Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg: Nur Metro schickt erste Garde

Foto: ITAR-TASS

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Während viele deutsche Unternehmensführer ihre Teilnahme am Wirtschaftsforum in St. Petersburg abgesagt hatten, waren die Franzosen und die Asiaten stark vertreten. Gibt es beim russischen „Davos“ eine „Wachablösung“?

In diesem Jahr, früher als sonst, fand das St. Petersburger Internationale Wirtschaftsforum im Mai statt. 5.500 Teilnehmer, zumeist hochkarätige Wirtschaftslenker, trafen  sich und tauschten sich aus. Das Forum hat sich in den letzten Jahren unter der Leitung von Sergey Belyakow, dem stellvertretenden Minister für Entwicklung und seinem Team zum russischen „Davos“ entwickelt.

In diesem Jahr  waren zahlreiche Vorstandsvorsitzende führender deutscher Unternehmen auf Bitte des Kanzleramtes, wie allenthalben vermutet wird, zu Hause geblieben. Auch ARD und ZDF haben nicht aus Petersburg berichtet. 

Im Unterschied zu den vergangenen Jahren war auch der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland von Fritsch nicht der Einladung gefolgt. Der Botschafter der Europäischen Union, Vygaudas Ušackas, hingegen besuchte die Veranstaltung.

Als einziger Vorstandsvorsitzender eines deutschen Unternehmens war Olaf Koch von der Metro-Gruppe angereist. Andere Unternehmen wie Siemens, EON oder BASF hatten Bereichsvorstände entsandt oder gleich Ihre Ländervertreter. Anwesend waren Verbandsvertreter, wie Eckhard Cordes, der Vorsitzende des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft und sein Vorgänger Klaus Mangold. Auch der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder wurde gesichtet.

Der teilweisen deutschen Abwesenheit stand eine massive Präsenz der französischen Industrie gegenüber. Neben dem Pavillon von Mercedes, dem Lieferanten für den Fuhrpark, stand ein hoher gläserner Pavillon von Danone. Vertreter des französischen Lebensmittelkonzerns wollen auch in den russischen Hotelmarkt investieren: „Wir haben in unseren weltweiten Aktivitäten bereits weitaus schwerere Krisen erlebt. Unsere Herangehensweise ist langfristig”, stellte Laurent Sacchi, der aus Paris angereiste Kommunikationschef des Unternehmens, die Situation dar. Auch der Ölmulti Total unterzeichnete in Sankt Petersburg neue Verträge.

Von Sanktionen halten die deutschen Wirtschaftsvertreter nichts. Es sei der falsche Weg wird hinter vorgehaltener Hand erklärt. Man würde sich selbst am meisten schaden. Die Sanktionen würden auf die deutsche Industrie zurückfallen, andere Wettbewerber auch aus der Eurozone stünden schon bereit.

Das Geschäft in Russland ist für deutsche Unternehmen wichtig. Insbesondere die Großen, wie Metro, Siemens, Daimler, Volkswagen, EON und Wintershall aber auch viele Mittelständler wie Knauf und Claas machen in Russland seit vielen Jahren gute Geschäfte. Im Vergleich zu Europa und Nordamerika sind die Gewinnmargen groß. Einige deutsche Unternehmen erwirtschaften laut eigenen Angaben 20 Prozent ihres Umsatzes in Russland, aber 30 Prozent vom globalen Gewinn.

Deutlich machen die Veranstalter des Forums klar, dass die Märkte Asiens und Südamerikas für Russland interessantes Potenzial bieten, gerade wenn der Westen sich abwendet. Chinas Vizepräsident Li Yuanchao wurde dann auch von einer starken Wirtschaftsdelegation begleitet.

Stolz rauschte Gazprom-Chef Alexej Miller, begleitet von Kofferträgern und Sicherheitspersonal, über die gepflasterten Wege. Der gerade abgeschlossene 400-Milliarden-Dollar-Gasdeal mit China eröffnet für Russland innerhalb der nächsten fünf Jahre neue Perspektiven. 50 Milliarden Dollar werden Russen, 20 Milliarden  die Chinesen in den Aufbau der Infrastruktur investieren. Ab 2018 soll das Gas nach China fließen. Auch mit Südkorea werden seit langem Gespräche geführt. 

Sanktionen der EU und der Vereinigen Staaten schaden dem Warenaustausch und der Entwicklung Russlands. „Die Sanktionen schmerzen“ gab Wladimir Putin in seiner Rede vor der Vollversammlung des Forums zu, aber er machte auch klar, dass sich Russland in seinem Handeln im Recht sieht.

Was beim diesjährigen Forum fehlte, waren wirklich neue Impulse beispielsweise für die Entwicklung der mittelständischen Wirtschaft oder in der Bildungspolitik. Zu sehr setzt das Riesenreich auf Großprojekte. Alle Projekte, die nicht mindestens zehn Millionen Dollar Umfang haben, werden höchstens höflich belächelt. Dabei ist der Aufbau einer vielfältigen Wirtschaft von unten wichtig für die nachhaltige Entwicklung des Landes. 

Ebenfalls offen bleibt die Antwort auf die Frage, ob im nächsten Jahr die zahlreichen westlichen Partner und Sponsoren der Veranstaltung, wie Mercedes, Coca Cola, Pepsi, Goldman Sachs, Citibank, PWC oder KPMG noch in St. Petersburg vertreten sein werden oder ob neue Namen wie Samsung, HTC, Sinopec oder Haier die Rolle der Unterstützer übernehmen. Ein neues Konferenzgelände ist jedenfalls schon im Bau.

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