Reiselust trotz politischer Spannungen

Sowohl Russen als auch Ukrainer blicken optimistisch in ihre Zukunft als Tourismusziele. Foto: Pressebild

Sowohl Russen als auch Ukrainer blicken optimistisch in ihre Zukunft als Tourismusziele. Foto: Pressebild

Auch auf der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin sind Russland und die Ukraine Nachbarn. Die Veranstalter beider Länder geben sich optimistisch, was die Zukunft des Tourismus anbelangt. Ganz ausblenden können sie die angespannte politische Lage nicht.

Jedes Jahr strömen Fachbesucher und an den Wochenenden auch Reiselustige zu Tausenden auf die Internationale Tourismus-Börse in Berlin, der weltgrößten Tourismusveranstaltung. Erwartet werden in diesem Jahr vom 5. bis 9. März etwa 170.000 Besucher, 110.000 von ihnen sind Fachleute. Alle haben sie ein Ziel: Neue Kontakte knüpfen, sich über die Neuheiten der Tourismusbranche informieren und sich für den nächsten Urlaub inspirieren lassen.

In Halle 2.1. präsentieren sich auch Russland und die Ukraine von ihrer touristischen Schokoladenseite. Dennoch ist die Situation diesmal eine andere. Die Ukraine-Krise ist sowohl an den Ständen als auch bei den Informationsveranstaltungen wenigstens unterschwellig immer präsent. Die Frage, inwieweit sich die politische Lage auf den Tourismus auswirkt, ist fast unausweichlich.

Am Stand eines großen Reiseveranstalters für Russland und die Ukraine bestätigt sich die anfängliche Befürchtung zunächst: „Für April hatten wir eine regelrechte Welle von Stornierungen für Reisen in die Ukraine. Wenn man sich als Tourist in einem Land nicht sicher fühlt, helfen selbst die größten Preisnachlässe nichts", erklärt Evgeny Tararin von UTS Travel. Russlandreisen dahingegen seien zumindest bei den europäischen Touristen noch sehr beliebt. Wenn sich die politische Lage jedoch nicht bald wieder entspanne, sieht Tararin allerdings auch im Russlandgeschäft einige Probleme auf die Reiseveranstalter zukommen.

Obwohl Russland schon seit einiger Zeit mit Imageproblemen zu kämpfen hat, scheint sich dies auf den Tourismus bislang nicht negativ ausgewirkt zu haben. Die russische Botschaft in Berlin und die russischen Generalkonsulate in Deutschland hätten im Jahre 2013 insgesamt 350.000 Visa für Russland ausgestellt, in den ersten Monaten 2014 sei die Tendenz eher steigend gewesen. Der Zuwachs an Touristenvisa habe 2013 im Vergleich zu 2012 bei 30 Prozent gelegen, erklärt Ilya Erofeev von der Botschaft der Russischen Föderation in Berlin.

Die Topziele für Städtereisen sind Moskau und Sankt Petersburg. „Neben Moskau ist Sankt Petersburg nach wie vor eines der beliebtesten Reiseziele der Deutschen. Von den politischen Ereignissen lassen sich unsere Gäste nicht so leicht abschrecken. Beim Reisen sollte es ja auch nicht um Politik sondern um die Kultur und das Land selbst gehen", erklärt Nadezhda Petrova, stellvertretende Generaldirektorin des Sankt Petersburger Tourismusinformationsbüros.

Dass die Krise in der Ukraine allgegenwärtig ist, hat ihre Kollegin Valeria Bovkalova erlebt. „Schon auf der Fahrt hierher wollte der Taxifahrer von mir

wissen, wie es denn nun weitergehe mit Russland und der Ukraine. Viele Besucher äußern ihre Bedenken und sind sehr erleichtert, wenn ich ihnen sage, dass sie bei ihrer Anreise nichts zu befürchten hätten".

Erstmals habe es Sankt Petersburg beim renommierten Ranking der Reiseplattform TripAdvisor unter die Top Ten der beliebtesten Ziele für Städtereisen innerhalb Europas geschafft, freut sich der Vorsitzende des Komitees für Tourismusentwicklung der Stadt Sankt Petersburg Alexander Schapkin. Die Deutschen liegen bei den ausländischen Touristen auf Platz zwei hinter den Finnen, weiß sein Kollege Alexander Martynov vom gleichen Komitee Allerdings würde die Stadt auch unter den Chinesen immer populärer, nicht zuletzt dank gezielter Programme und vieler Visaerleichterungen.

 

Ukraine gibt sich hoffnungsvoll

Am Ukrainestand, einige Meter weiter, traut man sich schon gar nicht mehr die sensible politische Lage anzusprechen. Wie sich herausstellt, zu Unrecht. „Es mag ja sein, dass der Tourismus in der Ukraine zurzeit unter den politischen Ereignissen leidet. Diese sind allerdings irgendwann Geschichte. Die Ukraine als unabhängiges Land, bleibt aber in den Köpfen der Menschen hängen. Ein Land, das neugierig macht und noch entdeckt werden möchte", sagt Reiseveranstalterin Olena Kazmina von Ornament Ukraine und sieht damit positiv in die Zukunft. Da stünden die Chancen, die 25,7 Millionen Touristen im Jahr 2013 auch in 2014 wieder zu erreichen, gar nicht schlecht.

 

Russische Regionen mausern sich

Auch für die Regionen Russlands spielt der Tourismus eine immer zunehmende Rolle. Die älteste Stadt Russlands Jaroslawl zum Beispiel, nur eine der 132 Aussteller in diesem Jahr, liegt gerademal eine Stunde von Moskau entfernt. „Nur wenige deutsche Touristen wissen, dass das historische Zentrum der Stadt Jaroslawl zum Weltkulturerbe der UNESCO

gehört", erklärt Julia Vetoshkina, Leiterin der Agentur für Tourismus der Region Jaroslawl. „Messen wie die ITB geben uns die Möglichkeit, die Menschen über Russland aufzuklären und ihnen zu zeigen, dass Russland nicht allein Moskau ist. Auch bei uns gibt es viel Neues und Spannendes zu entdecken."

Das trifft sicher auch auf die Region Altai zu. Diese präsentiert in diesem Jahr wieder ihr umfangreiches Angebot für Spa-Liebhaber. Sibirien, das in diesem Jahr das erste Mal bei der ITB vertreten ist, zieht vor allem mit der Halbinsel Kamtschatka Naturliebhaber und Sportbegeisterte an. Hier kommen Abenteurer bei wilden Fahrten mit Schneemobilen und Hundeschlitten voll auf ihre Kosten.

Für Verwunderung und teilweise sogar Enttäuschung sorgte unter vielen Gesprächspartnern die Abwesenheit Sotschis, das doch gerade in diesen Tagen in aller Munde sei und schon deshalb die Präsenz auf der ITB geradezu ein Muss gewesen wäre. „Unsere Kunden fragen, wo sie die tolle Kombination von Meer und schneebedeckten Bergen, wie sie diese während der Olympiade gesehen haben, buchen können, so Stephan Zurfluh, Reiseexperte aus der Schweiz.

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