Feinste russische Lyoner

Viele Russlandstämmige sehnen sich nach einer echten „Doktorskaja“. Foto: RIA Novosti

Viele Russlandstämmige sehnen sich nach einer echten „Doktorskaja“. Foto: RIA Novosti

Ein Hersteller aus der Region Samara will in Deutschland künftig russische Wurst produzieren – für Edeka, Lidl und Aldi. Zielgruppe sind russischstämmige Deutsche.

In Deutschland leben viele Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion mit einer gewissen Sehnsucht nach dem „Geschmack ihrer Kindheit": Dazu gehören die berühmte „Doktorskaja", eine Art Lyoner, verschiedene Räucherwürste und die kleinen „Molotschnyje", die entfernt an Wiener Würstchen erinnern.

Aus diesem Grund haben große deutsche Einzelhandelsketten dem russischen Unternehmen Fabrika Katschestwa vorgeschlagen, einen fleischverarbeitenden Betrieb in Deutschland aufzubauen. Die Idee wird vom deutschen Landwirtschaftsministerium unterstützt. Die Referentin für die Beziehungen zu Russland, Beatrice Lindner, sicherte zu, die Gespräche zwischen der Unternehmensgruppe und dendeutschen Handelsketten, darunter Edeka, Lidl und Aldi, zu unterstützen.

„Das Angebot, in Deutschland eine Niederlassung zu errichten, wurde von den deutschen Einzelhandelsketten bereits auf der letztjährigen ‚Grünen Woche' an uns herangetragen", teilte der Vorsitzende des Verbandes der Fleisch- und fleischverarbeitenden Industrie der Region Samara, Oleg Kusitschkin, mit.


Hohe Qualitätsstandards

 Das Projekt werde nun durchkalkuliert und mit den Behörden abgestimmt. Die deutsche Niederlassung von Fabrika Katschestwa fängt bescheiden an: Ihre Produktionskapazität beträgt um die 100 Tonnen Fertigprodukte täglich.
Das Unternehmen, eine Lebensmittelholding aus der Region Samara mit vielen Produktionsstätten in verschiedenen anderen Regionen Russlands, hat Erfahrung in der Umsetzung von Projekten größeren Umfangs. Wenn der Betrieb gut läuft, ist eine Ausweitung der Produktion durchaus realistisch.

Die Zusammensetzung russischer Wurstsorten ist für viele Europäer allerdings gewöhnungsbedürftig: Die Wurst enthält große Mengen an Speck. Großbetriebe ersetzen den billigen Rohstoff bereits durch höherwertigen. Fabrika Katschestwa ist eines von 
wenigen Unternehmen, die als Hauptzutat in den meisten Wurstwaren nicht Schweinefleisch, sondern Rindfleisch verwenden. Laut Kusitschkin führten die russischen Marktführer ebenso strenge Qualitätsanforderungen an die zugekauften Rohstoffe ein, wie es von europäischen Normen gefordert ist. Außerdem etablierten sie eigene tierärztliche Kontrollen.

Russland ist auf dem internationalen Lebensmittelmarkt derzeit kaum aktiv, sieht man von Getreideverkäufen in den Nahen Osten und einige andere asiatische Staaten ab. Das Land ist in vielen Bereichen von Einfuhren abhängig, besonders was Rindfleisch betrifft.


Der WTO-Beitritt ein Segen?

Dennoch entwickelte sich die 
inländische Lebensmittelproduktion über die letzten Jahre dynamisch. Die Geflügel- und Schweinefleischproduktion stieg, auch wenn der WTO-Beitritt Russlands die Bedingungen für die Schweinezuchtbetriebe erheblich erschwerte. Die Öffnung des Marktes

hatte zu sinkenden Preisen und folglich auch zu sinkenden Erträgen geführt. Lag die Rendite in der Schweinefleischproduktion vor dem Beitritt bei 25 bis 30 Prozent, wurde daraus danach ein Verlustgeschäft, wobei die Branche seit diesem Jahr wieder Gewinne schreibt. Laut dem Nationalen Schweinezuchtverband liegt sie derzeit bei der Hälfte des Niveaus vor 2012.

Aber es gibt auch positive Seiten. „Die WTO wird in Russland von vielen als Bedrohung und Belastung empfunden. Tatsächlich ist der Beitritt jedoch vergleichbar mit einer Adrenalinspritze, die die Wirtschaft endlich dazu zwingt, die erforderlichen Reformen, die bereits viele Jahre in Anspruch genommen haben, schneller und effektiver vorzunehmen", ist sich Kusitschkin sicher.

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