck hat!" erklärt mir eine Bulgarin vor einem überbordenden, in allen Farben schwelgenden russischen Früchte-Stand. Andererseits hat Essen stark an Bedeutung zugenommen. Noch nie gab es so viele Männer, deren größte Leidenschaft das Kochen ist. Und das nicht nur in Fernseh-Shows. Auch Männer tauschen heutzutage Kochrezepte aus. Das Angebot an Nahrungsmitteln hat enorm zugenommen.

In der großen Halle 2.2 „Ernährungswirtschaft Russland" brillieren nicht nur die prallen Früchte, die leckeren Fleischsorten und die diversesten Brotsorten, sondern auch die Gesangsgruppen aus 32 hier anwesenden Regionen in ihren fantasievollen landesüblichen Trachten. 136 Aussteller geben sich alle Mühe möglichst viele Dezibel aus ihren Musik-Boxen herauszuholen, so dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht. Ein älterer lustiger Tiroler, brüllt mit direkt ins Ohr: „Für uns ist das hier schon sehr interessant. Diese Artenvielfalt! Die haben hier ja alles: Brot und Wein und Fleisch und Äpfel, alles, was das Land so her gibt. Und jeder gibt das Beste..."

Zwei hübsche bayrische Schwäbinnen vom Garten-Verein in Bad Wörishofen, wollen sich in ihrer Pause mal kurz in der russischen Halle informieren: „Wir wollten uns mal die Kultur der Russen ansehen. Die ist sehr schön. Wahnsinnig tolle Farben! Prächtige Sachen!" -- „Mal andere Kulturen kennen lernen. Dafür sind wir ja da auf der Grünen Woche, dass wir das sehen. Wenn man schon reinkommt die Leute hier: Unfassbar schön!"

Unfassbar groß sind auch die Anstrengungen, der an Bodenschätzen reichen Region Orenburg (124.000 qkm mit zwei Millionen Einwohnern), gelegen südlich des Ural im Grenzgebiet zu Kasachstan, die ins ICC eingeladen hat. Deutsche Unternehmen sollen als Partner für neue Joint Venture Aktionen gewonnen werden, bzw. für die Weiterentwicklung von Handels- und Vertriebs-Aktivitäten in diesem europäischen Teil Russlands. Juri Berg, Gouverneur und Regierungsvorsitzender des Gebietes Orenburg, stellte als erster die Tätigkeitsprofile der mehr als 20-köpfigen Wirtschaftsdelegation vor.

Auf deutscher Seite hatten sich etwa 60 Teilnehmer eingeschrieben. Darunter z. B. Gesellschaften für Saat-Vertriebe, Silo-Systeme, Kühlanlagen-Bau, Heizkessel-Hersteller, Spezial-Transporte und Maschinenfabriken.

Denn Orenburg ist nicht nur reich an Bodenschätzen sondern gilt mit 5,5 % Anbau-Fläche für Agrar- und Lebensmittel bezogen auf Gesamt-Russland als dessen Haupt-Kornkammer. Investoren sollen mit Steuerpräferenzen und Möglichkeiten zur Direktfinanzierung durch regionale Infrastrukturen gelockt werden.

Der Fortschritt in Orenburg schlägt sich aber bei den Öffentlich-Privaten Partnerschaften auch in sozialen Projekten nieder. Hervorzuheben sind dabei drei Projekte: Ein Kinderkrankenhaus, ein Perinatal-Zentrum und ein Bildungs- und Gesundheits-Haus im Werte von insgesamt 5,7 Milliarden Rubel (etwa 140 Millionen Euro). Es bleibt zu hoffen, dass solche Aktivitäten am Rande der Grünen Woche auch von Erfolg gekrönt sein werden.

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