Russland verabschiedet Anti-Geldwäsche-Gesetz

Foto: PhotoXPress

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Im Rahmen der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerflucht hat die russische Regierung das Bankgeheimnis aufgehoben. Experten glauben, dass die neue Gesetzgebung für Russland einen großen Schritt in Richtung „zivilisierte Welt“ bedeutet.

Von jetzt an können russische Ermittlungsbehörden Auskünfte über Transaktionen und Konten juristischer Personen und Einzelunternehmen sowie Informationen über Geschäfte, Konten und Einlagen natürlicher Personen allein auf der Grundlage eines gerichtlichen Beschlusses einholen. Diese Gesetzesänderung unterzeichnete der russische Präsident Wladimir Putin Ende Juni. Im Vorfeld hatten beide Kammern des russischen Parlaments das Gesetz verabschiedet.

Im Gesetz wurde die strafrechtliche Verantwortlichkeit für den Tatbestand der Geldwäsche verschärft. Künftig kann eine Person strafrechtlich belangt werden, wenn sie Geld aus der Nichtleistung von Zollabgaben oder Steuerhinterziehung in den Finanz- und Wirtschaftskreislauf einschleust. Außerdem können Steuerbehörden auf Anfrage Informationen über Konten, Einlagen und Bankgeschäfte von Organisationen, Finanzunternehmen und natürlichen Personen erhalten.

Einige Ergänzungen zur geltenden Gesetzgebung sollen die illegale Ausfuhr von Geld ins Ausland verhindern. Außerdem erlaubt das Gesetz das Einfrieren von Guthaben und Wertpapieren juristischer und natürlicher Personen, die der terroristischen Tätigkeit oder ihrer Unterstützung verdächtigt werden. Die Banken und deren Mitarbeiter, die von dieser Regelung keinen Gebrauch machen, müssen mit hohen Geldstrafen rechnen oder werden zur Verantwortung gezogen.

Das Gesetz beruht nicht auf russischen Erkenntnissen. Es orientiert sich an den Normen der OECD und der FATF und entspricht insgesamt dem in den führenden Industrienationen geltenden Recht. In den EU-Mitgliedstaaten können Ermittlungsbehörden und die Polizei Informationen über Bankkonten verdächtiger Personen nur auf der Grundlage gerichtlicher Entscheidungen erhalten. Die bei der Steuerbehörde gespeicherten Basisdaten (Kontonummer, Datum der Kontoeröffnung, Name des Kontoinhabers) werden den zuständigen Dienststellen auf Anfrage übermittelt. Dabei hat man in den vergangenen Jahren immer entschlossener versucht, „Steuersündern“ das Handwerk zu legen. Selbst die Schweiz, der größte Verfechter des Bankgeheimnisses, will seine Gesetze verschärfen und Steuerhinterziehung schärfer bestrafen.

Das neue Gesetz lässt hoffen und fürchten

Das Gesetz löste in der russischen Staatsduma lebhafte Diskussionen aus. Einige Abgeordnete erkennen in ihm eine Legitimierung des Verstoßes gegen das Bankgeheimnis. Viele Experten jedoch bewerten die Änderungen als positiv.

Das Gesetz führe „Russland an die zivilisierte Welt heran“, glaubt beispielsweise der Geschäftsführer des Finanzunternehmens Tretij Rim Andrej Mowtschan. Seiner Einschätzung nach schütze der gerichtliche Beschluss bezüglich der Weitergabe von Daten juristische und natürliche Personen vor der Willkür der Ermittlungsbehörden. Wichtig sei, dass die Frage des Zugangs zu Bankinformationen von einer unabhängigen Behörde entschieden wird. Die Befürchtungen einiger Kritiker, unliebsamen Konkurrenten könnte mithilfe des Gesetzes Ermittlungsbehörden auf den Hals gehetzt und sie so aus dem Weg geräumt werden, hält er für unbegründet. Das vorliegende Gesetz, so Mowtschan, sei notwendig, da das momentan geltende Gesetz zur Regelung von Gerichtsverfahren einen unfairen Wettbewerb zulasse.

Achmat Glaschew, Berater in der Rechtsanwaltskanzlei Egorov, Puginsky, Afanasiev & Partners, gibt zu bedenken, viele verabschiedete Gesetze seien auf den ersten Blick fortschrittlich, weil sie „die rechtlichen Regelungen und Aufgaben der Justizbehörden detaillierter bestimmen und Russland mit ihnen seinen internationalen vertraglichen Verpflichtungen nachkommt.“ Einige Vorschriften jedoch könnten „Zweifel an der Rechtmäßigkeit ihrer Anwendung in konkreten Fällen“ entstehen lassen. Das neue Gesetz, so der Experte, berge die Gefahr, von den Steuerbehörden missbraucht zu werden. Diese können schließlich nun direkt Bankkonten natürlicher Personen, die unter dem Verdacht der Steuerhinterziehung stehen, einsehen. „Die Erfahrung zeigt, dass Steuerbehörden praktisch immer von der Schuld des Steuerpflichtigen ausgehen. Hier liegt eine Gefahr der Weitergabe von Informationen aus den Steuerbehörden“, warnt Glaschew.

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