Automarkt in Russland: Deutsche Premiumklasse auf Erfolgsspur

Entgegen dem allgemeinen Trend zurückgehender Verkaufszahlen können Daimler, BMW und Audi in Russland steigende Absätze vorweisen. Foto: Reuters

Entgegen dem allgemeinen Trend zurückgehender Verkaufszahlen können Daimler, BMW und Audi in Russland steigende Absätze vorweisen. Foto: Reuters

Daimler, BMW und Audi haben entgegen dem allgemeinen Trend den Absatz ihrer Produkte in Russland gesteigert. Innovation und eine günstige Preisentwicklung machen sie konkurrenzfähiger gegenüber Herstellern der Mittelklasse.

In diesem Jahr hat Russland sich dem allgemeinen Trend des Kraftfahrzeugmarktes in Zentral- und Osteuropa angepasst. Auch hier kam es nun zu einem Umsatzrückgang – in den ersten sieben Monaten des Jahres sanken die Verkaufszahlen um acht Prozent, teilte die Vereinigung europäischer Unternehmen mit.

Der Direktor der Analyseagentur AWTOSTAT, Sergej Zelikow, will vorerst aber noch nicht von einer Krise sprechen. „Der Markt stabilisiert sich und die Verkaufszahlen gehen zurück. Die Aufgabe der Händler und Produzenten besteht inzwischen darin, die Nachfrage und das Angebot in eine gewisse Balance zu bringen", erklärte er gegenüber Russland HEUTE. Nach der Krise von 2009 nahm der Verkauf neuer Kraftfahrzeuge in Russland mit zweistelligen Wachstumszahlen zu, bis der Markt schließlich übersättigt war. Positiv wirkten sich dabei auch die staatlichen Programme zum Ankauf von Altwagen beim Kauf eines Neuwagens und die für russische Verhältnisse relativ günstigen Kraftfahrzeugkredite, die noch bis Mitte des vergangenen Jahres angeboten wurden, aus.

Den gegenwärtigen Rückgang erklären Experten mit dem Ende des aktuellen dreijährigen Erneuerungszyklus des Kfz-Bestands, dem Auslaufen einer Reihe staatlicher Förderprogramme sowie der Befürchtung, die Weltwirtschaftskrise könne wieder aufflammen. Das würde an Russland, das im starken Maße vom Handel mit der Europäischen Union und der Konjunktur auf den Rohstoffmärkten abhängt, nicht spurlos vorübergehen. Viele Russen, die in den vergangenen 20 Jahren mehrere große und kleine Wirtschaftskrisen miterlebt haben, ziehen es unter solchen Bedingungen vor, den Kauf eines neuen Autos auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.

 

Daimler, BMW und Audi trotzen der Marktentwicklung

Der Umsatzrückgang ist in erster Linie im mittleren Preissegment zu beobachten – Nissan (-18 Prozent), Ford (-18 Prozent), Peugeot (-21 Prozent) und Suzuki (-19 Prozent). Die Verkaufszahlen in der Kompaktwagenklasse haben im Wesentlichen zugenommen. Was das Segment der Premiumfahrzeuge betrifft, so haben hier die „großen deutschen Drei" – Daimler, BMW und Audi – ihre Position gefestigt. Der Verkauf von Autos dieser Marken nahm mit entsprechend 20 Prozent, 18 Prozent und neun Prozent recht deutlich zu. Ihnen ist Lexus (sieben Prozent) und Porsche (sechs Prozent) dicht auf den Fersen.

Bei den anderen Wettbewerbern sieht die Situation nicht ganz so rosig aus. So setzte zum Beispiel Volvo, der in Russland der Premiumklasse zugeordnet wird, 29 Prozent und Cadillac sogar 34 Prozent weniger Kraftfahrzeuge ab als im Vorjahr. In absoluten Zahlen haben die „großen deutschen Drei" sich damit weit vom Verfolgerfeld abgesetzt und belegen in der monatlich, durch die Vereinigung europäischer Unternehmen aufgestellten Rangliste der verkauften Personenkraftwagen aller Marken Plätze zwischen den Positionen 10 und 20.

Axel Albrecht, bei Audi verantwortlich für die Region Zentral- und Osteuropa, erklärt das mit dem besonderen Verhältnis der Käufer in Russland zur Kategorie der Premiumklasse. „Sogar während der Krise sind die Kunden der Premiumklasse immer noch bereit, Geld für diese Fahrzeuge auszugeben, weil sie begreifen, welchen Wert sie darstellen und dass die Werterhaltung entsprechend hoch ist", erklärte er gegenüber Russland HEUTE. Der Leiter der Unternehmenskommunikation bei der Mercedes-Benz RUS AG, Andrej Rodionow, stellte noch andere Gründe heraus, vor allem die ausgewogene Preispolitik, dank der ein Preisanstieg vermieden werden konnte. „Wir passen den Rubelpreis zweimal pro Jahr unter Berücksichtigung der Inflation an", bemerkte er.

 

Rabatte machen Premiumsegment noch attraktiver

Andrej Rodionow zufolge ist der Preisunterschied zwischen dem Großserien- und dem Premiumsegment in Russland inzwischen nicht mehr

allzu groß. Im Endergebnis entscheiden die Käufer sich deshalb für die Premiummarken, da sie in diesem Falle, neben dem eigentlichen Fahrzeug auch noch eine starke Marke, eine reichhaltigere Ausstattung und eine bessere Technik erwerben. „Deshalb zieht der Kunde es vor, ein wenig mehr zu bezahlen und dafür ein entsprechendes Image zu bekommen.

Zudem kommen die meisten neuen Technologien, die in die Serienfertigung einfließen, mit der Einführung der jeweiligen neu entwickelten S-Klasse (im Falle von Daimler, Anm. d. Red.) auf den Markt. Anschließend werden sie auf die Großserienmodelle überführt und später von anderen Marken übernommen oder angepasst", bemerkte er.

Dieser Meinung ist auch Sergej Zelikow von AWTOSTAT. „Die Autohersteller versuchen, mit ihren Premiummarken Käufer anzuziehen, die früher von solchen Autos nicht einmal geträumt haben, und entziehen sie der Klientel des gehobenen Großseriensegments. Inzwischen hat die untere Preisgrenze des Premiummarkts sich der Preisobergrenze der Großserienfahrzeuge angeglichen. Außerdem räumen die ‚großen Drei' aggressive Preisnachlässe ein, wobei die Rabatte bis zu 7 500 Euro, betragen können", so der Analyst.

Eine nicht geringe Rolle spiele auch das Vertrauen der russischen Käufer in die Qualität der deutschen Kraftfahrzeuge. „Die überwältigende Mehrheit seiner Fahrzeuge montiert Daimler in Deutschland", bestätigte Andrej Rodionow. Einige Modelle aus der Produktlinie der Marke würden in anderen Ländern zusammengebaut – in Finnland, Ungarn und den USA. „Aber auch dort erfolgt eine deutsche Qualitätskontrolle", versicherte der Pressesprecher von Mercedes-Benz.

 

Die Premiumklasse überzeugt mit Neuentwicklungen

Nach Einschätzung Sergej Zelikows sei ein wichtiger Grund für die angestiegenen Verkaufszahlen der „großen deutschen Drei" auch der Fakt,

dass alle Marken in deren Modellreihe Neuentwicklungen enthielten, die auf das „obere" Segment des Massenmarkts ausgerichtet seien. Bei Audi sei dies der Q3, bei BMW der X1, bei Daimler die GLA-Serie. Außerdem habe Daimler in diesem Jahr auf dem russischen Markt ein neues Modell der A-Klasse herausgebracht, das in direkter Konkurrenz zum VW-Golf stehe, und dieser gelte immerhin als Maßstab für die Klasse der Kompakt-Kombilimousinen.

Und geht man danach, wie schnell diese Autos in Moskau auf den Markt kommen, haben die Neuentwicklungen offensichtlich ihre Käufer in Russland gefunden. „Das Premiumsegment ist für Marktschwankungen weniger anfällig, weil die solventen Verbraucher weniger von der Wirtschaftslage abhängen. Reiche Kunden wechseln ihr Auto häufiger, alle zwei bis drei Jahre, während in den unteren Fahrzeugklassen ein Neuwagen lediglich alle fünf bis sechs Jahre angeschafft wird", ergänzte Sergej Zelikow.

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