Eine Bushaltestelle mit Solarzellen in Moskau. Foto: ITAR-TASS
Russische Unternehmen gehen allmählich zu Öko-Standards über. Einerseits werden sie dazu durch den Wettbewerb auf den westlichen Märkten gezwungen, andererseits übt der eigene Staat Druck auf sie aus. So werden entsprechend einer jüngsten Initiative bei staatlichen Aufträgen von den russischen Behörden die umweltfreundlichen Lieferanten bevorzugt.
Laut Meldungen in den russischen Medien sollen die Behörden des Landes ab dem 15. August 2013 bei der Ausschreibung von Staatsaufträgen spezielle Umweltcharakteristika und -anforderungen für die Wettbewerber angeben. Der Vorzug wird dann den Konzepten gegeben, die nach internationalen ökologischen Richtlinien, wie sie in ISO-Normen und durch die Nichtregierungsorganisation CERES festgelegt sind, arbeiten. Eine entsprechende Anweisung erhielt der Expertenrat für Umweltpolitik in der Regierung der Russischen Föderation von Ministerpräsident Dmitri Medwedjew.
Im Jahr 2012 wurde in Russland das Paket von Umweltinitiativen „Grundlagen der Umweltpolitik Russlands für den Zeitraum bis 2030" verabschiedet, ausgearbeitet durch das Ministerium für Naturressourcen und Umwelt. Laut diesem Dokument will die Regierung der Russischen Föderation russische Unternehmen zur Einführung „grüner" Technologien stimulieren. Demnach sollen beispielsweise Unternehmen, die die Umwelt aktiv verschmutzen, neue, auf der Grundlage positiver Erfahrungen aus dem Ausland erarbeitete, technologische Lösungen angeboten werden und die Kontrolle der Emissionen direkt den Regionen übertragen werden.
Russische Unternehmen sind aber auch selbst an der Einführung von Öko-Technologien interessiert. Dazu zwingt sie der Wettbewerb mit internationalen Unternehmen, die bestimmte ökologische Standards längst befolgen. Um zu überprüfen, wie erfolgreich der ökologische Transformationsprozess der Geschäftswelt Russlands bereits verläuft, hat Russland HEUTE eine Rangliste der fünf interessantesten Öko-Initiativen aufgestellt. In diesem Ranking sind sowohl Unternehmen enthalten, die bei sich eigene Standards eingeführt haben, als auch solche, die Umwelttechnologien als Geschäftsfeld entdeckt haben.
Recycling von Müll
Während Europa bereits weitgehend zur Mülltrennung übergegangen ist, fängt man in Russland mit der separaten Erfassung des Abfalls erst an.
Vonseiten des Staates wird das umweltfreundliche Recycling der Abfälle vorerst lediglich durch die Ankündigung entsprechender Gesetzesinitiativen und vereinzelte Aktionen unterstützt, zum Beispiel durch das Aufstellen von unterschiedlichen Abfallbehältern für die verschiedenen Müllsorten am Flughafen Wnukowo.
Aber auch private Unternehmen haben beschlossen, die Initiative in ihre Hände zu nehmen. Das Unternehmen Sfera Ekologii bietet zum Beispiel eine getrennte Müllentsorgung für Geschäftsräume an. „Unsere Hauptaufgabe ist es, die Idee eines effizienten Abfallmanagements auf der Grundlage wirtschaftlicher, gesetzlicher und sozialer Voraussetzungen umzusetzen", heißt es im Unternehmen. Und obwohl die Dienste von Ekologii im Wesentlichen von den russischen Büros ausländischer Firmen, wie zum Beispiel von Greenpeace, dem WWF, Microsoft, Intel, den Botschaften Großbritanniens und Deutschlands sowie der Marriott-Hotelkette, genutzt werden, verliert das Unternehmen nicht die Hoffnung, auch den russischen Kunden eine moderne Entsorgungskultur zu vermitteln.
Euro-5-Abgasnorm
Der Übergang zu internationalen Standards zur Senkung des Ausstoßes von Schadstoffen bei Verbrennungsmotoren in Russland verläuft ebenso schleppend. So wird das Land die Euro-4-Norm offiziell erst 2014 einführen. Aber auch jenseits der Automobilhersteller ist der Wettbewerb auf dem Markt bereits so hart, dass es sich auch die russischen Erdölkonzerne nicht erlauben können, hinterherzuhinken. Deshalb haben sie bereits beschlossen, die Euro-5-Norm unabhängig von den staatlichen Vorgaben zu erfüllen. Zu den engagiertesten Unternehmen auf diesem Gebiet zählen die Branchenführer: Lukoil, Gazprom und Rosneft – deren Benzin entspricht bereits heute schon den weltweit gängigen Standards.
Grünes Bauen
In den letzten zwei Jahren hat sich auf dem russischen Markt des Baus von Landhäusern ein neuer Trend etabliert: Den Kunden werden Ökohäuser
angeboten, bei deren Bau ausschließlich natürliche Materialien zum Einsatz kommen. Der Preis eines solchen Hauses liegt etwa zehn Prozent über dem eines normalen Hauses (640 bis 750 Euro gegenüber 590 bis 710 Euro pro Quadratmeter). Laut dem Entwicklungsdirektor des Bauunternehmens Good Wood, Alexander Dubowenko, hat die Initiative der Immobilienentwickler bisher jedoch noch kein massenhaftes Interesse geweckt: „Die Zahl der Kunden, die bereit sind, für ein umweltfreundliches Haus mehr auszugeben, wächst nur sehr langsam."
Energieeffizienz dank Energiesparlampen
Immer mehr russische Unternehmen begeistern sich für energieeffiziente Technologien. Die geografische Lage lässt einen flächendeckenden Einsatz von Solarzellen in einem Großteil der Regionen Russlands nicht zu. „Sonnenenergie als alternative Energiequelle sind bei unserem Klima nicht sehr effizient", sagt Xenia Agapowa, Beraterin für Umweltinnovationen bei Jones Lang LaSalle.
Dafür werden Energiesparlampen in Russland immer beliebter. „Die Kosten für Energiesparlampen bewegen sich zwischen 20 und 120 Euro pro Quadratmeter, in Abhängigkeit vom Design und der Qualität des Leuchtkörpers", sagt Sergej Kobosjew, kommerzieller Geschäftsführer des russischen Unternehmens Trinova, einem Lieferanten von
Energiesparlampen. Kobosjew zufolge könnten Unternehmen durch den Einsatz einer modernen Beleuchtungssteuerung zwischen 30 und 70 Prozent der Energiekosten einsparen, und das bei einer Rückflussdauer der Investitionen von nur zwei bis fünf Jahren.
Greenpeace-Initiative „Grünes Büro"
Ökologisches Denken spart letztlich nicht nur Geld, sondern verbessert auch das Unternehmensimage. Um am Greenpeace-Programm „Grünes Büro" teilzunehmen, ist es allein notwendig, die Umsetzung empfohlener Maßnahmen zu verkünden: die Verwendung von Recycling-Papier, die Abkehr von Einweggeschirr, das Trennen von Müll und die Begrünung der Büroräume. „Wir sparen Elektroenergie durch den Einsatz einer automatischen Beleuchtungssteuerung, wir verwenden Öko-Papier und sammeln Altpapier", berichtet Tatjana Gumenjuk, Vertreterin der Unternehmensgruppe Magnesit. Greenpeace kontrolliere die Teilnehmer nicht, erzählt sie, da die Organisation auf das Verantwortungsbewusstsein der Teilnehmer setze.
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