Das Umstellen auf ein anderes Fahrgestell ist äußerst aufwendig und teuer. Foto: Pressebild
Eines der größten Projekte der Russischen Eisenbahnen (RZD) in Europa schiebt sich langsam, aber stetig nach vorne: der Ausbau des russischen
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Breitspurnetzes von der slowakischen Stadt Kosice bis nach Wien. „Bei den Politikern und Vertretern der Österreichischen Bahnen (ÖBB) ist ein Wandel im Denken zu beobachten", sagt der Wiener Logistikprofessor Sebastian Kummer im Gespräch mit Russland HEUTE. Der Wissenschaftler ist einer der Gurus seiner Branche und versucht schon seit Jahren, das internationale Projekt voranzutreiben. „Es wird 2013 eine Machbarkeitsstudie veröffentlicht", heißt es von den ÖBB. Der Konzern erwartet sich für die beteiligten Länder mehrere Tausend Arbeitsplätze. Insbesondere die Twin-City-Region Wien-Bratislava würde als logistisches Zentrum in Europa aufgewertet.
Durchgehende Infrastruktur
Bislang endet die bestehende Breitspurstrecke aus dem Osten im slowakischen Kosice, bis Wien sind es von dort 400 Kilometer. Um eben diese Verlängerung geht es bei dem Projekt. 2025 sollen die ersten Züge rollen, so jedenfalls hat es die Planungsgesellschaft vorgesehen, die 2008 von der Slowakei, Österreich, der Ukraine und Russland gegründet wurde. Bis 2030 sollen hier elf Millionen Tonnen Waren befördert werden, 2050 werden es 14 Millionen Tonnen sein.
Das ehrgeizige Bahnprojekt hat handfeste wirtschaftliche Hintergründe. Die Märkte rücken zwar aufgrund der Globalisierung immer enger zusammen, doch fehlt zwischen Russland und der EU nach wie vor eine durchgehende Infrastruktur.
Keine Priorität in Österreich
Das größte Problem ist die unterschiedliche Spurweite der Eisenbahnstrecken: Der Abstand zwischen den beiden Schienen beträgt
östlich der weißrussischen und ukrainischen Grenzen 1520 Millimeter und somit 85 Millimeter mehr als im restlichen Europa. An den Grenzen müssen Züge deshalb auf ein anderes Fahrgestell gehoben werden, oder die Waren werden auf einen anderen Zug umgeladen. Die Breitspurtrasse nach Wien würde dieses Problem mit einem Schlag lösen. Doch bislang war es die Politik, die das Vorhaben ausbremste. Die vier beteiligten Länder verfolgen ihre eigenen Interessen, und diese unter einen Hut zu bekommen, hat sich als schwierig erwiesen.
Insbesondere in Österreich sahen viele Politiker den Ausbau des Breitspurnetzes als zweitrangig an, Russland als Wirtschaftspartner genießt nicht erste Priorität. Seit der Osterweiterung der EU brachten die neuen östlichen Beitrittsländer Österreich neue Absatzmärkte, deshalb sehen viele verantwortliche Politiker bislang keinen Handlungsbedarf, was Russland betrifft.
Weg frei für russische Kohle
„Doch das Wachstumspotenzial in diesen Ländern ist begrenzt", mahnt Sebastian Kummer. Österreich müsse weitere Möglichkeiten im Osten suchen. „Und da bietet Russland mit seinem riesigen Markt sehr gute Chancen", betont der Wissenschaftler. Mit dem Schienenausbau lasse sich auch die Rohstoffversorgung verbessern: Russland verfügt über riesige Kohlevorkommen, die über die neue Strecke problemlos nach Europa transportiert werden könnten.
Ein weiteres Problem sind die explodierenden Kosten von mehr als sechs Milliarden Euro. „Die sind sehr hoch", gibt Kummer zu, aber auf dem gleichen Niveau wie bei ähnlichen Projekten: „Offenbar ist man in Europa nicht mehr in der Lage, kostengünstiger zu bauen."
Streit über Kostenverteilung
Daran schließe sich das Problem der Kostenverteilung an: „Ohne einen überproportional großen Beitrag aus Russland ist die Eisenbahntrasse kaum zu realisieren", erklärt er. Österreich und die Ukraine hätten kein Interesse daran, dass die Lasten gleichmäßig auf alle vier Länder verteilt würden. Der Großteil der Strecke gehe durch die Slowakei, der jedoch fehle schlichtweg das Geld für ein solches Vorhaben.
Aber immerhin: Die Politiker in Österreich werden immer hellhöriger – und das ist schon mal ein gutes Signal.
14 Millionen Tonnen Waren sollen 2050 zwischen dem slowakischen Kosice und Wien transportiert werden. 2025 sollen die ersten Züge auf der neuen Bahnstrecke rollen.
400 Kilometer lang wird die Verlängerung der bestehenden Breitspurbahn aus der Slowakei bis Wien sein. Voraussichtliche Kosten: sechs Milliarden Euro.
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