Erfolgreich in Russland: So schafften es die Dax-Konzerne

Das Adidas-Laden im Warenhaus "GUM" in Moskau. Foto: Photoshot

Das Adidas-Laden im Warenhaus "GUM" in Moskau. Foto: Photoshot

Henkel, Volkswagen und Adidas haben ein profitables Geschäft in Russland aufgebaut. Doch nun müssen sie sich Sorgen machen, denn die Ukraine-Krise und die schwächelnde Wirtschaft könnten sich negativ auf die Gewinne auswirken.

Russlands Wirtschaft steht derzeit so stark wie lange nicht mehr im Fokus der internationalen Aufmerksamkeit. In der Wirtschaft kriselt es, der Rubel ist schwach. Auch die Ukraine-Krise und die damit einhergehenden Sanktionen sorgen für Unsicherheit.

Viele Dax-Konzerne haben ihre Position auf dem russischen Markt über Jahrzehnte aufgebaut und fürchten nun um ihre Gewinne. Henkel, Adidas und Volkswagen gehören zu den Unternehmen, denen das Russlandgeschäft besonders wichtig ist.

 

Henkel

Als sich der Chemiekonzern Henkel nach Russland traute, wehte über dem Kreml noch die rote Sowjetfahne. Im ganzen Land herrschte eine Mischung aus Aufbruch ins Ungewisse und Angst vorm Niedergang des alten Systems. Der Vorbote der westlichen Konsumgesellschaft McDonald’s machte gerade seine erste Moskau-Filiale auf, vor der sich sogleich kilometerlange Schlangen bildeten, während in den Lebensmitteläden schon das Nötigste knapp wurde.

1990 stieg der Konzern aus Deutschland beim örtlichen Chemiekombinat in

Engels, der ehemaligen Hauptstadt der Wolgadeutschen unweit von Saratow, ein. Das Joint Venture trug den Namen „Sovhenk“ und war eines von 760 Gemeinschaftsunternehmen, die im Jahr 1990 gegründet wurden. Das Volumen an jährlichen Auslandsinvestitionen in die Sowjetunion war mit etwa 620 Millionen Euro mehr als bescheiden. Zumal 90 Prozent der Unternehmen nur auf dem Papier bestanden.

Bei Henkel war das anders. Die Fabrik in Engels, die größtenteils Wasch- und Reinigungsmittel herstellte, wurde stark modernisiert. Drei Jahre später stieg man beim russischen Kleberhersteller Era ein, dessen Markenname „Moment“ in Russland ein Synonym für Kraftkleber ist. Später kamen mit der russischen Tochter der Schwarzkopf & Henkel GmbH noch die Kosmetiksparte hinzu. Mittlerweile beschäftigt Henkel 2 500 Mitarbeiter in Russland und produziert in acht Fabriken, die sich auf verschiedene

Regionen des Landes verteilen. Erst im vergangenen Jahr investierten die Deutschen 16 Millionen Euro in eine neue Klebstofffabrik in Südrussland. Mittlerweile setzt Henkel in Russland rund eine Milliarde Euro um, etwa 6,5 Prozent vom Gesamtumsatz. Für das Unternehmen ist Russland der viertgrößte Absatzmarkt.

Im ersten Quartal hatte das Unternehmen trotz der russisch-ukrainischen Krise und einer schwächelnden Konjunktur in Russland seinen Umsatz leicht steigern können. Dennoch dürften der schwächere Rubel und Gespräche um weitere Sanktionen der Unternehmensführung in Düsseldorf Sorgen bereiten.

 

Volkswagen

Russen sollen ja bekanntlich auf Luxus stehen, auch bei den Autos. Die Innenstädte der Metropolen, wie Moskau, Sankt-Petersburg oder Jekaterinburg, scheinen vollgestopft mit großen Geländewagen und dunklen Limousinen zu sein. Dabei ist es der Volkswagen-Konzern, der bei den deutschen Autoherstellern in Russland den Ton angibt.

6,5 Milliarden Euro setzten die Wolfsburger in Russland im vergangenen Jahr um. Das ist anderthalb Mal so viel, wie der Umsatz von BMW und Daimler zusammengenommen. Damit ist VW der Top-Verdiener in

Russland, verglichen mit allen anderen deutschen Konzernen. Wie wichtig der russische Markt für die Niedersachsen ist, zeigt auch das Engagement des Herstellers. Volkswagen ist Sponsor der russischen Nationalmannschaft im Fußball und trat vor einigen Monaten auch als einziger nicht-russischer Partner des Nationalen Olympischen Komitees Russlands bei den Winterspielen in Sotschi auf.

Ein Grund für den Erfolg von VW sind die frühen Investitionen in die eigene Produktion in Russland. Bereits 2006 investierte der Konzern rund 500 Millionen Euro in eigene Montagewerke. Mit der Zeit verlagerten die Wolfsburger weitere Arbeitschritte nach Russland. Jeden Monat verkauft Volkswagen etwa 6 000 Autos des speziell auf Russland abgestimmten VW Polo Stufenheck, der in Deutschland nicht verkauft wird. Insgesamt liegt die Volkswagen-Gruppe mit knapp 25 000 verkauften Fahrzeugen im Monat auf Platz zwei hinter dem Lada-Partner Renault-Nissan.

2011 startete VW zudem mit der Montage von Skoda-Fahrzeugen auf dem Werksgelände des einstigen Wolga-Hersteller GAZ. Im vergangenen Jahr wurden weit mehr als die Hälfte der verkauften Autos des Konzerns in Russland hergestellt.

Ganz freiwillig ist der Einsatz jedoch nicht. Eines der Argumente für die

eigene Fertigung sind die Schutzzölle mit denen Russland ausländische Autos belegt, um den letzten verbliebenen Hersteller Lada zu schützen. Nur wer 60 Prozent der Teile in Russland herstellt, kann die übrigen Komponenten zollfrei einführen. Zudem muss die Produktion auf 300 000 Fahrzeuge jährlich hochgeschraubt werden. VW plant daher, trotz des Einbruchs des russischen Automarktes im Frühjahr um vier Prozent, bis 2018 weitere 1,2 Milliarden Euro zu investieren. Die gesamten Investitionen werden sich dann auf 2,5 Milliarden Euro belaufen.

 

Adidas

Kürzlich machte ausgerechnet der langjährige Kommunisten-Chef in Russland, Gennadij Sjuganow, unfreiwillig Werbung für den deutschen Sportartikelhersteller. Beim inoffiziellen Tag der Pioniere, der durch die Kommunisten wiederbelebten Pfadfinderorganisation der UdSSR, tauchte Sjuganow im roten Adidas-Sportkostüm auf. Binnen weniger Stunden breitete sich im Internet viel Spott darüber aus. Nicht nur, dass der Politiker ganz im Stil der „wilden Neunziger“ schwarze Lederschuhe zur Trainingskluft trug. Viele erinnerten auch an einen alten Spruch aus Zeiten des Eisernen Vorhangs: „Wer Adidas trägt, würde auch seine Heimat verkaufen.“

Der Spruch, der sich auf Russisch reimt, zeugt allerdings nicht von einer Abneigung der Russen gegenüber Adidas, sondern eher von der Popularität der Firma. Vor allem die Olympischen Spiele 1980 in Moskau machten den deutschen Hersteller bekannt. Weil es der kommunistischen Planwirtschaft nicht gelang ähnlich gute Sportkleidung für die eigenen Athleten herzustellen, schloss das Komitee für physische Kultur und Sport einen Liefervertrag mit Adidas ab.

Für den gewöhnlichen Sowjetbürger produzierte ab 1979 eine Fabrik in Moskau mit einer Lizenz Adidas-Schuhe. Später folgten Betriebe in Kiew, Tiflis und Jerewan. So avancierte die Marke mit den drei Streifen in Russland zum Inbegriff von hochwertigem Sportinventar. Später galten Adidas-Anzüge eine Zeit lang sogar als schicke Garderobe für diejenigen, die es sich leisten können.

 Mittlerweile wird nicht mehr in Russland produziert. Als Absatzmarkt ist das Land dennoch immens wichtig für das Unternehmen. Nach eigenen Angaben sieht sich Adidas mit einem Umsatz von 1,1 Milliarden Euro als

Marktführer im Land vor der Konkurrenz von Nike. Angesichts eines Anteils am Gesamtumsatz von 7,4 Prozent, der auf das Russlandgeschäft entfällt, bereitet nun die Krise um die Ukraine einiges Kopfzerbrechen. „Wir müssen auf Russland zugehen“, sagte Adidas-Chef Herbert Hainer kürzlich der „Süddeutschen Zeitung“ mit Blick auf die EU-Diplomatie. Auch der schwache Rubel sei ein Problem. Vor Konkurrenz muss sich Adidas indes kaum fürchten. So rechtfertigte sich der Kommunisten-Chef Sjuganow vor Journalisten, dass er zwar gerne auch einen russischen Sportanzug getragen hätte. Leider gebe es da aber nichts von vergleichbarer Qualität.

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