Ukraine-Krise verschlechtert Investitionsklima

Investitionen und Börsengänge in Russland leiden unter der Ukraine-Krise. Foto: Photoshot/Vostock Photo

Investitionen und Börsengänge in Russland leiden unter der Ukraine-Krise. Foto: Photoshot/Vostock Photo

Russischen Unternehmen, die auf einen Börsengang in diesem Jahr gehofft hatten oder Auslandsinvestitionen akquirieren wollten, stehen aufgrund der zunehmenden politischen Instabilität schwere Zeiten bevor.

Die Krise um die Krim war für Russlands Wirtschaft genauso ein Schock wie für die Politiker in Brüssel und Washington und wird sich in diesem Jahr sowohl auf die inländischen als auch auf die ausländischen Investitionen auswirken.

Die Zunahme der Investitionen hat sich bisher entscheidend auf das Wachstum der russischen Wirtschaft ausgewirkt. Das Wachstum hängt im starken Maße vom privaten Konsum ab, doch gegen Ende 2013 fing sogar dieser Motor an zu stottern, wodurch Investitionen nur noch wichtiger wurden.

 

Rückgang von Investitionen Belastung russischer Wirtschaft

Russland hatte 2013 ausländische Direktinvestitionen in Höhe von sage und schreibe 69 Milliarden Euro akquiriert und war damit laut dem im Februar durch die Konferenz der Vereinten Nationen für den Handel und Entwicklung (UNCTAD) veröffentlichten Rangliste der drittgrößte Empfänger von ausländischen Direktinvestitionen in der Welt, auch wenn ein großer Teil davon im Rahmen eines Deals zwischen British Petroleum und dem staatlichen Erdölkonzern Rosneft für den Erwerb des russischen Erdöl-Gemeinschaftsunternehmens TNK-BP gezahlt wurde. Das Niveau der ausländischen Direktinvestitionen wäre in diesem Jahr wahrscheinlich beträchtlich niedriger ausgefallen, wenn die einmalige Zahlung für den TNK-BP-Deal nicht erfolgt wäre.

Aber inzwischen nehmen die Analysten an, dass es noch schlimmer kommen wird: Zur Mitte des laufenden Monats gelten mehrere große Geschäfte, die kurz vor dem Abschluss standen, bereits als unsicher. Beispielsweise hat der schwedische Nutzfahrzeug-Konzern Volvo im März erklärt, dass er die geplante Partnerschaft mit dem staatlichen russischen Eisenbahnausrüstungs- und Kesselwagen-Hersteller Uralwagonsawod (UVZ) aufgrund der Situation in der Ukraine noch einmal überdenken werde. Das Geschäft, bei dem es um die Fertigung von modernen gepanzerten Fahrzeugen geht, hat ein geschätztes Volumen von 73 Millionen Euro.

„Ein bedeutender Rückgang der ausländischen Direktinvestitionen, die nicht nur für Finanzkraft, sondern auch für Hightech und modernes Management-Know-how sorgen, würde Russlands langfristiges Wirtschaftswachstum stark beeinträchtigen", sagt Wirtschaftswissenschaftler Sergej Gurjew und zeichnet ein düsteres Bild: „Der eingeschränkte Zugang russischer Banken und Unternehmen zum

US-amerikanischen und möglicherweise auch europäischen Bankensystem – den härtesten Sanktionen nach denen gegen den Iran – würde einen verheerenden Einfluss haben."

Auch die einheimischen Anlageinvestitionen in die russische Wirtschaft sind von der aktuellen Situation betroffen. Die von der Bank of America Merrill Lynch wegen der permanenten Krise-Ängste ohnehin niedrig angesetzten Prognosen wurden noch weiter heruntergesetzt und sagen einen Rückgang der Investitionen in das Anlagenkapital um 3,3 Prozent in diesem Jahr auf 2,33 Billionen Rubel (56 Milliarden Euro) voraus.

 

Welle der Angst vor Börsengängen

Die Börsengänge werden ebenfalls nicht verschont bleiben. Im vergangenen Jahr hatte sich für kurze Zeit eine Gelegenheit zu Börsengängen ergeben, einschließlich für den Streubesitz an dem Mobilfunk-Unternehmen Megafon und der Interbank Tinkoff Kreditsysteme. Russische Unternehmen sind schnell auf diesen Hype aufgesprungen, aber die meisten Börsengänge wurden inzwischen entweder aufgeschoben oder bereits abgesagt.

Der russische regionale Einzelhändler Obuw Rossii hat wegen dieser Unsicherheit bereits seinen Börsengang mit einem geplanten Volumen von 40 Millionen Euro bis zur zweiten Jahreshälfte verschoben – wenn er denn überhaupt stattfinden wird. Und die Börsengang-Pläne vieler größerer Unternehmen stehen auf der Kippe: Der Einzelhändler Lenta, das Kinderkaufhaus Detskij Mir und der deutsche Großhandelskonzern Metro,

die geplant hatten, 1,7 Milliarden Euro an den internationalen Kapitalmärkten aufzunehmen, haben alle ihre Angebote bis mindestens zur zweiten Jahreshälfte zurückgestellt.

Die Privatkundenbank Credit Bank of Moscow mit Sitz in Moskau ging voran und hat im März – als ein erster Schritt hin zum internationalen Listing später in diesem Jahr – seine Aktien an der Moskauer Börse „Moscow Exchange" kotiert, wobei erwartet wurde, dass dabei 363 Millionen Euro beschafft werden können. Aber die Bank teilte mit, dass sie nicht bereit sei, ihre Aktien zu diesem Preis zu platzieren. „Wir denken über einen Börsengang nach, haben uns aber bislang nicht auf das genaue Timing geeinigt", sagte MKB-Geschäftsführer Wladimir Tschubar gegenüber „bne" in einem Interview. „Das gegenwärtige Bewertungsniveau für russische Banken ist nicht besonders attraktiv. Ein Börsengang hängt also davon ab, wann der Markt sich erholen wird."

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