Auf eigenen Wegen: Russland baut Weltraumflugzentrum

Wladimir Putin beim Besuch des Weltraumbahnhofs Wostotschny im April 2013. Foto: ITAR-TASS

Wladimir Putin beim Besuch des Weltraumbahnhofs Wostotschny im April 2013. Foto: ITAR-TASS

In der Äußeren Mandschurei, nahe der chinesischen Grenze, entsteht das neue, hochmoderne Weltraumflugzentrum Wostotschny. Es soll den Weltraumbahnhof in Bajkonur ablösen, für dessen Nutzung Russland viel Geld an Kasachstan bezahlen muss.

In Zusammenhang mit dem Absturz der Proton-Trägerrakete am 2. Juli und den daraus resultierenden Problemen, unter anderen in den Beziehungen zu Kasachstan, auf dessen Territorium sich das von Russland für fünfzig Jahre gepachtete Weltraumflugzentrum Bajkonur befindet, kommt nun wieder das Flugzentrum Wostotschny in die Schlagzeilen. Dieses Weltraumflugzentrum wird im Fernen Osten, an der Grenze zu China, gebaut.

Der Superkomplex, für dessen Errichtung über 7,5 Milliarden Euro eingeplant sind, entsteht nicht auf einer grünen Wiese: Zu Zeiten der Sowjetunion waren hier, in der Äußeren Mandschurei, Raketen des Typs Satana und Topol stationiert. 1996 wurde der Standort endgültig aufgelöst, die Raketenschächte gesprengt und die Infrastruktur mitsamt Personal für friedliche Ziele weitergenutzt. Auf mobilen Plattformen wurden zivile Raketen des Typs Start installiert. Nachdem einige Satelliten in den Kosmos befördert worden sind, war jedoch Schluss. So begann und endete die Geschichte des Weltraumflugzentrums Swobodny.

Elf Jahre später, 2007, wurde hier auf Erlass des Präsidenten der Bau des Weltraumflugzentrums Wostotschny in Angriff genommen. Russland, so beschloss es die Führung des Landes, benötige einen eigenen Zugang zum Weltraum. Die im Norden gelegene Abschussstelle Plesjezk und der Start von Konversationsraketen aus dem Ural und dem Wolgagebiet von Kapustin Jar aus reichten wegen zu geringer Nutzlast nicht aus. Bemannte Flüge mit den schweren Proton-Raketen erfolgten nur von Kasachstan aus. Allerdings verlangt Kasachstan neben der jährlichen Miete von 85 Millionen Euro für die Nutzung des Geländes auch hohe Strafgebühren im Falle eines Absturzes und sonstiger Verschmutzungen. Russland finanziert zudem den Sozialbereich der Stadt Bajkonur. Die finanzielle Frage ist also ein nicht unwichtiges Argument bei dem Bau des neuen Areals.

Dabei wird die Rekonstruktion der vorhandenen Anlagen nur halb so viel kosten wie der Bau eines völlig neuen Weltraumflugzentrums. Zudem befindet sich die Flugbahn für die Starts aus Wostotschny und den Absturz der ausgebrannten Raketenstufen über unbewohntem Gebiet im Norden des Landes. Entsprechend gering ist das Risiko.

Das Projekt verfolgt ebenfalls strukturpolitische Ziele: Im Zuge seiner Umsetzung sollen zahlreiche Fachleute in den Fernen Osten kommen, allesamt hochqualifizierte Spezialisten. Gegenwärtig sind bereits  3 000 Bauarbeiter vor Ort, bald werden es bis zu 15 000 sein. Um das Weltraumflugzentrum zu betreiben, werden 25 000 Personen benötigt. In der Nähe entsteht eine Stadt für 100 000 Einwohner. Bereits in der ersten Ausbaustufe werden dort 35 000 Menschen leben.

Schon in zwei Jahren soll von Wostotschny aus die neue Rakete des Typs Sojus-2 in den Weltraum geschossen werden. Weitere drei Jahre später, ab 2018,  sollen auch benannte Missionen vom Raumflugzentrum starten. Parallel dazu entsteht eine Startanlage für modulare Raketen des Typs Angara für interplanetare Flüge, die ab 2015 durchgeführt werden sollen. Inzwischen ist sogar die Rede von einem Wettstreit russischer Konstrukteure bei einer Ausschreibung für eine Rakete, die mehr als 100 Tonnen in den Weltraum befördern soll.

Als Präsident Putin dieses Frühjahr die Megabaustelle inspizierte, merkte er an, dass das neue Areal hinsichtlich einer ganzen Reihe von Kennwerten effektiver sein werde als das in Bajkonur. Dabei sollte aber eine Tatsache nicht übersehen werden: Vor zwei Jahren kritisierte Putin in seiner Funktion als Ministerpräsident Roskosmos für die Verzögerung bei den Bauarbeiten. Die neuen russischen Raketen müssen rechtzeitig an den Start, denn die Konkurrenz schläft nicht. Wostotschny soll sich nicht als nutzloses Projekt erweisen.

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