Die Gefahr herabstürzender Objekte aus dem Weltraum nimmt von Jahr zu Jahr zu. Foto: Alamy/Legion Media
Die jüngsten Informationen sind für die Erdbewohner recht beunruhigend: Die Gefahr herabstürzender Objekte aus dem Weltraum nimmt von Jahr zu Jahr zu. Laut NASA-Angaben wurden bis zum 3. Juli 2013 auf dem erdnahen Orbit 16 602 künstliche Objekte registriert. Dabei handelte es sich lediglich bei 3 612 von ihnen um aktive Satelliten. Alles andere ist Weltraumschrott oder Objekte ähnlichen Ursprungs. Außerdem wird die Erde in letzter Zeit auch aktiv von „Gästen aus der Ferne" heimgesucht – von Asteroiden.
„Während früher noch angenommen wurde, dass das Herabfallen von Trümmern –wie etwa dem Tunguska-Asteroiden – auf die Erde im Durchschnitt einmal alle 700 bis 900 Jahre vorkommt, wird mittlerweile davon ausgegangen, dass solche Ereignisse wesentlich häufiger geschehen können, möglicherweise sogar alle 90 bis 100 Jahre", sagt der Akademierat der Akademie für Ingenieurwissenschaften Jurij Sajzew. Im vergangenen Jahrzehnt wurden mehr Asteroiden entdeckt als in den beiden letzten Jahrhunderten zusammen. „Ein Zusammenstoß ist praktisch unausweichlich und lediglich eine Frage der Zeit", glaubt der Wissenschaftler.
Kernenergie soll gefährliche Objekte zerstören
Im März 2013 wurde der Entwurf des Internationalen Systems für den planetaren Schutz „Zitadelle" vorgestellt. Nach Meinung des Generaldirektors der Vereinigung Zentrum für planetaren Schutz, Anatolij Sajzew, sollten bei der kosmischen Beobachtung der Asteroiden zwei bis drei Beobachtungs-Weltraumflugkörper, also Aufklärungssatelliten, in das System integriert werden, die die Parameter der Asteroiden und deren Flugbahn mit einer größeren Genauigkeit ermitteln können. Zudem spricht Sajzew sich für Abfangsatelliten aus, mithilfe derer die Asteroiden neutralisiert oder zumindest ihre Bahn abgelenkt werden soll. Nach einer Einschätzung der Entwickler werden für die Fertigstellung des Systems ungefähr fünf bis sechs Jahre benötigt, wobei die Kosten dafür annähernd 1,5 Milliarden Euro betragen sollen.
Auch die Luft- und Weltraumfahrtkorporation Energija hat ein Projektvorhaben vorgestellt. Das führende russische Weltraumunternehmen beabsichtigt, zwischen 2020 und 2030 eine leistungsstarke Trägerrakete mit Atomantrieb zu entwickeln, die Anti-Asteroiden-Sprengsätze in den Weltraum befördern soll. Im Experimental-Konstruktionsbüro S. A. Lawotschkin wurde bereits der Entwurf für einen Apparat entwickelt, der auf Asteroiden landen und auf deren Oberfläche einen Peilsender platzieren soll. Mithilfe des Peilsenders soll es möglich sein, die Flugbahn des Himmelskörpers exakter zu ermitteln.
Roskosmos-Chef Wladimir Popowkin betont, dass die Auswahl der konkreten Einwirkungsmethode unter Berücksichtigung der Abmessungen, der Masse, der Zusammensetzung und der Gesteinseigenschaften der bedrohlichen Objekte zu erfolgen habe. Viele russische Spezialisten sind
überzeugt, dass zur Vernichtung gefährlicher Asteroiden und Kometen unbedingt atomare Sprengsätze verwendet werden müssen. Welches konkrete Verfahren zur Neutralisierung der Gefahren aus dem All in Russland aber letztlich zur Anwendung kommen wird, ist bislang noch vollkommen unklar.
Indes kann der Transport atomarer Sprengsätze in den Weltraum ein gewisses internationales militärpolitisches Problem hervorrufen. Das erklärte Ende Februar dieses Jahres der Vize-Ministerpräsident Dmitrij Rogosin. Er glaubt, dass einige Länder unter dem Vorwand der Anti-Asteroiden-Waffen Atomwaffen zu militärischen Zwecken in den Weltraum befördern könnten.
Russisch-amerikanische Zusammenarbeit ist erwünscht
Die physische Vernichtung von Asteroiden ist noch ein Zukunftstraum. Vorerst geht es lediglich um die Erfassung von Informationen über die gefährlichsten kosmischen Körper, die sich der Erde nähern. Eines dieser Objekte ist der Asteroid Apophis.
2004 sagten die Astronomen voraus, dass Apophis im Jahre 2029 mit der Erde kollidieren könne, aber später stellte sich heraus, dass er an unserem Heimatplaneten vorbeifliegen wird. Wenn Apophis allerdings beim Vorbeiflug an der Erde in eines der vielen zwei bis 600 Meter breiten „Schlüssellöcher" gelangen sollte, kann er in eine Gravitationsfalle geraten, womit ein Zusammenstoß früher oder später nicht auszuschließen sein wird.
Ungeachtet dessen, dass im Januar 2013 NASA-Spezialisten aufgrund jüngster Beobachtungen festgestellt haben, das Risiko eines Zusammenstoßes von Apophis mit der Erde sei in den nächsten Jahrzehnten nahezu ausgeschlossen, bleibe die Gefahr auch weiterhin bestehen, und wir müssten uns jetzt schon darauf vorbereiten, meint Lew Seljonyj, Direktor des Instituts für Weltraumforschung der Akademie der Wissenschaften.
„Das aus meiner Sicht effektivste Mittel besteht darin, ein kosmisches Instrument auf ein gefährliches Objekt weich landen zu lassen und mithilfe schubschwacher Triebwerke dessen Bahn langsam zu ändern", glaubt
Seljonyj. Die Entwicklung einer solchen Technologie könnte durch ein gemeinsames russisch-amerikanisches Projekt realisiert werden, mit dessen Hilfe kleinere Asteroiden erfasst und in die Umlaufbahn des Mondes transportiert werden sollen.
Im April dieses Jahres erläuterte Roskosmos-Chef Wladimir Popowkin das Projektvorhaben: „Es handelt sich dabei um eine kosmische Abschleppvorrichtung, mithilfe derer Asteroiden mit einem Durchmesser von 15 bis 20 Meter auf die Umlaufbahn des Mondes befördert werden sollen. Für den Anfang könnte man für die Installation dieser Vorrichtung bemannte Expeditionen entsenden oder den Prozess mithilfe automatischer Instrumente studieren." Die Gesamtkosten des Projekts werden auf knapp zwei Milliarden Euro geschätzt.
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