Katja Truschewa (vorne, rechts) auf dem Mond-Buggy. Foto aus dem persönlichen Archiv
Katja Truschewa, eine 13-jährige Schülerin aus Moskau, hat mit einem selbst entwickelten Modell eines Flugkörpers für die Raumfahrt an der Internationalen Luftfahrtausstellung MAKS-2013 teilgenommen. Das Raumfahrzeug ist so konstruiert, dass es das unserer Sonne nächstgelegene Sternensystem Alpha Centauri innerhalb von 42 000 anstatt den bislang veranschlagten 50 000 Jahren erreichen kann. Auf Katjas Projekt aufmerksam wurde der Leiter des International Space Education Institute in Deutschland Ralf Heckel. Danach begannen sich auch die Mitarbeiter der NASA, für die Erfindung der Schülerin zu interessieren. Die Dreizehnjährige tritt nun mit einem russischen Team bei der „NASA Human Exploration Rover Challenge 2014“ in den USA an, einem internationalen Nachwuchswettbewerb für Raumfahrttechnik.
Not macht erfinderisch
Als sie in die fünfte Klasse ging, habe Katja den Einfall gehabt, ein Raumfahrzeug zu konstruieren, erzählte Katjas Mutter Olga Truschewa auf der Pressekonferenz zum Abschluss der internationalen Luftausstellung MAKS-2013. Im Sachunterricht habe sie gelernt, dass sich in einigen Milliarden Jahren die Sonne wie alle Sterne in einen großen Feuerball verwandeln werde, der so groß sein könnte wie unsere Milchstraße. „Was wird aus den Menschen, Tieren und allem, was auf unserem Planeten lebt?“, habe ihre Tochter gefragt und gemeint, die Lebewesen müssten bald gerettet werden. So entstand aus dem Wunsch nach der Rettung aller Lebewesen die Idee, Raumfahrzeuge zu entwickeln – Flugkörper für die Galaxie mit dem Namen „Semlja“, zu Deutsch „Erde“.
„Ich halte mein Projekt für realisierbar. Es fließt eine Menge Geld in die
Raumfahrt – und sehr viel Treibstoff. Ich dagegen habe ein Raumfahrzeug entwickelt, dass ganz ohne Treibstoff von der Erde auskommt“, erklärte Katja auf der Pressekonferenz.
Bislang existiert der Flugkörper nur als Prototyp und misst ganze 95 х 65 х 45 Zentimeter, also gerade mal ein Tausendstel des konstruierten Raumfahrzeugs. Alle Berechnungen und Technologien, die die Schülerin in ihrem Projekt verwendet hat, stützen sich auf Ergebnisse der Grundlagenforschung. Der Entwicklungsstand der Technik erlaubt es allerdings derzeit nicht, alle entwickelten Details zu realisieren.
Montage und Start
Plangemäß soll der Flugkörper auf einer erdnahen Umlaufbahn montiert werden. Das Raumfahrzeug wird mit einem sogenannten Materiesammler, der Materie in Energie umwandelt, mit magnetisch und elektrisch fokussierenden Systemen, thermonuklearem Antrieb mit elektromagnetischem Laufwerk, Photonenmotor mit Elektronenspiegel, einem Elektronenbeschleunigungssystem und einem Komplex unterstützender Bordsysteme ausgestattet. Starten soll der Flugkörper von der Erdbahn.
Das Gehäuse des Flugkörpers
Das Gehäuse des Flugkörpers wird aus leichten Verbundstoffen wie Kohlenstofffasern gebaut. Schwere Metalle kommen nur im System des Strahlenschutzes zum Einsatz, also bei den Leichtmetallen der Konstruktionselemente, die unter besonderer Spannung stehen. Einige Teile des Flugkörpers sollen aus Wellpappe gefertigt werden, das Material für die Herstellung wird direkt aus dem All gewonnen. Es reichen einige passende Kometen, um aus dem Stoff die erforderliche Menge an Material im All zu erzeugen, erläuterte die junge Forscherin.
Mit welcher Fluggeschwindigkeit ist zu rechnen?
Das Raumfahrzeug soll eine Ultrahochgeschwindigkeit von etwa 30 000 Kilometer pro Sekunde erreichen und übersteigt damit die Fluggeschwindigkeit heutiger Raketen. Die schnellsten Raumfahrzeuge fliegen derzeit mit einer Geschwindigkeit von lediglich 15 000 Kilometern pro Sekunde. Nach vorläufigen Berechnungen wird die Flugdauer bis zum Alpha Centauri 40 bis 50 Jahre betragen.
Energie aus dem All
Das größte Problem des Flugs ist die Frage der Energieversorgung, da der Flugkörper Semlja keine Energieträger mit ins All führen soll. Um in der Luft zu bleiben, wird Semlja die Umwelt nutzen, wodurch sich die Gesamtmasse verringert. Dadurch ist der Flugkörper in der Lage, seine Höchstgeschwindigkeiten zu erreichen. Interstellare Materie, die zu 70 Prozent aus Wasserstoff besteht, wird mit einem speziellen magnetischen Fangtrichter aufgefangen. In dem Trichter wird die Materie verdichtet, durch thermonukleare Reaktion erhitzt, beschleunigt und erneut in den interstellaren Raum entlassen.
We can win the Race
Katja Truschewa und die anderen Teilnehmer des internationalen
Wettbewerbs „NASA Human Exploration Rover Challenge“ werden am 5. April im Space & Rocket Center in den USA eintreffen. Im russischen Team treten neben der 13-jährigen Schülerin auch die beiden 17-Jährigen Wadim Korsunow und Denis Sucharew an. Die ersten Tage werden sie sich dem Bau ihres Moonbuggys widmen, einem Weltraumfahrzeug, das für die Fortbewegung auf jeden beliebigen Planeten geeignet ist. Darüber hinaus werden sie ein spezielles Training absolvieren. Vom 10. bis 14. April finden dann Wettrennen zwischen den Teams in ihren Moonbuggys statt. Die übrigen Tage werden die Teilnehmer auf die Demontage des Raumfahrzeugs verwenden.
Die „Human Exploration Rover Challenge“, ehemals „Moonbuggy Race“, ist ein internationaler Wettkampf zwischen jungen Ingenieuren und Forschern, die in der Konstruktion von Raumfahrzeugen besondere Leistungen erbracht haben. Er findet seit 1994 jährlich statt. Russland nimmt traditionell eine führende Position in diesem Wettkampf ein. Im Jahr 2011 erreichte das russische Team von Studenten des Moskauer Staatlichen Luftfahrtinstituts den ersten Platz in der Kategorie „International Award“.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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