Expo Real: Russische Regionen werben um ausländische Investoren

Foto: Pressebild

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Angesichts des verbesserungswürdigen Vertrauens großer Investoren geht Russland in die Offensive und präsentiert sich auf der diesjährigen Expo Real in München erstmals auch mit einem Gemeinschaftsstand. Experten sehen dennoch Nachholbedarf zur Konkurrenz.

Einmal im Jahr herrscht in München absolute Ausnahmestimmung. Das Oktoberfest mit über sechs Millionen Besuchern geht zu Ende und unmittelbar darauf startet die Expo Real, eine der größten Investitionsmessen weltweit.

Die ohnehin schon exorbitanten Übernachtungspreise der Hotels der Landeshauptstadt steigen noch ein bisschen mehr, und so ist selbst ein einfaches Herbergszimmer kaum unter 100 Euro pro Nacht zu bekommen. So mancher Besucher reist schon einige Tage vorher an, verbindet so Gemütlichkeit mit Geschäft. In diesem Jahr trafen sich 36 000 Teilnehmer aus 68 Ländern mit fast 1 700 Ausstellern auf 64 000 Quadratmetern in sechs Hallen des Münchener Messegeländes.

Für den Laien sieht es so aus, als ginge es hier lediglich um den Kauf von Gebäuden oder Gewerbegrundstücken. Doch in Wirklichkeit treffen sich Großbanken, Versicherungen, Bauunternehmen, Architekten und Projektentwickler mit politischen Akteuren und gestalten ganze Regionen um. Bei einem Eintrittspreis von 430 Euro wird klar: Die Messe ist nur für einen exklusiven Kreis bestimmt.

Auf den zweiten Blick wird daher auch deutlich, was die Messe wirklich ist: ein zwar versteckter, aber dennoch knallhart geführter Konkurrenzkampf europäischer Länder, Städte und Regionen um Investitionen. Neben Ständen der starken europäischen Industriemetropolen und Regionen präsentieren sich die Aufsteiger, oftmals neue EU-Staaten, aber auch wirtschaftlich schwächere Regionen.

An allen Ständen stehen Ansprechpartner der jeweiligen Wirtschaftsförderer und bewerben und bewirten die interessierten Besucher. Es handelt sich um einen Milliardenmarkt und eine enge Vernetzung zwischen Politik, Wirtschaft und Finanz ist hier unabdingbar.

 

Hochrangige Politiker aus Russland unterstützen die Aussteller bei ihrem Werben

Hauptpartner in diesem Jahr ist die Russische Föderation. Insgesamt 16 föderale Gebiete und Oblaste sind auf der Messe in zwei der Hallen präsent. Auf großzügigen 672 Quadratmetern stellen die russischen Regionen Altai, Leningrader Gebiet, Jaroslawl Nishnij Nowgorod, Tula und Wolgograd aus. Der Gemeinschaftsstand feiert dieses Jahr Premiere und wird vom Russischen Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung unterstützt.

Auch Minister Igor Slunjaew selbst ist angereist, um sich vor Ort ein Bild zu machen und Russland zu repräsentieren. In seiner 35-köpfigen Delegation befinden sich bekannte politische Persönlichkeiten, darunter sechs Gouverneure. Zwei ranghohe Beispiele sind Valerij Schanzew aus Nischnij Nowgorod, einem Zentrum der russischen Automobilindustrie, und Sergej Morosow aus Uljanowsk, der Geburtsstadt Lenins, mit starker Luftfahrt-Tradition.

Moskau, Rostow am Don, Wladimir und andere Regionen haben unabhängig davon eigene Stände errichtet. Von Seiten der Moskauer Stadtregierung ist Sergey Tscheremin, der Minister für Auswärtige Angelegenheiten und Investitionspolitik, angereist.

Die meisten Stände sind modern und freundlich eingerichtet. Während in den vergangenen Jahren die Präsentationen der russischen Gebiete eher etwas angestaubt wirkten, herrscht nun ein modernes und offenes Design vor. Der Stand der Stadt Moskau ist in modernen weißen und roten Farbtönen gehalten. Anhand von Modellen werden neue Infrastrukturprojekte und Wohnsiedlungen eindrucksvoll und leicht verständlich dargestellt. Besucher des Standes und Teilnehmer an den Fachgesprächen erhalten kleine Souvenirs wie Teddybären oder Architekturbücher.

Am Gemeinschaftsstand sind beeindruckende Modelle der Stadien für die Fußballweltmeisterschaft 2018 ausgestellt. Wolgograd wirbt, wie auch schon im letzten Jahr, um Investoren für Hotelbau. Gerade für die Gäste der WM werden Unterkünfte dringend benötigt. Elvira Lagutina, Wirtschaftsministerin dieses Gebiets, verspricht nicht nur ein sicheres Investitionsklima mit absoluter Rechtssicherheit, sondern auch attraktive Renditen.

Alle ausstellenden Regionen haben interessante Projekte im Gepäck. Trotzdem ist das Interesse recht verhalten. Trotz attraktiver Präsentation und einem umfangreichen Seminarprogramm bleiben die Russen eher unter sich. Die Gesichter der Besucher am Stand sind die gleichen wie in den vergangenen Jahren.

 

Russischer Markt hat noch mit Vorbehalten zu kämpfen

Zu viele Investoren trauen Russland nicht zu, ein rechtssicherer Raum zu sein. Ein Investor, der nicht genannt werden möchte, benennt die Problematik: „Es fehlt an Vertrauen in den Standort seitens des Mittelstands. Die großen Unternehmen sind schon lange da. Innovative Firmen mit 50 Millionen Euro Umsatz pro Jahr scheuen aber die Risiken. Gerade diese Betriebe und Investoren benötigt das Land aber dringend."

Ähnlich sieht es auch Minister Sljunaew. Im einem Briefing zum „Zielmarkt Russland", einer Möglichkeit der Regionen, sich zu präsentieren, mahnt der Minister an: „Wir stehen im globalen Wettbewerb und müssen uns anstrengen, wesentlich konkurrenzfähiger zu werden."

Zahlreiche der regionalen Projekte sind in den Jahren 2005 bis 2008 geplant worden, seitdem ist klar erkennbar, dass die russischen Regionen selbst enormen Druck seitens der Regierung ausgesetzt sind, sich weiterzuentwickeln. Auch die Investoren haben eine sehr hohe Erwartungshaltung bezüglich langfristiger, sicherer Renditen.

In einem sind sich zahlreiche Besucher und auch Mitglieder der Delegation wie Andrej Swerew, der Handelsbeauftragte der Russischen Regierung in

Berlin, oder Eugen Egetenmeir, Geschäftsführer der Messe München International, einig: „Die Russische Föderation hat viel zu bieten, muss in den nächsten Jahren aber noch aktiver und innovativer um die anspruchsvolle Kundschaft werben. Russland ist kein Selbstläufer mehr und der Markt ist extrem umkämpft."

Russlands Investitionsklima erfährt positive Veränderungen, wie zahlreiche Investoren bei Gesprächen anmerkten. Der Schatten der Vergangenheit liegt trotzdem schwer über den neuen Investitionsinitiativen und sorgt für Unsicherheit. Zusätzlich zur Präsenz auf den internationalen Märkten muss Russland auch in langfristige Kommunikation mit seinen Zielgruppen investieren und wie seine Mitbewerber vorausschauender handeln.

In einer Hinsicht tut man das bereits: Auch im nächsten Jahr will Russland sich wieder stark in München präsentieren. Wie das Wirtschaftsministerium mitteilt, werden die Vorbereitungen hierfür schon Anfang des nächsten Jahres beginnen.

Russlands Investitionsklima erfährt positive Veränderungen, wie zahlreiche Investoren bei Gesprächen anmerkten. Und zumindest für Sankt Petersburg hat sich der Auftritt auf der Messe gelohnt, wie Irina Babjuk, Vorsitzende des Komitees für Investitionen der Stadt Sankt Petersburg, erzählt: „Es ist wichtig, dass wir auf dieser Wirtschaftsebene attraktiv vertreten sind. Wir haben auf der diesjährigen Messe zwei Abschlüsse in Höhe von 1,7 Milliarden Euro getätigt."

Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland

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