Private-Banking-Dienstleistungen in Russland stehen vor allem als Boni für Top-Manager von großen Kapitalgesellschaften zur Verfügung. Foto: Getty Images / Fotobank
Die Konstituierung des Marktes
Der russische Private-Banking-Markt entstand Mitte der 1990er, als im Land der erste Privathandel florierte. Damals kümmerten sich lediglich vereinzelte Banken um die Verwaltung von Privatvermögen, da der Bankensektor überhaupt erst im Entstehen begriffen war. Heute haben praktisch alle wichtigen Banken Russlands einen entsprechenden Geschäftsbereich aufgebaut.
Es ist ziemlich schwer, das Volumen dieses Marktes zu beziffern – von offizieller Seite gibt es keine Informationen. Es wird auf 15 bis 18,5 Milliarden
Euro geschätzt und wächst jährlich um fast 25 Prozent. Die Summe, die es einem Kunden erlaubt, Private-Banking-Dienstleistungen in Russland in Anspruch zu nehmen, schwankt zwischen 33 000 und 660 000 Euro.
Die Zahl der russischen Millionäre wird auf 75 000 bis 180 000 geschätzt und das Gesamtvolumen der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel könnte zwischen 260 und 300 Milliarden Euro betragen.
Dem russischen Private Banking liegt das klassische Schweizer Modell zugrunde. Jedoch gibt es nationale Besonderheiten. Alexej Gusew, Mitglied des Expertenausschusses am Institut für Finanzplanung, merkt an, dass Private-Banking-Dienstleistungen in Russland vor allem als Boni für Top-Manager von großen Kapitalgesellschaften zur Verfügung stehen, die auf dem Firmenkundengeschäft basieren. In anderen Ländern verwalten Bankmanager in der Hauptsache das reale Firmengeschäft ihrer Kunden.
Extraleistungen als Wettbewerbsvorteil
Im Durchschnitt ist ein typischer russischer VIP-Kunde ein Top-Manager oder ein Geschäftsinhaber aus den 1990er-Jahren. Das Durchschnittsalter beträgt 55 bis 60 Jahre. Für Alexej Gusew ist die Unterstützung bei Problemen der Geschäftsnachfolge die wichtigste Serviceleistung für diese Klientel, speziell für den Verkauf oder die Umstrukturierung des Geschäfts sowie beim Prozess der Regulierung von Offshore-Finanzplätzen.
In letzter Zeit wurde der russische VIP-Kundenkreis um Vertreter des Showgeschäfts, Medienvertreter und Sportler sowie deren
Banken, die in Russland im Private-Banking-Sektor tätig sind::
- Staatsbanken, die in ihrer Struktur Sonderfilialen für Private-Banking-Dienstleistungen haben, darunter das Kreditinstitut VTB24;
- große Privatbanken wie die Alfa-Bank, Promsvyazbank (PSB-Bank), Meschdunarodny Finansowy Klub (MFK –International Financial Club), die Bank Otkritie, KIT Finance Investment Bank;
- Banken, die sich ausschließlich auf die Dienstleistung der Vermögensverwaltung spezialisiert haben: die M2M Private Bank;
- Niederlassungen ausländischer Banken, die in Russland tätig sind: Deutsche Bank, Raiffeisenbank, Citibank.
Familienmitglieder erweitert. Bei ihnen sind exklusive Leistungen im Bereich Lifestyle Management äußerst beliebt: von der Auswahl ungewöhnlicher Präsente, der Zusammenstellung einer Weinkollektion, von Immobilien, Jachten und Flugzeugen bis hin zur Rekrutierung von Hauspersonal und Freizeitgestaltung.
„Wir kooperieren mit verschiedenen bedeutenden Galerien, bei denen man Arbeiten prominenter russischer Künstler erwerben kann. Die Bank kann auch selbst ein interessantes Projekt auswählen, die Risiken bewerten und dem Kunden anbieten, sich als Co-Investor zu beteiligen“, erzählt Tatjana Iwanowa, Leiterin der Abteilung für die Betreuung von vermögenden Kunden der Bank International Financial Club (MFK).
Bei einem großen Teil der VIP-Kundschaft sind Bankdepots sehr gebräuchlich. Nach dem Krisenjahr 2008 verloren finanzkräftige Russen das Vertrauen in den Fondsmarkt, der bis dahin hohe Renditen versprach. Die Einlagen der VIP-Kundschaft betragen heute zwischen 30 und 60 Prozent der Passiva dieser Banken.
Es gibt auf dem russischen Private-Banking-Markt auch Angebote für fachkundige Klienten: die Leistungen des „Portfolio-Beraters“. „Was ins Portfolio gesteckt wird, hängt von den Vorlieben des Kunden und seiner Finanzmarkt-Erfahrung ab. Diesen Service wählen in der Regel solche Kunden, die bereit sind, mit komplizierten Finanzprodukten zu arbeiten“, erzählt Michail Gromow, Abteilungsleiter für die Verwaltung von Privatvermögen von Citi Russland.
Der wichtigste Trend in diesem Jahr könnte nach Meinung der Experten ein teilweises Abwandern kapitalstarker Kunden zu kapitalstarken Staatsbanken werden. Das hat seine Ursache in dem Lizenzentzug einiger Privatbanken im vergangenen Jahr.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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