Russland verliert teuren Satelliten

Nach dem Absturz einer Proton-Rakete wird nach der Unfallursache ermittelt. Foto: ITAR-TASS

Nach dem Absturz einer Proton-Rakete wird nach der Unfallursache ermittelt. Foto: ITAR-TASS

Eine Proton-M-Rakete, die den 200 Millionen Euro teuren Telekommunikationssatelliten „Express-AM4R“ in die Erdumlaufbahn bringen sollte, ist in der Nacht zum Freitag abgestürzt. Alle Starts wurden auf unbestimmte Zeit verschoben.

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag ging der 200 Millionen Euro teure Satellit „Express-AM4R" verloren. Eine Proton-Rakete hätte ihn in die Erdumlaufbahn bringen sollen, stürzte jedoch zehn Minuten nach dem Start ab.

„Während des Einschusses in die Umlaufbahn, also der Phase der dritten Brennstufe, gab es eine nicht planmäßige Situation; unser Satellit ‚Express-AM4R' konnte nicht wie vorgesehen in die Umlaufbahn gebracht werden", erklärte Roskosmos in einem offiziellen Schreiben. „Im Moment werten Vertreter der Staatskommission die telemetrischen Daten aus und versuchen, die Gründe für die Fehlfunktion festzustellen."

Der Satellit „Express-AM4R" mit einem Gewicht von 5,7 Tonnen wurde von der europäischen Gesellschaft EADS Astrium im Auftrag der russischen FGUP „Kosmitscheskaja swjas" hergestellt und war für die Rundfunkübertragung, den Internetzugang und Telefonie bestimmt. Er war als drittes Gerät der „Express"-Serie vorgesehen, die 2014 gestartet wurde. Die Arbeitszeit des Weltraumkörpers war auf 15 Jahre ausgelegt. Die Kosten des verlorenen „Express-AM4P" übersteigen 21 Millionen Euro. Der Satellit war mit 164 Millionen Euro versichert, wie Interfax meldet.

Bis zur Beendigung der Arbeit der Untersuchungskommission werden keine Starts der Raketen vom Typ Proton-M stattfinden, sagte ein Vertreter von Roskosmos gegenüber der Nachrichtenagentur RIA Novosti. Das Staatliche M.W. Chrunitschew Raum-Forschungs- und Produktionszentrums (GKNPZ), das die Proton-Raketen konstruiert und ihren Start koordiniert, stand für einen Kommentar nicht zur Verfügung.

So wurde auch der für den 15. Juli geplante Start der Trägerrakete mit dem russischen Satelliten „Express-AM6" auf ungewisse Zeit verschoben. Die Trägerraketen vom Typ Proton-M sollten 2014 außerdem bis zu sechs Starts ausländische Telekommunikationssatelliten in die Erdumlaufbahn bringen: Turksat 4A, Inmarsat 5 F2, Turksat 4B, Astra 2G, MexSat-1, Inmarsat 5 F3. Ein alternatives Raketensystem wurde bislang noch nicht gefunden. Aus Roskosmos-Kreisen verlautete es gegenüber RBTH, dass kommerzielle Kunden entweder die Fertigstellung der Analysen abwarten oder ausländische Satellitenstart-Anbieter beauftragen müssen.

 

Nachfolge-Rakete scheint gefunden

Auf dem Weltmarkt gibt es heute keine realistische Alternative für die Proton-M-Raketen aus Russland. Die neueste Trägerrakete vom Typ Angara könnte die Proton-Baureihe ersetzen, sie durchläuft jedoch derzeit erst ihre Testflüge. Der erste ordentliche Testflug ins All ist für Juni 2014 angesetzt. Kommerzielle Starts werden daher nicht in absehbarer Zeit mit

der Angara-Rakete stattfinden. Der einzige Ausweg sei, die Proton-Rakete zu verbessern, so der Roskosmos-Experte.

Russland hat noch die Trägerrakete vom Typ Sojus in der Reserve, doch diese verfügen über deutlich weniger Leistungsstärke, da mit den Proton-Systemen gleichzeitig mehrere Satelliten in die Umlaufbahn gebracht werden können. Die Verwendung von Sojus-Raketen würde die Anzahl der Starts deutlich anheben, damit die vertraglich vereinbarten Weltraumtransporte eingehalten werden.

Der „Express-AM4R" ist nunmehr der zwölfte Satellit, der seit 2010 beim Eintritt in die Umlaufbahn mit einer Proton-M-Trägerrakete verloren wurde. Wie Itar-Tass meldet, waren die meisten der Satelliten wegen eines nicht-ordnungsgemäßen Funktionierens der Beschleunigungsstufen „Bris-M" und „DM-03" verloren gegangen. Die Trägerrakete selbst war nur in einem der Fälle die Unfallursache: Dieser Fall ereignete sich vor ungefähr einem Jahr, das Problem trat direkt nach dem Start auf und die Trägerrakete stürzte zusammen mit dem Satelliten in einer Entfernung von 2,5 Kilometer vom Startkomplex ab.

Die schwere Trägerrakete „Proton-M" ist für den Start von automatisierten Satelliten in die Erdlaufbahn und in den Weltraum konzipiert. Die Rakete wurde vom M.W. Chrunitschew Raum-Forschungs- und Produktionszentrums (GKNPZ) entwickelt und wird für den Start von russischen und ausländischen kommerziellen Weltraumkörpern verwendet.

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