Russische Eisenbahn: Weichen stehen auf Expansion

Der Expansionsdrang der RZhD wird von einigen Experten kritisch bewertet. Nicht immer seien die Projekte auch verwirklicht worden - so wie in Libyen. Foto: ITAR-TASS

Der Expansionsdrang der RZhD wird von einigen Experten kritisch bewertet. Nicht immer seien die Projekte auch verwirklicht worden - so wie in Libyen. Foto: ITAR-TASS

Der russische Eisenbahnmonopolist Rossijskije zhelesnyje dorogi (RZhD) wird sich an Infrastrukturprojekten in Brasilien beteiligen. Dabei handelt es sich nicht um die erste Auslandsinvestition – die russischen Eisenbahner sind schon lange auf weltweitem Expansionskurs.

Das russische Schienenverkehrsunternehmen Rossijskije schelesnyje dorogi (RZhD) beteiligt sich in einer Arbeitsgemeinschaft mit einem brasilianischen Partner an einer Ausschreibung für den Ausbau eines Schienennetzes in Brasilien, melden russische Nachrichtenagenturen unter Verweis auf Alexander Mischarin, den Vize-Präsidenten der RZhD.

Das Projekt soll auf der Grundlage einer Konzession realisiert werden: 70 Prozent der Kosten übernimmt die Nationalbank, 30 Prozent der Mittel stellen die Konzessionäre bereit. Der Staat wird über ein eigens für diesen Zweck gegründetes Unternehmen sämtliche Beförderungsleistungen kaufen. Die RZhD wollen in Brasilien ein eigenes Büro eröffnen und danach Betreiber der Eisenbahn werden.

Die Zusammenarbeit der BRICS-Staaten erweise sich als sehr fruchtbar. „Russlands Ziel, sich in bilateralen Schienenverkehrsprojekten in Brasilien zu beteiligen, stößt dort auf sehr positive Resonanz“, erklärt Wladislaw Ginko, Dozent am Institut für natürliche Monopole an der Russischen Akademie für Volkswirtschaft. Das mögliche Engagement der RZhD in brasilianischen Eisenbahnprojekten sei nur eine von vielen vielversprechenden Perspektiven des russischen Unternehmens.

 

Weltweites Engagement

Ein anderes Ziel der internationalen Expansion könnten die Vereinigten Arabischen Emirate werden. Im Jahr 2016 soll hier eine Eisenbahnstrecke

entstehen, die die Hauptstadt Abu-Dhabi mit dem Emirat Dubai verbinden soll. Die RZhD planen eine Beteiligung an diesem Großvorhaben. Das russische Unternehmen hat außerdem die Teilnahme an einer Ausschreibung im Rahmen der Privatisierung der griechischen Eisenbahn und des Hafens von Thessaloniki beantragt. Das Interesse an solchen Investitionen erklären die RZhD mit ihrer Absicht, Verkehrskorridore zwischen der Europäischen Union und Asien zu bauen.

Diese Projekte seien Teil der Strategie der RZhD, ihre Auslandsinvestitionen auszubauen, sagt Wladislaw Ginko und berichtet über weitere geplante Projekte: „Das Unternehmen plant auch ein Engagement in einem Bahnelektrifizierungsvorhaben im Iran.“ Zudem hätten die RZhD bereits dem Rahmenkonzept für den Bau einer 180 Kilometer langen Eisenbahnstrecke in Vietnam zugestimmt. „Nordkorea zählt ebenfalls zu den Ländern, in denen die RZhD Potenziale für Investitionsprojekte sieht“, erläutert der Experte.

Die RZhD sind schon lange auf internationalem Expansionskurs. Ihre Tochtergesellschaft RZhD International ist auf  Planung, Management und die Umsetzung von Infrastrukturprojekten im Ausland spezialisiert. „Interesse am Ausbau der Kooperation mit unserem Unternehmen in diesem Bereich haben Vietnam, Ecuador, Brasilien, Oman, Äthiopien, Indien und Indonesien signalisiert“, sagte ein Pressesprecher von RZhD im Gespräch mit RBTH.

Umfangreiche Infrastrukturprojekte realisiert das russische Unternehmen derzeit auch in China und Serbien. In Nordkorea übernahmen russische Experten bereits im September des vergangenen Jahres den Wiederaufbau und die Inbetriebnahme eines Schienenabschnitts zwischen dem russischen Chassan und dem nordkoreanischen Rajin. Am 18. Juli 2014 fand die feierliche Eröffnung eines Frachtterminals im Hafen Rajin statt, dessen Bau ebenfalls aus Mitteln der russischen Partner realisiert wurde.

Seit 2008 managen die RZhD außerdem auf der Grundlage eines Konzessionsvertrags das Finanzportfolio der armenischen Eisenbahn. 2012 setzte das Unternehmen ein Elektrifizierungsprojekt an der Eisenbahnstrecke Tebriz-Azarshahr im Iran um. Der Konzern plant derzeit in Kooperation mit Australien, der Slowakei und der Ukraine einen neuen eurasischen Verkehrskorridor, der eine Verlängerung des Schienennetzes mit einer Spurbreite von 1 520 Millimetern von der slowakischen Stadt Košice nach Bratislava und die Gründung eines internationalen Logistikzentrums in der Region Wien-Bratislava vorsieht. „Die Umsetzung dieses Projekts wird die realen Lieferzeiten für Frachten aus Europa nach Asien auf 13 bis 14 Tage verkürzen, die Notwendigkeit eines Umladens der Frachten auf Übergabebahnhöfen beim Wechsel der Spurbreite in Europa wird dann entfallen“, erläuterte der Pressesprecher der RZhD.

Im Januar 2013 wurde in Moskau eine Vereinbarung über die Gewährung eines russischen staatlichen Exportkredits an die Republik Serbien

unterzeichnet, der die Modernisierung der serbischen Eisenbahn ermöglichen soll. Der Kredit beträgt rund 591 Millionen Euro, Serbien wird etwa 15 Prozent der Kosten übernehmen. Der Vertrag sieht ferner den Bau und die Elektrifizierung eines 15 Kilometer langen Streckenabschnitts der Eisenbahnverbindung von Belgrad und Pančevo, den Wiederaufbau von sechs Teilabschnitten eines paneuropäischen Korridors von insgesamt 112 Kilometern Länge und den Wiederaufbau des 200 Kilometer langen serbischen Teils der Eisenbahnstrecke Belgrad-Bar vor.

 

Nicht alle Projekte wurden realisiert

Der Expansionsdrang der RZhD wird von einigen Experten kritisch bewertet. Nicht immer seien die Projekte auch verwirklicht worden. „Die Russischen Eisenbahnen schlagen nicht das erste Mal den Weg einer internationalen Expansion und internationaler Großprojekte ein. In der Mehrzahl der Fälle waren diese Versuche nicht von Erfolg gekrönt“, mahnt Wassili Ucharski, Analytiker für Makroökonomie der Investmentgesellschaft UFS.

Der Experte weist daraufhin, dass das Unternehmen im Jahr 2008 einen Auftrag in Saudi-Arabien verloren habe, danach musste wegen der dortigen politischen Unruhen ein Projekt in Libyen eingefroren werden. Im Jahr 2011 wiederum annullierte die Staatliche Kommission für Auktionen von Algerien die Ergebnisse der Ausschreibung eines Vorstadtbahnprojekts der Stadt Algier, für die die RZhD den Zuschlag gewonnen hatten. Das Projekt war mit 810 Millionen Euro veranschlagt.

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