TUI verstärkt in russischer Hand

Mit der Erklärung, seinen Anteil an TUI über die Sperrminoritätsgrenze von 25 Prozent zu erhöhen, signalisierte der russische Investor Alexej Mordaschow seine langfristigen Pläne für TUI. Foto: AP

Mit der Erklärung, seinen Anteil an TUI über die Sperrminoritätsgrenze von 25 Prozent zu erhöhen, signalisierte der russische Investor Alexej Mordaschow seine langfristigen Pläne für TUI. Foto: AP

Der Konzern TUI AG ist ein Beispiel erfolgreicher Investitionen russischer Unternehmer in westliche Firmen. Alexej Mordaschow baut seit 2008 seine Investitionen in den Konzern immer weiter aus.

Wehende Fahnen vor den Messehallen in Berlin. Die Tourismusbranche feierte in den letzten Tagen in der deutschen Hauptstadt ihren Siegeszug. Bei der Branchenmesse ITB signalisierten über 10 000 Aussteller aus 188 Ländern ihre positive Stimmung. Schon jetzt sind 25 bis 30 Prozent der Sommerreisen der größten Reiseanbieter für 2013 verkauft. Die Branche floriert: Experten zufolge werden in diesem Jahr die Ausgaben der Deutschen für Auslandsreisen um vier Prozent steigen und damit einen neuen Rekordwert von 66 Milliarden Euro erreichen.

Ein Riese des deutschen Tourismusmarkts ist der Konzern TUI AG. Das Unternehmen ist mit 18,3 Milliarden Euro Umsatz und über 73 000 Mitarbeitern ein Beispiel erfolgreicher Investitionen russischer Unternehmer in westliche Firmen. Schon im Jahr 2008 kaufte der russische Milliardär Alexej Mordaschow Schritt für Schritt über 15 Prozent der Anteile des Branchenprimus TUI. Der 47-jährige Russe besitzt Kapital von über 15 Milliarden Euro und machte sein Geld im Metallgeschäft. Er ist Besitzer der Severstal-Gruppe, der unter anderem Produktionsstätten in den USA, Italien und Frankreich gehören.

Anfängliche Vorbehalte gegenüber dem russischen Investor

Nicht nur die westlichen Beobachter reagierten vor fünf Jahren mit Skepsis auf die TUI-Investitionen von Alexej Mordaschow. Vor allem, da das ursprüngliche Ziel des Investors nach Meinung mehrerer russischer Analytiker nur wenig mit der Tourismusbranche zu tun hatte. Sogar die einflussreichste russische Wirtschaftszeitschrift „Expert" meinte im Mai 2008, Alexej Mordaschow habe wenig Interesse an Tourismus selbst und wolle mithilfe von TUI nur Kontrolle über das Container-Geschäft ihrer Tochter Hapag-Lloyd bekommen. Deswegen wurde gemutmaßt, er werde die erworbenen Anteile schnell verkaufen, weil „Mordaschow sein Geschäft gerne in Russland macht".

Dies war jedoch nicht der Fall. Schon im Jahr 2011 zeigte sich Mordaschow bereit, seine strategischen Interessen mit TUI zu verbinden. „Wir sind ein strategischer Investor mit einem langfristigen Interesse am Geschäft der TUI AG", sagte Alexej Mordaschow gegenüber deutschen Medien. Mit der Erklärung, seinen Anteil an TUI über die Sperrminoritätsgrenze von 25 Prozent zu erhöhen, signalisierte der russische Investor seine langfristigen Pläne für TUI. Unter anderem sollte die Position des anderen Großaktionärs John Fredriksen geschwächt werden. Der norwegische Milliardär und Finanzinvestor soll eine andere Vision der Entwicklung von TUI haben und unter anderem den TUI-Chef Michael Frenzel aus seiner Position vertreiben wollen. Michael Frenzel gilt als Reformer, der den Konzern umbauen und flexibel machen wollte – was den Plänen von Alexej Mordaschow gut entsprach.

Mordaschow trotzt Vorurteilen gegenüber russischen Investoren

Allen Vorurteilen gegenüber russischen Investoren trotzend stellte sich Alexej Mordaschow als kluger Investor, der lieber langfristig denkt, heraus. Die deutschen Partner lernten schnell die russischen Investoren zu schätzen: „Herr Mordaschow ist für mich einer der wichtigsten russischen Unternehmer, mit hoher Seriosität und vor allem Handschlagfähigkeit", sagt Klaus Mangold, langjähriger Vorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft und Aufsichtsratschef der TUI AG.

Seit dem Jahr 2008 baut Severstal über die Tochter S-Group Travel Holding seine Präsenz im Kapital von TUI konsequent aus. Das Unternehmen kontrolliert heute 25 Prozent der Anteile des Konzerns, was Mordaschow Sperrminoritätsrechte gibt. Neben den anteiligen fünf Prozent der S‑Group Travel Holding gehören jeweils weitere 15 Prozent der Anteile an TUI den Unternehmen Riu Hotels S.A. und Monteray Enterpises Ltd. sowie jeweils weitere 15 Prozent den Privatanlegern und institutionellen Investoren, zu denen unter anderem Société Générale, Bank of America/Merrill Lynch und BlackRock gehören.

Als internationaler Konzern ist TUI auch in Russland aktiv. Schon seit dem Jahr 2009 baut der deutsche Branchenprimus sein Geschäft in Russland und in der Ukraine massiv aus. Schon im Frühjahr 2010 wurden die ehrgeizigen Pläne des Unternehmens bekannt: Über 40 Millionen Euro an Investitionen, Ausbau von über 200 eigenen und Franchise-Reisebüros und die Einführung der bisher in Russland wenig bekannten „Geld-zurück-Garantie" sind vorgesehen. Im Jahr 2011 übernahm TUI Russia das große russische Reiseunternehmen Mostravel komplett. Außerdem kündigte sie vor wenigen Monaten an, ihre eigene Fluglinie in Russland zu gründen. Für den russischen Markt, der wegen den überhöhten Flugpreisen seit Jahren leidet und keine echten Billigflüge kennt, wäre eine Entstehung der Discount-Airline ein großer Schub. So haben die russischen Investitionen in Westeuropa auch für den lokalen russischen Markt eine deutlich positive Wirkung.

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