Kann die globale Erwärmung noch aufgehalten werden?

Während die Wissenschaftler über die Folgen der globalen Erwärmung streiten, wird der Kampf um Wasser kritischer. Foto: Alamy/Legion Media

Während die Wissenschaftler über die Folgen der globalen Erwärmung streiten, wird der Kampf um Wasser kritischer. Foto: Alamy/Legion Media

Es besteht heute kein Zweifel mehr, dass sich das globale Klima in den letzten Jahrzehnten wesentlich geändert hat. Wissenschaftler sind sich aber noch uneins, wie es weitergehen wird. Dessen ungeachtet führen die gegenwärtigen klimatischen Veränderungen bereits heute zu großen Problemen, insbesondere einem Mangel an Wasser.

Britische Wissenschaftler berichteten Mitte Oktober in der angesehenen Fachzeitschrift „Nature" darüber, dass sie für bestimmte Regionen kritische Werte im Bereich der Klimaerwärmung ermittelt haben. Anders ausgedrückt haben die Briten den Zeitpunkt berechnet, an dem die heutige Höchsttemperatur der Tiefsttemperatur in der Zukunft entsprechen wird. In Mexiko soll dieses Krisenszenario ungefähr im Jahre 2031 eintreten. Moskau hat etwas mehr Glück, in der russischen Hauptstadt wird dies nicht vor 2063 der Fall sein.

Aber ist die in der vergangenen Zeit beobachtete Erwärmung der Erde auch wirklich eine langfristige Tendenz oder lediglich die Folge „saisonaler" Zyklen? Findet bald eine Umkehr in die andere Richtung statt? Eine einheitliche Meinung dazu gibt es unter den Wissenschaftlern zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht.

Für die Theorie der globalen Erwärmung sprechen die bisherigen Daten der meteorologischen Beobachtungen. Laut den Beobachtungsdaten russischer Wetterstationen ist die durchschnittliche Lufttemperatur in Russland auf das Jahr gerechnet um ein Grad Celsius angestiegen, wovon alleine 0,4 Grad Celsius auf das Jahrzehnt ab 1990 entfallen. Laut den Prognosen des Weltklimarats, der für seine Arbeit 2007 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, wird der Temperaturanstieg in den nächsten 20 Jahren durchschnittlich 0,2 Grad Celsius pro Jahrzehnt betragen. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts könnte die Temperatur so zwischen 1,8 und 4,6 Grad Celsius ansteigen.

Nach Meinung von Alexej Giljarow, Professor für allgemeine Ökologie an der biologischen Fakultät der Lomonossow-Universität, ist das Schmelzen der Eisdecke in Grönland ein unwiderlegbarer Beleg für die Zunahme der globalen Erwärmung. „Es ist zu sehen, wie die Eismassen insgesamt kleiner werden. Und das ist äußerst besorgniserregend. Das Süßwasser aus dem Eis gelangt in den Atlantik und kann dort einen wichtigen Prozess zum Stillstand bringen: Bei dem das aus dem Süden zufließende salzige Tiefenwasser im Raum Grönland an die Oberfläche steigt, abkühlt und zum Meeresgrund sinkt und dadurch den wichtigsten Wasserkreislauf auf der Erde bildet – und genau das bringt die Wärme nach Westeuropa."

 

Können alte Gemälde Hinweise bieten?

Jelena Grigorjewa, Mitarbeiterin am Institut für komplexe Analysen regionaler Probleme am fernöstlichen Standort der Akademie der Wissenschaften, ist jedoch nicht geneigt, die gegenwärtigen klimatischen Prozesse als Resultat der globalen Erwärmung anzusehen.

„Schauen Sie sich einmal alte Gemälde an: In England, wo die durchschnittliche Tiefsttemperatur heutzutage ganzjährig nicht unter dem Gefrierpunkt sinkt, ist man früher Schlittschuh gelaufen, wie es zum Beispiel

auf den Bildern des 16. bis 18. Jahrhunderts zu sehen ist. Das heißt, das Klima ist nicht beständig und unsere diesbezüglichen Daten sind nicht vollständig, um nicht zu sagen lückenhaft. Der Beobachtungszeitraum für die globalen Klimaveränderungen ist ausgesprochen kurz", kritisiert Grigorjewa.

Auch wenn man über die Theorie der globalen Erwärmung gespaltener Meinung sein kann, fällt es schwer, die zerstörerische Auswirkung dieser klimatischen Veränderungen auf die Menschheit zu leugnen. Der Anstieg der Umgebungstemperatur erzeugt günstige Bedingungen für die Ausbreitung von Infektionskrankheiten, durch die warme Umgebung werden Stress und damit verbundene psychische Probleme begünstigt. Außerdem kann der ungleichmäßige Anstieg der globalen Temperatur zu massiven Migrationsbewegungen der Erdbevölkerung führen. In einem solchen Fall wird nicht damit zu rechnen sein, dass Regionen mit einer hohen Bevölkerungsdichte sicherheitspolitisch stabil bleiben werden.

 

Wassermangel könnte zu einem der größten politischen Probleme werden

Aber vor allem führt das wärmere Klima zu einem Mangel an Trinkwasser. Dies kann in Folge der konkrete Anlass für eine globale „Schlacht um Ressourcen" werden. Dabei leidet die Menschheit jetzt bereits unter einem

Mangel an Wasser. Nach Angaben von UN-Experten wird bis zum Jahre 2025 über die Hälfte der Länder der Erde mit einem ernstzunehmenden Mangel an Süßwasser zu kämpfen haben und bis zur Jahrhundertmitte werden drei Viertel der Weltbevölkerung an Durst leiden.

Nach Meinung von Wissenschaftlern des Internationalen Instituts für die Verwaltung von Wasserressourcen wird der Bedarf an Wasser bei gleichbleibendem Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts um mehr als das Dreifache ansteigen. Nach dieser Berechnung dürfte das Trinkwasser in gerade einmal 20 Jahren nicht mehr ausreichen. Schon heute leidet ein Sechstel der Weltbevölkerung unter dem Mangel an trinkbarem Süßwasser – das sind über eine Milliarde Menschen.

In Russland ist die Situation nicht ganz so kritisch: In seinen Oberflächengewässern verfügt das Land weltweit über die größten Ressourcen. Alleine der Baikalsee enthält ungefähr 20 Prozent der weltweit in Seen befindlichen Süßwasserreserven. Außerdem produziert der See bei einem Wasservolumen von 23 600 Kubikkilometer jährlich ungefähr 60 Kubikkilometer reinen Trinkwassers.

Aber wie können die Trockenregionen Russlands sowie die Entwicklungs- und Industrieländer mit ihrer großen und ständig wachsenden Bevölkerung mit einer ausreichenden Wassermenge versorgt werden? In dieser Situation sehen Wissenschaftler und Spezialisten nur einen Ausweg: Es muss sparsamer mit dem Wasser umgegangen werden und die schlechter gestellten Regionen der Erde müssen durch Wassertransporte versorgt werden. Der freie Warenverkehr erfordert jedoch die Einhaltung der entsprechenden politischen und wirtschaftlichen Bedingungen, was in unserer konfliktreichen Epoche nicht immer möglich ist.

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