Wird die Krim zu einer Sonderwirtschaftszone?

Foto: PhotoXPress

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Der russische Premierminister Dmitrij Medwedjew hat vorgeschlagen, die Krim in eine Sonderwirtschaftszone umzuwandeln. Damit soll die Halbinsel profitabel gemacht werden. Vorschläge, wie die Sonderwirtschaftszone aussehen soll, gibt es viele.

Derzeit sieht es so aus, als würde die Krim im Staatsbestand der Russischen Föderation in eine Sonderwirtschaftszone umgewandelt werden. Das würde ein gesondertes Steuersystem, erleichterte staatliche Investitionen und die Entwicklung bereits existierender Bereiche bedeuten. Dies zumindest hat der Premierminister der Russischen Föderation Dmitrij Medwedjew angedeutet. Er sprach bereits über konkrete Pläne, eine Sonderwirtschaftszone auf der Halbinsel zu errichten. Das Ziel solle sein, aus der subventionierten Region eine profitable zu machen.


Sonderwirtschaftszone ja, aber wie?

Der Chef der Sonderwirtschaftszonen AG Wadim Tretjakow stimmt den Plänen zu. Die Region auf der Krim verfüge über großes Potenzial, auch wegen ihrer geografischen Lage. Die Schaffung einer Sonderwirtschaftszone sei ein effektives Instrument, um Direktinvestitionen anzulocken. Er hält es für möglich, dass eine Sonderwirtschaftszone für die gesamte Region gilt, wie das beispielsweise in Kaliningrad der Fall war. Es sei allerdings auch klar, dass die Schaffung einer Sonderwirtschaftszone auf der Krim nach besonderen Regeln verlaufen wird. So meint Tretjakow, dass die Halbinsel zu einem gemischten Typus werde, der mehrere Entwicklungscluster gleichzeitig beherbergt.

Es gibt auch andere Vorschläge, wie die Krim künftig wirtschaftlich

profitabel werden soll, darunter jenen der Krim-Regierung, sie zu einem Spielerparadies zu entwickeln. Wie der Premierminister der Republik Sergej Aksjonow sagte, suche die Regierung der Krim bereits nach einem geeigneten Ort für die Errichtung von Kasinos. Doch Experten begegnen diesem Vorschlag mit großer Skepsis: „In Russland gibt es bislang keine Erfahrung bei der erfolgreichen Durchführung eines solchen Projekts“, sagt Wladimir Gortschakow, Direktor für Regionalsteuerung von Expert RA.

Die aussichtsreichsten Felder zur Entwicklung einer Sonderwirtschaftszone und dem Anlocken von Investitionen sind die, die in dieser Region bereits entwickelt sind: Tourismus, Industrie und Logistik.


Entwicklungscluster Tourismus

„Das größte Potenzial der Region liegt im Tourismus“, ist Wladimir Gortschakow überzeugt. Offiziellen Statistiken zufolge nimmt die Region im Bereich Unterkünfte den zweiten Platz in Russland ein. Das bedeutet für Touristen, dass sie mit der Suche nach einem Hotel, einem Zimmer oder einer Wohnung auf der Krim keine Probleme haben. 80 Prozent der Einnahmen aus dem Tourismus entfallen allerdings auf die Schattenwirtschaft, sie werden nicht versteuert. Experten meinen, dass

eine Einführung von Steuervorteilen für diese Art von Geschäft russische und ausländische Hotelbetreiber in die Region locken werde. Gortschakow schlägt vor, die Praxis der „geplanten Steuer“ einzuführen, bei der eine fixe Steuer auf einen geplanten Umsatz erhoben wird.

Außerdem muss für die Steigerung der Touristenzahlen die Verkehrsinfrastruktur erweitert werden. Bisher machten hauptsächlich Touristen aus der Ukraine den größten Anteil der Gäste aus. Nach Berechnungen des Präsidenten der Gesellschaft der Reiseveranstalter Russlands Wladimir Kantorowitsch kamen jährlich durchschnittlich vier Millionen Ukrainer und zwei Millionen Russen auf die Krim. Dabei nutzte die absolute Mehrzahl der Gäste Züge als Verkehrsmittel zur Anreise. „Mit dem Flugzeug kamen lediglich 300 000 Touristen“, so der Experte.


Entwicklungscluster Industrie

Auf dem zweiten Platz hinsichtlich des Entwicklungspotenzials der Krim liegt die Industrie. „Die Industrie stellt heute einen wesentlichen Pfeiler des Haushalts dar. Er macht 37 Prozent aller Einnahmen des Haushalts aus“, unterstreicht Gortschakow. Die Basis der Industrie bilden Unternehmen der Agrar- und der chemischen Industrie.

Am interessantesten für Investoren ist dabei die Agrarindustrie mit dem Anbau von Getreide und Viehzucht, Weinstöcken und Gärten sowie dem Anbau von Gemüse und ätherischen Ölpflanzen wie etwa Lavendel, Rosen und Salbei. Diese Bereiche könnten, nach Ansicht der Experten, russische Agrarunternehmen aus den landwirtschaftlich am weitesten entwickelten Regionen der Russischen Föderation, aus der Krasnodar- und Rostow-Region, anziehen.

Doch für die Entwicklung der Agrarproduktion wird man die Frage nach der Wasserversorgung klären müssen. Dieses Problem plant man in Russland dadurch zu lösen, dass eine Fabrik zur Meerwasserentsalzung errichtet wird, eine Wasserpipeline aus der Krasnodar-Region gebaut wird und Auffangbehälter auf der Taman-Halbinsel geschaffen werden.


Entwicklungscluster Logistik und Transport

Und schließlich ist seinem Entwicklungspotenzial nach der dritte Bereich der des Transportwesens und der Logistik. Gortschakow zufolge macht das Transportwesen derzeit lediglich zehn Prozent der Wirtschaft der Region aus. Den größten Anteil daran haben die vier Handelshäfen in Jewpatorija, Jalta, Feodisija und Kertsch. „Langfristig kann eine Beteiligung von großen russischen und quasi-staatlichen Investoren möglich sein. Einen Anreiz dafür kann die Errichtung einer Sonderwirtschaftszone für Häfen in der Republik sein“, betont der Vertreter von Expert RA.

Der Experte schätzt, dass in erster Linie die russischen Investitionen staatlich sein würden und auf den Militär- und Industriebereich abzielten:

Auf der Halbinsel werde aller Wahrscheinlichkeit nach eine große Militärbasis errichtet. Was das Handelspotenzial anbelangt, so sei die Abnutzung der Infrastruktur in den Häfen der Krim wesentlich höher als in großen russischen Schwarzmeerhäfen. In ihre Erneuerung könnten Firmen investieren, die sich von dem Potenzial der Region angezogen fühlen, beispielsweise große Logistikbetreiber, deren Liste von Fesco angeführt wird. Doch dafür müsste man die Nachfrageseite klären. Bisher importierte und exportierte nur die Ukraine Waren über die Häfen der Krim, erinnert Gortschakow.

Wie Sergej Chestanow, leitender Direktor des Konzerns Alor betont, werde die Region auf eine neue Entwicklungsstufe übergehen, sobald sich die Frage nach der Infrastruktur geklärt hat. Seinen Berechnungen zufolge kann eine Amortisation der Region bereits nach drei bis fünf Jahren möglich sein. Was Investoren anbelangt, so würden nach staatlichen Firmen private folgen und in weit entfernter Zukunft werde – nach einer internationalen Klärung des Status der Krim – auch ausländisches Kapital eingebracht, ist der Experte überzeugt.

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