Sanktionen: Eine Chance für die russische Wirtschaft?

Der reichste Mann Russlands Alischer Usmanow kontrolliert Mobilfunkbetreiber Megafon sowie die nationale Suchmaschine Yandex. Foto: ITAR-TASS

Der reichste Mann Russlands Alischer Usmanow kontrolliert Mobilfunkbetreiber Megafon sowie die nationale Suchmaschine Yandex. Foto: ITAR-TASS

Russland drohen neue, harte Wirtschaftssanktionen durch den Westen, Investoren verhalten sich daher zurückhaltend. Die Sanktionen richten sich vor allem gegen Unternehmen mit staatlicher Beteiligung. Analysten sehen große Chancen für private russische Unternehmen, insbesondere aus der Konsumgüterindustrie und dem IT-Bereich.

Lange stand Russland den infolge der Ukraine-Krise verhängten Sanktionen durch den Westen gelassen gegenüber. Seit der dritten Sanktionsstufe, die auf russische Staatsbetriebe und Banken mit globaler Ausrichtung zielten, hat sich das Blatt gewendet. Zudem droht eine  Ausweitung der Sanktionen. Die US-amerikanische Großbank Morgan Stanley hat daher potenziellen Investoren in einer aktuellen Analyse zur Vorsicht geraten. Sanktionen träfen nicht nur die in den Sanktionslisten konkret aufgeführten Unternehmen, sondern hätten insgesamt Auswirkungen auf den entsprechenden Wirtschaftszweig.

Auch Wasilij Ucharskij, Analyst für Makroökonomie von UFS IC, mahnt, es sei davon auszugehen, dass eine Ausweitung der bestehenden

Wirtschaftssanktionen und eine mögliche Verschärfung des Konflikts im Südosten der Ukraine die Aussichten für die russische Wirtschaft kurz- und mittelfristig noch weiter verschlechtern werden.

Die Deutsche Bank kommt in einer eigenen Analyse zu dem Schluss, dass kurzfristig mit Auswirkungen auf die russischen Finanz- und Kohlenwasserstoffbetriebe zu rechnen sei. In der Folge stiegen der Kapitalabfluss und die Kreditkosten für russische Unternehmen. „De facto gab es bereits während der gesamten letzten Monate einen begrenzten Finanzierungsrahmen für bestimmte russische Betriebe, doch nach den neuen Sanktionen sind diese Beschränkungen auch juristisch verpflichtend“, heißt es in der Analyse. „Wenn die Kurse von Sberbank und Gazprom anfangen, zu fallen, zieht das auch die größten Privatunternehmen Russlands mit nach unten“, erklärt Anton Soroko, Analyst der Investmentholding Finam.

 

Perspektiven für die Privatwirtschaft

Für russische Privatunternehmen könnten sich jedoch ganz neue Perspektiven eröffnen. Die Deutsche Bank sieht zum Beispiel keine Risiken bei Investitionen in Privatunternehmen aus der Mineralöl- und Metallbranche. Konkret nennt die Deutsche Bank die Erdölgesellschaften Tatneft und Baschneft sowie den Metallproduktionsbetrieb Ewras. Hier lohne sich die Investition auch unter den Bedingungen der gegenwärtig angespannten Lage.

„Bereiche, in denen sich Investitionen auch ungeachtet der negativen Wirtschaftskonjunktur und der allgemeinen Verschlechterung des Geschäftsklimas lohnen, sind der Konsumgütersektor und die IT- und Telekommunikationsbranche“, sagt Timur Nigmatullin, Analyst bei Investcafé. Konkret nennt er den größten russischen Lebensmittelkonzern Magnit, den von Russlands reichstem Mann Alischer Usmanow kontrollierten Mobilfunkbetreiber Megafon sowie die nationale Suchmaschine Yandex, die Google auf dem russischen Markt abhängen konnte.

„Negative Folgen durch die Sanktionen kann man theoretisch vermeiden, wenn in private Unternehmen investiert wird, die so wenig wie möglich mit den Unternehmen auf der Sanktionsliste verbunden sind“, sagt Wasilij Ucharskij. Das Risiko, auf der Sanktionsliste zu landen, sei dabei für Privatunternehmen deutlich geringer als für staatliche. Eine Ausnahme sei Russlands größter privater Gasförderungsbetrieb Novatek, der auf der Sanktionsliste der USA stehe. Garantien gebe es keine.

Natalja Samojlowa, Leiterin des Analysedepartments der Investitionsfirma Golden Hills-Kapital AM, glaubt nicht an Gewinner. „Wenn die Sanktionen fortbestehen, werden ausländische Investoren gar nicht mehr in russische

Aktiva investieren“, sagt sie. Noch mehr Kapitalabfluss würde die russische Wirtschaft in die Rezession führen. Die Sanktionen seien daher „ein Schlag gegen die russische Gesellschaft“, findet Samojlowa. Sollten die Sanktionen jedoch binnen des nächsten halben Jahres wieder aufgehoben werden, glaubt Samojlowa, dass sich die Unternehmen, die derzeit am meisten von Sanktionen betroffen seien, am schnellsten erholen werden. Nach ihrer Einschätzung hätte dabei der halbstaatliche Mineralölkonzern Rosneft, der größte Erdölförderbetrieb der Welt, die besten Aussichten.

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