Versöhnung im Kali-Krieg?

Der russische Düngemittelhersteller Uralkali denkt nach der Trennung von Belaruskali schon wieder über eine Allianz nach. Foto: Reuters

Der russische Düngemittelhersteller Uralkali denkt nach der Trennung von Belaruskali schon wieder über eine Allianz nach. Foto: Reuters

Im Juli trennte sich Uralkali von seinem weißrussischen Partner Belaruskali und änderte seine Strategie auf dem Weltmarkt. Trotz markttechnischer Erfolge in den zurückliegenden Monaten scheint eine Wiedervereinigung beider Unternehmen eine realistische Option zu sein.

Die jüngste Wendung in der Geschichte, die sich um den weltweit größten Kali-Düngemittelhersteller Uralkali entwickelt hat, brachte einen deutlichen Preisanstieg für Düngemittel in der ganzen Welt mit sich. Zudem wurden Gerüchte laut, nach denen das Unternehmen erneut eine Allianz mit Belaruskali einzugehen gedenke. Vergangene Woche wurde bekannt, dass Sulejman Kerimow, einer der reichsten Männer Russlands und bekannt durch sein finanzielles Engagement bei dem dagestanischen Fußballverein Anschi Machatschkala, seinen Anteil von 21,75 Prozent an Uralkali verkauft.

 

Der Markt reagiert

Als Reaktion auf die Gerüchte verteuerten sich die Aktien einiger nordamerikanischer und europäischer Kali-Hersteller sprunghaft, insbesondere, da der Aktienverkauf Kerimows als mögliches Zeichen für eine Wiedervereinigung mit dem belarussischen Belaruskali gesehen wurde. Bevor das Bündnis im Juli auseinandergebrochen war, kontrollierten die zwei Unternehmen 40 Prozent der weltweiten Fertigung von Kali-Düngemitteln, das hauptsächlich für landwirtschaftliche Anbauflächen genutzt wird.

Das staatliche russische Erdöl-Unternehmen Rosneft und der ehemalige Staatsbeamte und Bankier Wladimir Kogan wurden als potenzielle Käufer genannt. Der Chef von Uralkali, Wladislaw Baumgertner, wurde am 26. August in Weißrussland festgenommen, wie angenommen wird, aus politischen Gründen.

Gerüchten zufolge könnte Baumgertner nach Beendigung des Deals wieder freigelassen werden. „Das erinnert sehr stark an eine Seifenoper, die inszeniert wurde, um Zeit zu gewinnen und das Spiel zu Ende zu führen", bemerkte Spencer Churchill, Analyst bei Paradigm Capital, gegenüber Reuters.

 

Uralkalis Marketingstrategie wird angepasst

Der russisch-weißrussische Kali-Krieg begann Ende Juli, als Uralkali das Ende der Zusammenarbeit mit Belaruskali und vor allem das Ende des gemeinsamen Düngemittel-Verkaufs durch das weißrussische Kali-Unternehmens Belorusskaja Kalijnaja Kompanija (BKK) verkündet wurde. Uralkalis gesamte Marketingstrategie wurde daraufhin vollkommen überarbeitet.

Früher exportierte das Unternehmen seine Düngemittel nach dem Prinzip

„Der Preis ist wichtiger als das Verkaufsvolumen" und zog es vor, die Auslastung seiner Produktionskapazitäten herunterzufahren, statt den Verbrauchern irgendwelche Rabatte einzuräumen. Nunmehr allerdings verkündet Uralkali die Steigerung der Auslastung seiner Produktionskapazitäten auf bis zu 100 Prozent und prophezeit ein Fallen der Weltmarktpreise auf 260 Euro pro Tonne, was um nahezu 75 Euro unter dem Preis Ende Juli liegt. Zudem unterzeichnete das Unternehmen nahezu unmittelbar nach Bekanntgabe der Aufkündigung der Geschäftsbeziehungen mit Weißrussland einen Vertrag über die Lieferung von 500 000 Tonnen Kali nach China bis zum Ende dieses Jahres. Gleichzeitig kam es bei Belaruskali, das eine wesentliche Quelle der weißrussischen Staatseinnahmen darstellt, zu erheblichen Absatzproblemen.

Nach einer Meldung der Agentur Reuters, die sich auf eine Quelle in einer indischen Staatsbehörde bezieht, haben sich „alle Kali-Produzenten auf einen Rabatt bei den aktuellen Verträgen geeinigt". In einem der größten Segmente des Kali-Marktes, in Brasilien, sind die Preise von 330 auf 270 Euro pro Tonne gefallen und das Land – so vermeldet Reuters – wartet auf einen weiteren Rückgang. „Die chinesischen Importeure üben Druck auf Canpotex aus, da sie hoffen, den Preis noch auf bis zu 235 Euro pro Tonne drücken zu können", behaupten Analysten der Agentur. „Die Importeure in Malaysia und Indonesien beobachten die Entwicklung in China und bauen darauf, in etwa 245 bis 250 Euro pro Tonne zu zahlen – vor dem Auseinanderbrechen von BKK mussten sie noch 295 bis 310 Euro pro Tonne zahlen."

Laut einer Quelle der Zeitung Kommersant führt Uralkali Verhandlungen über den Export nach China für 240 Euro pro Tonne und nach Indien für einen etwas höheren Tarif. Während dieses Preisniveau für Uralkali mit dessen geringen Herstellungskosten als vollkommen vernünftig angesehen werden kann, liegt es jedoch für eine Reihe europäischer Hersteller, aber auch für Belaruskali, die über ein höheres Produktionskostenniveau verfügen, im kritischen Bereich.

 

Der Kali-Krieg nimmt politische Dimension an

Ende August wurde Baumgertner in Minsk festgenommen. Er war angeblich auf persönliche Einladung des Ministerpräsidenten Weißrusslands, Michail Mjasnikowitschs, zu Verhandlungen ins Land gekommen. Die weißrussischen Ermittlungsbehörden warfen ihm das Überschreiten seiner Kompetenzen als Aufsichtsratsvorsitzender vor. Außerdem erhob Minsk offiziell Strafanzeige gegen Sulejman Kerimow und vier weitere Top-Manager Uralkalis und bat Interpol darum, alle Angeklagten auf die Fahndungsliste zu setzen. Bisher wurde diesem Antrag nicht nachgekommen.

Infolgedessen nahm der regionale Kali-Krieg politische Dimensionen an und begann sich unerwartet zum Nachteil für Uralkali zu entwickeln. Eine Reihe russischer Beamter und Geschäftsleute, darunter der frühere stellvertretende Ministerpräsident und Rosneft-Chef Igor Setschin, aber auch der Sberbank-Chef German Gref, reisten nach Minsk, um den strategischen Partner Russlands symbolisch zu unterstützen.

Der darauffolgende Verkauf von Uralkali-Aktien durch Sulejman Kerimow könnte zu einer Wiedervereinigung mit Belaruskali und zu einer teilweisen Rückkehr zur alten Unternehmensstrategie führen.

 

Wiedervereinigung gilt als realistische Option

Analysten sehen diese Entwicklung als realistisch an. Sergej Filtschenkow von IFK Metropol bemerkt dazu, dass das russische Unternehmen seine

Strategie erneut neu ausrichten und die Auslastung seiner Produktionskapazitäten herunterfahren müsse, sollten Uralkali und Belaruskali zu ihrer Partnerschaft zurückkehren. Mit ihm stimmt auch Konstantin Juminow von der Raiffeisenbank überein und bemerkt, dass der neue Investor „eher zu einem konstruktiven Dialog mit Weißrussland bereit" sein werde.

Narek Awakjan vom Finanzunternehmen Aforex nimmt allerdings an, dass die ehemaligen Partner wohl kaum wieder zum früheren Umfang und der einstigen Intensität ihrer Zusammenarbeit zurückfinden dürften.

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