Apple passt seinen Vertrieb in Russland an

Anstelle der Mobilfunkbetreiber soll zukünftig der Einzelhandel selbst mit dem iPhone von Apple beliefert werden. Foto: RIA Novosti

Anstelle der Mobilfunkbetreiber soll zukünftig der Einzelhandel selbst mit dem iPhone von Apple beliefert werden. Foto: RIA Novosti

Das in der gesamten Welt praktizierte Vertriebsschema für das iPhone von Apple funktioniert in Russland nicht. Apple macht nun erstmals eine Ausnahme und vertreibt seine Smartphones nicht mehr über Mobilfunkbetreiber. Stattdessen beliefert das Unternehmen die Einzelhändler direkt.

Apple führt mit den russischen Elektronik-Einzelhändlern Verhandlungen über Direktlieferungen des iPhones, erzählten mehrere Informanten der Zeitung Wedomosti. Bei den Verhandlungen handele es sich um Sondierungsgespräche. Konkrete Bedingungen der Zusammenarbeit wurden vorerst nicht erörtert, fügte einer der Informanten hinzu. Ein anderer hofft, dass die Direktlieferungen des iPhones bereits im Herbst des laufenden Jahres aufgenommen werden könnten – dann beginnt die Hauptverkaufssaison.

Über mehrere Jahre hinweg versuchte Apple in Russland das iPhone nach dem gleichen Schema wie in den meisten anderen Ländern der Welt zu vertreiben: über die Mobilnetzbetreiber. 2008 schloss das Unternehmen eine Vertriebsvereinbarung mit den führenden Anbietern auf dem russischen Markt – MTS, Megafon und Wympelkom – ab und räumte diesen das Recht ein, das iPhone in deren Verkaufsstellen zu vertreiben und an unabhängige Händler weiterzureichen. Die Abkommen sahen eine Abnahmeverpflichtung für bestimmte Kontingente vor, die jeder einzelne Mobilnetzbetreiber von Apple für einen festgelegten Zeitraum abkaufen musste. Im Durchschnitt waren dies 1 bis 1,5 Millionen Geräte innerhalb von zwei Jahren. Aber schon bald stellte sich heraus, dass eine solch große Nachfrage für das iPhone in Russland nicht existiert und die Abnahmeverpflichtungen nicht eingehalten werden konnten.

Letzten Endes verlängerten Megafon und MTS ihre Verträge mit Apple nicht. Vergangene Woche schloss sich ihnen auch Wympelkom an, nachdem das Unternehmen mit Samsung ein Abkommen über Direktlieferungen abgeschlossen hatte. Apple forderte, dass der Mobilnetzbetreiber deutlich mehr Mittel in Anwendungen für das iPhone investieren solle, wobei der Großteil der Apple-Handys nicht einmal über das Einzelhandelsnetz von Wympelkom, sondern über einen Großhandelskanal vertrieben worden ist, erklärt Eldar Murtasin, Senior-Analyst der Mobile Research Group. Er fügte hinzu, dass das Vertriebsschema im Einzelhandel wohl auch deshalb nicht funktioniert habe, weil es in Russland im Gegensatz zu anderen Ländern nicht üblich sei, ein Mobiltelefon zusammen mit einem Vertrag zu kaufen. Deshalb erwies sich dieses Geschäft für die russischen Mobilnetzbetreiber als nicht rentabel.

MTS schließt für seine Einzelhandelsverkaufsstellen die Unterzeichnung eines neuen Abkommen über die Lieferungen von iPhones nicht aus, wenn Apple vorteilhafte Bedingungen unterbreiten sollte, sagt Irina Agarkowa, eine Vertreterin des Mobilnetzbetreibers. Auch für Megafon sei die Erneuerung des Vertragsverhältnisses mit Apple eine Frage der Bedingungen, teilt deren Pressesprecherin Julia Dorochina mit.

Bisher hat Apple über den Vertrieb des iPhones lediglich mit einer russischen Einzelhandelskette Swjasnoj einen Vertrag abgeschlossen. Wem die Amerikaner außerdem noch die Einfuhr von iPhones nach

Russland gestatten werden, steht bisher noch nicht fest, sagt der Top-Manager eines Vertriebspartner von Apple. Ende vergangener Woche wurde diese Frage im Londoner Apple-Headquarter von leitenden Angestellten der russischen und europäischen Dependancen erörtert. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Apple selbst diese Smartphones nach Russland liefern wird. Jedoch sei noch nicht sicher, dass es dem Unternehmen gelingen werde, die Nachfrage vollständig abzusichern, vermutet ein Gesprächspartner von Wedomosti. Einige Unternehmen, einschließlich Apples existierenden Vertriebspartnern, haben bereits ihre Partnerschaft angeboten und einen Businessplan ausgearbeitet, fügt er hinzu.

Swjasnoj hat seinen Vertrag mit Apple über Direktlieferungen des iPhones im Herbst 2012 geschlossen. Dank dem Übergang auf das neue Schema hat sich der Umsatz von Swjasnoj durch den Verkauf von Apple-Geräten im vergangenen Jahr verdreifacht – im Wesentlichen aufgrund des gestiegenen Absatzes im vierten Quartal, erklärte der Generaldirektor von Swjasnoj, Michael Thach, gegenüber Wedomosti. Das alte Schema, das nur die Mobilnetzbetreiber berücksichtigt hatte, hält er für alles andere als ideal. Die Einzelhändler haben von jenen häufig nur noch die Restbestände erhalten. Er ist überzeugt, dass der Übergang zu Direktlieferungen des iPhones an andere Einzelhandelsketten sich nicht auf den Vertrieb von Swjasnoj auswirken werde. Das Verkaufspotenzial dieser Smartphones sei noch zu groß. Auf die Einzelhandelspreise der Apple-Smartphones wird sich die Erhöhung der Vertriebspartner wohl nicht auswirken. Diese näherten sich ohnehin schon dem europäischen Niveau an, glaubt der Analyst Alexander Wengranowitsch von Otkrytije Kapitala.


Aus Materialien der Zeitung Wedomosti.

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