Verhandlungen in St. Petersburg und Entschärfungen im Gesetzentwurf zu den Nationalen Zahlungssystemen machten eine Einigung zwischen Russland und den amerikanischen Zahlungsystemen möglich. Foto: PhotoXPress
Einer der großen Erfolge des St. Petersburger Wirtschaftsforums waren die erfolgreichen Gespräche zwischen der russischen Regierung und den Vertretern von Visa und MasterCard. Fest steht, dass die beiden Zahlungssysteme auch Zukunft in Russland verbleiben. Die Einzelheiten dafür müssen jedoch noch weiter ausgehandelt werden.
Die Verhandlungen führten von russischer Seite Vizepremier Igor Schuwalow und Finanzminister Anton Siluanow. Visa wurde von Kamran Siddiqi, Generalmanager für Zentral- und Osteuropa, den Nahen Osten und Afrika vertreten. Seitens MasterCard führte die Gespräche Bella Stavchansky, Leiterin der Abteilung für europäische Märkte.
„Die in St. Petersburg geführten Verhandlungen zwischen den Vertretern der Kreditkartengesellschaften und der russischen Regierung waren erfolgreich. Es wurde die Grundsatzentscheidung über den Verbleib in Russland getroffen und es wurden Rahmenbedingungen geschaffen, dank derer die Arbeit von Visa und MasterCard in diesem Markt fortgesetzt werden kann", bewertet Anton Saroko, Analytiker der Investmentgesellschaft FINAM, die Ergebnisse von St. Petersburg. Diese Entwicklung sei jedoch vorauszusehen gewesen, hatte der Gesetzgeber doch vor einigen Tagen die Forderungen gegenüber den Zahlungssystemen abgeschwächt, ergänzt Saroko.
Laut dem neuen Gesetz über Kreditkarten in seiner ursprünglichen Fassung hätten die Zahlungssysteme ein Viertel ihres in Russland erzielten Tagesumsatzes als Kaution und Garantie für die Erfüllung der Verpflichtungen bei der Notenbank hinterlegen müssen. Würde der Zahlungsdienst für Kunden russischer Geldinstitute wieder einmal eingestellt werden, drohte Russland, zehn Prozent der Kaution zu beschlagnahmen. Mit dieser Regelung wollte die russische Regierung auf die Sperrungen von Kreditkarten, die von russischen Banken ausgestellt wurden, die in die US-Sanktionsliste aufgenommen worden waren, reagieren.
Aufgrund dieses Gesetzentwurfes hatte Visa im Vorfeld des St. Petersburger Wirtschaftsforums damit gedroht, sich im Falle seines Inkrafttretens aus Russland zurückzuziehen. Visa-Generaldirektor Charles Scharf hatte auf einer Konferenz in Boston erklärt, dass das Zahlungssystem sich nicht den neuen Regeln beugen werde. Die Auflagen der russischen Regierung gingen weit über das hinaus, was man akzeptieren könne.
Nach Berechnungen der Investmentbank Morgan Stanley hätte MasterCard gemäß der neuen Regeln und in Anbetracht eines
Gesamtumsatzes seiner Kreditkarten in Russland von 1,6 Milliarden US-Dollar, etwa eine Milliarde US-Dollar in der Notenbank hinterlegen müssen. Bei Visa hätte es sich um eine Summe von 1,9 Milliarden US-Dollar gehandelt.
„Bereits im Vorfeld des St. Petersburger Wirtschaftsforums war darüber spekuliert worden, dass es Gespräche mit Vertretern der internationalen Kreditkartenfirmen geben werde. Es war durchgesickert, dass die Staatsduma das Gesetz über das Nationale Zahlungssystem abändern werde, um die Anforderungen an Visa und MasterCard zu senken und dass das Thema Kautionen vom Tisch sei", sagte der führende Analytiker von UFS IC, Aleksej Koslow. Laut dem Analytiker von „Investcafe", Michail Kusmin, sei die Festsetzung einer Kaution keine logische Entscheidung gewesen, weil die Sanktionen nicht von den internationalen Zahlungssystemen verhängt worden seien.
Visa und MasterCard gründen Tochterunternehmen in Russland
Wie der russische Finanzminister Anton Siluanow im Interview mit ITAR-TASS erklärte, sind Visa und MasterCard bereit, eigene Tochterunternehmen in Russland zu gründen. Diese Firmen würden in das nationale Zahlungssystem integriert, das auf der Grundlage der russischen Zentralbank entwickelt werde. Damit werden „alle Transaktionen innerhalb
des Landes und nicht außerhalb seiner Grenzen bearbeitet", so der Finanzminister. Auf diese Weise wäre eine Sperrung der Kreditkarten auf Forderung der amerikanischen Administration nicht möglich. Weitere Einzelheiten der Gespräche wurde nicht bekannt.
„Vielleicht werden später alle Transaktionen in Russland bearbeitet. Dieser Umstellungsprozess wird allerdings viel Zeit in Anspruch nehmen. Ich denke, dass in der heutigen Situation die Zahlungssysteme so wie bisher funktionieren und parallel dazu eigene Zahlungssysteme in Russland aufbauen sollten", sagte Michail Kusmin.
Die russischen Auflagen an die Kreditkartenbetreiber erinnern an jene Begrenzungen, auf die Visa und MasterCard in der Türkei und Belarus stoßen. In der Türkei arbeiten die Kartenanbieter mit einem Betreiber des nationalen Zahlungssystems zusammen, der alle inländischen Transaktionen bearbeitet. In Belarus werden alle Transaktionen auf dem Binnenmarkt durch das System „Belkart" abgewickelt. Nur wenn die Karte außerhalb des Landes verwendet wird, werden die Transaktionen von MasterCard selbst bearbeitet.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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