Welche Sanktionen könnten Russland treffen?

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Was passiert nach dem 16. März, wenn die Krim für einen Anschluss an die Russische Föderation stimmt? Wirtschaftliche Schritte gegen Russland könnten das Land härter treffen als politischer Druck oder militärische Drohungen.

Anfang März wirkten die politische Isolation Russlands durch Sanktionen und Beschränkungen noch wie Spekulationen. Wenn nun jedoch am 16. März im Referendum zum Status der Krim über einen Anschluss der Krim an die Russische Föderation entschieden wird, könnten Androhungen dieser Art in die Tat umgesetzt werden.

„Wir betrachten dies als eine Reihe wirtschaftlicher und diplomatischer Schritte, die Russland isolieren und seine wirtschaftliche und weltpolitische Lage beeinflussen werden“, erklärte der US-amerikanische Präsident Barack Obama. Aus dem Umfeld des Außenministers der USA John Kerry verlautbarte es, dass es „ nur eine Frage von Tagen“ sei, bis die Sanktionen in Kraft treten könnten. Manche europäische Staatschefs drücken sich noch etwas vorsichtiger aus, weil sie stärker an Russland gebunden sind. Doch der britische Außenminister, William Hague, teilte bereits mit, dass Russland für die Krim „teuer bezahlen“ werde.

Russische Diplomaten sind bislang jedoch davon überzeugt, dass es nicht so weit kommen wird und keine strengen Sanktionen in Kraft treten werden. Zu den möglichen Maßnahmen, die im Gespräch sind, für Russland aber moderat wären, gehören beispielsweise ein Boykott des G-8-Gipfeltreffens in Sotschi durch westliche Staaten und Russlands Ausschluss aus diesem „Club der Industrieländer“. Erträglich wäre auch ein Abbruch der Gespräche über ein internationales Freihandelsabkommen zwischen den USA und Russland. Ein zollfreier Handel würde die Geschäftsausgaben zwar senken, doch ob es dazu kommt, ist ohnehin fraglich.

Zwischenzeitlich sind erste Sanktionsmaßnahmen bereits in Kraft getreten.

Die USA und Kanada haben die militärische Zusammenarbeit mit Russland beendet. Und auch die Nato wolle alle Kontakte zu Russland abbrechen, wie der Generalsekretär des Bündnisses Anders Fogh Rasmussen ankündigte. Zudem hat das US-amerikanische Außenministerium am Donnerstag auf Anweisung Obamas „Visabeschränkungen für einige Beamte und Privatpersonen aus Russland und der Ukraine, deren Handlungen die territoriale Integrität der Ukraine gefährden“, eingeführt. Einige, denen die Maßnahmen nicht weit genug gehen, fordern gar, die Visa für alle russischen Beamten komplett abzuschaffen und bereits bestehende Visa zu widerrufen. Anfang März haben die Außenminister der EU zudem vorgeschlagen, die Verhandlungen zur Lockerung der Visabedingungen für russische Staatsbürger und zur Abschaffung der Kurzzeitvisa zu unterbrechen.


Sperrung der Auslandskonten oder Handelsblockaden

Weit gefährlicher für Russland sind aber die geplanten wirtschaftlichen Sanktionen. Laut dem Vorsitzenden des Unterausschusses für Europa im US-amerikanischen Senat, Chris Murphy, sind Maßnahmen in Bezug auf russische Banken geplant. Möglicherweise werden die Aktiva russischer staatlicher Einrichtungen und Privatpersonen eingefroren. „Die Sanktionen könnten sich auf Bankkonten und Aktiva russischer Beamter konzentrieren, die im Ausland angelegt wurden“, vermutet Dimitrij Malyschew, Leiter der

Abteilung für Zoll und internationale Entwicklung der KSK-Gruppe. „Am wahrscheinlichsten ist, dass die Zinsen für Auslandskredite für russische Kreditnehmer ansteigen werden. Die äußerste und weniger wahrscheinliche Maßnahme ist eine Blockierung von Zahlungen, die über amerikanische Korrespondenzkonten laufen und an russische Unternehmen gehen.“ Experten glauben nicht, dass die internationalen Reserven der Zentralbank der Russischen Föderation eingefroren werden.

Vereinzelt fordern westliche Politiker schon eine andere ultima ratio: ein Embargo Russlands ähnlich dem Vorgehen mit dem Iran. So wäre ein Embargo auf den Import russischen Erdöls denkbar. Die Sanktionen, die von den USA und der EU gegen den Iran verhängt wurden, haben die Zusammenarbeit dieses Landes mit dem Westen über Jahre hinweg blockiert. Im Iran herrschen eine Inflation von 31,5 Prozent und eine Arbeitslosenquote von 13,4 Prozent, das Bruttoinlandsprodukt fiel von 1,9 Prozent im Jahr 2012 auf 1,3 Prozentpunkte im Jahr 2013.



Wird Iran der neue Energiepartner?

Europa kann in seiner Energiepolitik zwar nicht sofort von Russland auf andere Energielieferanten wechseln, doch auf lange Sicht wird das, neben einer verstärkten Autarkie- und Einsparstrategie, ein möglicher Weg sein. Eine Alternative für den Energielieferanten Russland könnte der eben erwähnte Iran unter seinem neuen Präsidenten Hassan Rohani sein. Der Westen müsste hierfür eine weitere Normalisierung der Beziehungen anstreben.

Im Iran befinden sich die zweitgrößten Gaslagerstätten der Welt und  sie liegen näher an Europa als die Lagerstätten auf der Jamal-Halbinsel in Sibirien: Die Entfernung vom South-Pars-Gasfeld im Iran bis Griechenland beträgt rund 3 200 Kilometer, während die Entfernung der Jamal-Halbinsel bis Bulgarien bereits 4 500 Kilometer beträgt. Die Gasleitungen, die aus dem Iran in die EU führen, sind sehr viel kostengünstiger als die aus Russland. Theoretisch könnte die EU innerhalb von zehn Jahren auf den Iran statt auf Russland als Gaslieferanten zurückgreifen.

Eine andere, aber nur langfristig denkbare Möglichkeit könnte der Import amerikanischen Flüssigerdgases nach Europa darstellen. Der Export von Gas aus den USA nach Europa ist zurzeit noch rechtlich beschränkt. Selbst wenn dieses Verbot aufgehoben wird, geht der Bau von Flüssiggasterminals nur langsam vonstatten, sodass die ersten Lieferungen nicht vor 2015 eintreffen würden.



Die Antwort des Kremls

Noch sind die Sanktionen nicht in Kraft getreten, doch Russland denkt bereits über eine Reaktion nach. Hierzu äußerte sich Sergei Glasjew, Berater des russischen Präsidenten, mit einer Drohung: „Falls Sanktionen hinsichtlich der staatlichen finanziellen Strukturen verhängt werden, dann werden wir keine Kredite zurückzahlen, die US-amerikanische Banken an Russland gegeben haben.“ Diese Ankündigung könnte sich negativ auf die Kreditbedingungen für russische Firmen auswirken und die Versicherung von Geschäftsrisiken teurer machen.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst bei der Zeitschrift "Kommerant-Djengi".

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