Russland baut Kernkraftwerke in Europa

Zwei Blöcke des finnischen Kernkraftwerks Loviisa wurden noch im Rahmen eines sowjetischen Projekts errichtet. Foto: wikipedia

Zwei Blöcke des finnischen Kernkraftwerks Loviisa wurden noch im Rahmen eines sowjetischen Projekts errichtet. Foto: wikipedia

Atomtechnologie aus Russland ruft in Europa immer größeres Interesse hervor. Nach Finnland und Tschechien nimmt auch Großbritannien die Rosatom-Kernkraftwerke ins Visier.

Atomtechnologie aus Russland ruft in Europa immer größeres Interesse hervor. Einst baute die Sowjetunion Atomkraftwerke in Bulgarien, der Slowakei, Ungarn, Tschechien, Finnland und (Ost-)Deutschland. Der überwiegende Teil dieser Anlagen arbeitet auch heute noch erfolgreich.

In der postsowjetischen Ära setzte das russische Unternehmen Rosatom seine Tätigkeit in der Europäischen Union fort. Diese Politik trägt jetzt ihre Früchte: So hat sich zum Beispiel Tschechien bereits vollständig vom amerikanischen Kernbrennstoff losgesagt und verwendet Brennelemente aus russischer Produktion. Diese sind sicherer und zuverlässiger. Das finnische Unternehmen Fennovoima hat diesen Sommer ein Abkommen mit Rusatom Overseas über die Ausarbeitung eines Vertragsentwurfs zum Bau des Kernkraftwerks Hanhikivi-1 unterzeichnet.

Die russische Atomwirtschaft beabsichtigt, vom Unternehmen Fennovoima einen Anteil in Höhe von 34 Prozent zu übernehmen. Wenn die Partner sich in allen Punkten einigen sollten, kann das Projekt als durchschlagend für ganz Europa bezeichnet werden.

Es sollte nicht vergessen werden, dass – noch im Rahmen eines sowjetischen Projekts – in Finnland zwei Blöcke des Kernkraftwerks Loviisa errichtet wurden und dieses Kraftwerk nach Einschätzung unabhängiger Experten heutzutage eines der besten europäischen Kraftwerke, sowohl bezüglich seiner Rentabilität als auch in puncto Sicherheit darstellt. Es ist bekannt, dass die finnische Atomaufsicht STUK eine der strengsten der Welt ist. Deshalb stellt es eine besondere Ehre dar, dass sich die finnischen Spezialisten für die russische Technologie entschieden haben.

In Finnland werden 25 Prozent der erzeugten Energie durch Atomstrom abgedeckt. Das ist sogar noch mehr als in Russland, wo Atomkraftwerke über 16 Prozent der gesamten Energie erzeugen. Die Finnen waren die Ersten in Europa, die erklärt haben, dass Rosatom die weltweit beste energetische Lösung bei der friedlichen Nutzung des Atoms biete. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das nächste Land, das sich für den Bau eines Kernkraftwerks mit moderner russischer Technologie entscheidet, Tschechien wird. An der Ausschreibung für den Bau von zwei Blöcken für das Kernkraftwerk Temelin nimmt ein tschechisch-russisches Konsortium teil, das das Projekt AKW 2006 eingereicht hat.

Gemäß diesem Projekt werden in Russland derzeit sechs Blöcke ausgestattet, weitere zwei werden in Belarus und weitere vier in der Türkei gebaut. AKW-2006 gehört zur Generation 3+, das heißt es verfügt über eine einmalige Kombination aus aktiven und passiven Sicherheitssystemen, und entspricht damit allen nach Fukushima ausgearbeiteten Sicherheitsanforderungen. Dieses Projekt entspricht allen IAEA-und EUR-Parametern.

Das Projekt AKW-2006 sieht unter anderem eine doppelte Schutzhülle vor, die den Aufprall eines bis zu 400 Tonnen schweren Flugzeugs überstehen kann. Es beinhaltet passive Systeme, die die Wärme aus der aktiven Zone und der Schutzhülle abführen, sowie aktive Systeme (vier Kanäle), ein Wasserstoffnachbrenner und einen Core-Catcher. Dazu kommt eine Vorrichtung zum Auffangen von geschmolzenem Material. Ein größerer Umfang an Sicherheitsmaßnahmen ist weltweit in keinem anderen Projekt vorgesehen. Wenn solch ein Kraftwerk im März 2011 an der Stelle des Kernkraftwerks Fukushima gestanden hätte und einer ähnlichen Naturgewalt ausgesetzt gewesen wäre, hätte es diese extreme Einwirkung ohne größere Schäden überstanden.

Die infolge der japanischen Reaktorkatastrophe durchgeführten Stresstests haben die Standhaftigkeit moderner russischer Atomkraftwerke gegenüber verschiedenen extremen Einwirkungen bestätigt. Das aktuelle, durch Rosatom ausgearbeitete Kernkraftwerkprojekt sieht vor, dass das Kraftwerk auch im autonomen Betrieb, wenn alle Elektro- und Wasserversorgungssysteme über einen längeren Zeitraum ausfallen, in der Lage ist, den Kernspaltungsprozess aufzuhalten, die Restwärme abzuführen und damit die Sicherheit zu gewährleisten.

In Großbritannien hat ein weiteres europäisches Land die Rosatom-Kernkraftwerke im Visier. Die Roadmap für den möglichen Einstieg Rosatoms in den britischen Atommarkt könnte noch in diesem Jahr unterzeichnet werden. Die Lösung für Fennovoima könnte ein positives Signal für die europäischen Länder werden, die sich noch nicht von dem Fukushima-Trauma und der Antipathie gegenüber Atomkraft erholt haben.

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