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Die Telekommunikationssatelliten Luxemburgs, der Türkei und Großbritanniens, deren Starts für den Sommer dieses Jahres geplant waren, werden eher nicht mithilfe der russischen Proton-М-Trägerrakete in die Erdumlaufbahn geschossen werden. Schuld sind verschärfte Sanktionen der USA und der Europäische Union gegenüber Russland.
Die Sanktionen erstrecken sich ebenfalls auf jene Unternehmen, die beabsichtigen, den Weltraumbahnhof Baikonur zu nutzen. Beispielsweise wird die als amerikanisch-russische Joint Venture gegründete Firma ILS (International Launch Services), welche nun gänzlich dem Chrunitschew-
Raumfahrtzentrum gehört, weniger Aufträge aus dem Westen erhalten. Bisher wurden viele Satelliten mit russischen Proton-, Sojus- und Dnepr-Raketen in den Orbit befördert. Für das Jahr 2014 sind nach Angaben von Roskosmos, der Raumfahrtbehörde der Russischen Föderation, noch acht Starts für ausländische Auftraggeber geplant. Der Preis des Starts einer Proton-М-Rakete beträgt zwischen 60 und 75 Millionen Euro und daher könnten sich die finanziellen Einbußen für Russland als sehr schmerzhaft erweisen.
Das Chrunitschew-Raumfahrtzentrum hofft weiterhin, sein kommerzielles Raketenstart-Programm mittels ILS im vollen Umfange erfüllen zu können. „ILS ist ein Unternehmen, das weltweit die Flüge der Proton-Trägerraketen arrangiert. Die Mehrheit der Aktien dieses Unternehmens liegt bei uns, wir verfügen über alle notwendigen Lizenzen des US-Außenministeriums zur Beförderung amerikanischer und europäischer Weltraumfracht. Diese Genehmigungen beziehen sich auch auf Kontrakte, die bis zum Jahr 2015 Starts mithilfe von Proton-Trägerraketen vorsehen“, erklärte der Unternehmensvertreter Alexander Borbenjew gegenüber RBTH.
Das Schicksal der Kooperation ist auch Thema in Südamerika
Gegenwärtig lässt sich es nur schwer einschätzen, ob die Länder der Europäischen Union der Anweisung der USA über die vollständige Einstellung der Starts mithilfe russischer Trägerraketen nachkommen werden. Der Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) Jean-Jacques Dordain erklärte diesbezüglich, dass die Länder
Europas nicht vorhätten, die Zusammenarbeit mit Russland auf dem Gebiet der Weltraumfahrt wegen des aktuellen Konfliktes in der Ukraine einzustellen: „Nicht eine einzige Regierung der zwanzig ESA-Teilnehmerstaaten, die nahezu auch alle Nato-Mitglieder sind, und kein einziger der 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben bisher davon gesprochen, dass Europa irgendeines seiner vielen Projekte mit Russland auf den Gebieten der Weltraumforschung und der Raumfahrt einstellen werde“, berichtete Dordain.
Die Abhängigkeit der Staaten der Europäischen Union von Russland in Bezug auf die Nutzung des Weltraums ist größer als die der USA. Russland realisiert zusammen mit Frankreich ein umfangreiches Gemeinschaftsprojekt: 2003 hatten Russland und Frankreich die Verwendung der russischen Sojus-Trägerraketen für den Fracht-Transport in die Erdumlaufbahn vom Raumfahrtzentrum Kourou vereinbart. Der Weltraumbahnhof befindet sich in Französisch-Guayana, ungefähr 500 km nördlich vom Äquator. Die geografische Lage Kourous lässt es zu einem idealen Abschussort für Trägerraketen werden. Die Nähe zum Äquator gestattet es, die Laufbahn des Trägersystems nur geringfügig zu korrigieren, was zu einer spürbaren Kosteneinsparung führt. Frankreich baute die für das Raumfahrtzentrum notwendige Infrastruktur, darunter auch eine neue Startrampe, und die russische Seite entwickelte extra für dieses Projekt die neue Trägerrakete Sojus-ST.
Der erste Start einer Sojus-ST-Trägerrakete mit zwei europäischen Satelliten des Typs Galileo fand im Oktober 2011 statt. In den vergangenen drei Jahren wurden vom Raumfahrtzentrum Kourou sieben weitere erfolgreiche Starts absolviert. Am 4. April dieses Jahres brachte eine Sojus-
ST den europäischen Geofernerkundungssatelliten Sentinel-1A in die Erdumlaufbahn. Dessen Daten sollen für die die globale Umwelt- und Verkehrsüberwachung sowie die Klimafolgenforschung genutzt werden. Kurze Zeit später unterzeichnete einer der weltweit größten Betreiber von Trägerraketen, das Unternehmen Arianespace mit Roskosmos einen bis 2019 laufenden Liefervertrag. Die Raumfahrtbehörde der Russischen Föderation liefert sieben russische Trägerraketen vom Typ Sojus-ST an Arianespace, einem Unternehmen, welches mit 23 Anteilseignern aus zehn europäischen Ländern europaweit vernetzt ist.
Das weitere Schicksal des Gemeinschaftsprojekts in Südamerika zwischen Russland und der Europäischen Union wird allerdings in erster Linie vom politischen Willen der Europäer abhängen.
Gegenwärtig bieten auf dem Weltmarkt vier Konsortien Dienstleitungen an, die es ermöglichen, Satelliten und größeres Equipment auf eine geostationäre Erdumlaufbahn zu transportieren: ILS International Launch Services mit Proton-М-Raketen, das europäische Unternehmen Arianespace Ariane-5-Rakten, das internationale Konsortium Sea Launch, das Raketenstarts von einer umgebauten Ölbohrplattform in Äquatornähe vermarktet und das US-amerikanische Privatunternehmen Space X mit Raketen des Typs Falcon.
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