Die Glastürme von Moscow City gelten als Symbol von Wandel und Modernisierung. Foto: ITAR-TASS
2009 schrumpfte die russische Wirtschaft um fast acht Prozent, und viele Bürger sahen ihr Land auf dem Weg in den Staatsbankrott wie 1998. Damals waren ganze Industriezweige kollabiert, gingen die meisten systemrelevanten Banken pleite, und die Menschen benutzten die Rubel-Geldscheine als Notizzettel.
Aber 2009 erwies sich: Russland hatte Lehren aus der Katastrophe der Endneunziger gezogen und begriffen, dass es entsprechend seinen Verhältnissen leben muss. Dazu gehörte, dass der Staatshaushalt 13 Jahre lang kein Defizit aufwies. Erstmals im vergangenen Jahr, zu Wahlkampfzeiten, lagen die Staatsausgaben über den Einnahmen – in einer Größenordnung von 0,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).
Gegenwärtig ist Russlands Auslandsverschuldung eine der niedrigsten der Welt. Zum 1. April 2013 betrug sie laut Timur Nigmatullin, Experte der Analyseagentur Investcafé, 49,8 Milliarden US-Dollar – bei einem BIP von etwa zwei Billionen US-Dollar.
Russland hat sich in erster Linie bei den Käufern seiner Energieträger zu bedanken. Die Gewinne aus Erdöl und Erdgas machten 2012 mehr als die Hälfte der Staatseinnahmen aus. Die Einnahmen aus Rohstoffexporten „parkt“ Russland in Sonderfonds. Mit diesem Notgroschen war es möglich, die Krise 2008/2009 relativ gut zu überstehen.
Heute wird das Land für seinen schleppenden Transformationsprozess kritisiert unter Missachtung der Tatsache, dass hier noch vor 22 Jahren Planwirtschaft herrschte. Vieles von dem, was heute existiert, gab es damals nicht einmal ansatzweise.
Die Banken etwa haben sich inzwischen zu einem Blutkreislauf für die Wirtschaft entwickelt. Laut Angaben der Agentur für Einlagenversicherung stieg das Gesamtvolumen der Spareinlagen zum Ende des ersten Quartals 2013 um 14,74 Billionen Rubel.
Inzwischen verfügen 75 Prozent der Russen über Sparguthaben – der höchste Wert seit dem Ende der Sowjetunion. Noch Mitte 2005 hatte bei einer Meinungserhebung mehr als die Hälfte der Befragten angegeben, dass ihre Familie bestenfalls über geringe Rücklagen verfüge.
In der Sowjetunion existierte auch kein Fondsmarkt. Inzwischen liegt die Gesamtkapitalisierung auf einem Niveau von 20 Billionen Rubel (500 Milliarden Euro). Kürzlich fusionierten die beiden Börsen des Landes zur Moskauer MICEX-RTS, die in diesem Frühjahr mit 4,2 Milliarden US-Dollar bewertet wurde. Das ist zwar nur ein Fünftel des Wertes der Hongkonger Börse, aber mit den Börsen in London und Tokio vergleichbar.
Ein anderes Ergebnis der Perestroika war die positive Entwicklung des Dienstleistungssektors. Mittlerweile wird fast der gesamte Einzelhandelsumsatz privatwirtschaftlich generiert, und mehr als die Hälfte entfällt auf kleine Unternehmen.
Microsoft engagiert sich in Russland
Ich Yandex das mal eben: Russische IT-Innovationen machen unter fremden Namen Karriere.
Vor ein paar Jahren nahm die Regierung die technologische Modernisierung des Landes in Angriff, und diverse Förderprogramme und Steuervergünstigungen gaben den Impuls für die rasche Entwicklung des IT-Sektors. Ende 2011 generierte die Internetwirtschaft 0,6 Billionen Rubel, was einem Prozent des BIP entspricht. 2012 wuchs die Branche um ungefähr 30 Prozent. Es wird erwartet, dass die Exporte von IT-Produkten in fünf bis sechs Jahren mit denen von Rüstungsgütern gleichziehen werden. Bereits heute gehört Russland, was das Volumen der IT-Dienstleistungen auf dem Binnenmarkt betrifft, mit 10,7 Milliarden US-Dollar zu den 20 größten Wirtschaftsnationen in der Welt.
Dennoch ist der Anteil der Rohstoffsektoren am BIP gewachsen. Was allerdings an der Preisentwicklung der Rohstoffe und nicht an strukturellen Versäumnissen bezüglich der Wirtschaftsentwicklung liegt, ist der Chefökonom von VTB Capital, Maxim Oreschkin, überzeugt. Seiner Meinung nach war in den letzten Jahren das Wachstum außerhalb des Erdöl- und Erdgassektors preisbereinigt wesentlich größer. „Und ungeachtet des Nachfragerückgangs von Energieträgern in Europa, dem wichtigsten russischen Markt, weist die Wirtschaft des Landes doch ein – wenn auch geringes – Wachstum des BIP auf“, unterstreicht der Experte.
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