Investitionsstandort Krim: Neue Märkte, neue Millionäre

Ein Weingarten auf der Krim. Foto: PhotoXPress

Ein Weingarten auf der Krim. Foto: PhotoXPress

Russische Unternehmer, die schon lange auf der Krim arbeiten, sehen die neue Wirtschaftsordnung mitunter kritisch: Der ukrainische Absatzmarkt bricht in manchen Branchen weg, westliche Investoren halten sich zurück.

Der Winzer

Vor neun Jahren entschied sich der Moskauer Sommelier Pawel Schwez, in seine Heimat Krim zurückzukehren, um seine eigenen Weinreben anzubauen.

Im Jahre 2006 gründete Pawel Schwez das Unternehmen UPPA Winery, nachdem er zehn Hektar Rebfläche mit den europäischen Traubensorten bepflanzt hatte. Die ersten Weinflaschen standen im Herbst 2013 zum Verkauf. Das Gesamtinvestitionsvolumen in dieses Projekt belief sich laut Schwez auf 500 000 Euro. 200 000 Euro davon wurden in die Weinreben investiert und die weiteren 300 000 Euro fielen auf die Anschaffung von Landmaschinen und Abfüllanlagen. All das wurde aus Pawel Schwezs eigenen Mitteln finanziert.

Aleksandr Sidorow von der Sommelier- und Experten­-Union Russlands bezeichnete die ersten Weine von Schwez als „natürlich". Er sagt, es stecke viel Potenzial im Projekt selbst, doch die Bedingungen seien ungünstig: „Es wird schwierig, das Geschäft erfolgreich weiterzuentwickeln, denn Pawel baut auf der Krim teure Weine an, obwohl hier sehr einfache Produkte hergestellt werden. Zudem beschäftigt er sich mit der Produktion von Bioweinen, die aber vom Verbraucher vor Ort nicht nachgefragt werden." Ein Bekannter des Winzers, Oleg, fügte gegenüber „RBC" hinzu: „Seine Weine kosten in Restaurants zwischen 15 und 20 Euro, was für die einheimische Bevölkerung unglaublich hohe Preise sind. Die Menschen hier können zwar einen Porsche fahren, aber sie werden niemals bereit sein, einen solchen Preis für eine Flasche Wein zu bezahlen. Sie sind einfach nicht daran gewöhnt. Aber alles kann sich ändern."

Die Nachricht über den Anschluss der Halbinsel an Russland rief bei Pawel Schwez Bedenken hervor. „Auf der Krim hören wir jetzt, dass sich mit Russland ein neuer Markt öffnet. Aber genau genommen war dieser nie geschlossen", sagt er. „Zwischen der Ukraine und Russland waren nie Einfuhrabgaben auf Wein fällig. Eigentlich muss man vielmehr sagen, dass wir wegen allen dieser Ereignisse den ukrainischen Markt verloren haben."

Der Russische Föderale Dienst für die Marktregelung für alkoholische Produkte versicherte in einem Interview mit „RBC", dass alle Befürchtungen der Krim-Winzer grundlos seien. Das Verfahren für die Erstellung der neuen Lizenzen sei bereits eingeleitet worden und der Annahmeprozess der Anträge für die Erteilung der Marken im Gange.

 

Der Restaurantbesitzer

Vor zwei Jahren beschloss Oleg Nikolajew, sich auf der Krim niederzulassen. „Es gefällt mir hier, meine Frau ist hier geboren. Das ist ein wunderschöner Ort", erklärt Nikolajew. „Ich bin in Krasnodar geboren, zwölf Jahre lang lebte ich in Moskau. Aber ich fühlte mich nie in Moskau zu Hause. Auf der Krim wohne ich erst seit zwei Jahren, aber ich fühle mich hier schon heimisch."

Im vergangenen Jahr eröffnete der Geschäftsmann in Sewastopol sein Restaurant, das er „Insel" nannte. Die Investitionen betrugen 360 000 Euro.

In Moskau bräuchte man, um solch ein Restaurant zu eröffnen, zwei Millionen Euro, behauptet Nikolajew. „Ich träumte davon, dass die Krim einmal ein souveräner Staat wird", erzählt er. „Aber ich verstehe, dass eine Unabhängigkeit auch eine Reihe von Problemen verursachen würde. Die Republik würde sich ähnlich wie die Republik Nordzypern entwickeln. Ich bin jedoch froh, dass die Krim sich an Russland angeschlossen hat."

Obwohl Nikolajew seine Freude über den Anschluss der Krim zu Russland nicht verbirgt, hält er alle Ängste für nachvollziehbar: „Hier entwickelt sich etwas, die gesamte Infrastruktur wird erneuert und großes Geld wird hierher fließen. Ich sehe das Ganze realistisch und gehe davon aus, dass noch mehr geschehen wird", sagt er. Er erwartet auch unseriöse Investoren: „Jetzt beginnt die Privatisierung von Grundstücken und alle möchten am Gewinn teilhaben. Ich habe zum Beispiel einen Anruf aus Rostow bekommen, dass dringend zwei Büros benötigt würden und sie ein Unternehmen für die Geschäftsabwicklung gründen wollen. Es werden viele Geldgierige und Betrüger kommen, die das große Geld wittern", sagt Nikolajew.

 

Der Hotelmanager

Jurij Pendaltschuk, Russe nach Geburtsort und Pass, besitzt mehrere Unternehmen in der Ukraine. Den Hauptgewinn erzielt er mit dem Verkauf von Medizintechnik sowie der Verarbeitung der konzentrierten Lebensmittelfarben für Fertigprodukte.

Im Jahr 2012 kaufte Pendaltschuk ein Grundstück an der Küste des Schwarzen Meeres auf der Krim für den Bau eines Hotels. Zu Beginn der Krim-Krise war die luxuriöse Hotelanlage fertig, die der Geschäftsmann an ein internationales Hotelkonsortium verkaufen wollte. Das Geschäft würde sich nach seinen Einschätzungen auf fünf Millionen Euro belaufen. Momentan ist der Komplex ungenutzt, Pendaltschuk hat Probleme, einen Käufer zu finden. Wegen des Sturzes des Griwna-Kurses verlor auch das

Unternehmen von Pendaltschuk 700 000 Euro. Nach seinen Kalkulationen sanken seit Beginn der Krim-Krise die Verkäufe der Medizintechnik um 60 Prozent.

Obwohl der Anschluss der Krim dem Hotelprojekt von Pendaltschuk vorerst einen Dämpfer verabreicht hat, beurteilt der Geschäftsmann den Gesamteffekt auf die Wirtschaft der Krim positiv. „Die Repression seitens des Staates und seiner Beamte wird schwächer. Die Ära der zahllosen Bestechungen ist endgültig vorbei", meint er.

Der Präsident der Restaurantbesitzer- und Hotelmanager-Föderation Igor Bucharow ist zuversichtlich, dass der Unternehmer alle Chancen hat, um einen Käufer für das Hotel zu finden. „An der russischen Küste sind alle freien Baugrundstücke bereits aufgeteilt, deswegen wird die Krim in naher Zukunft zu einem attraktiven Investitionsstandort für russische und internationale Anleger", so Bucharow.

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