Einbruch am Immobilienmarkt: Vorbote einer Rezession?

Foto: ITAR-TASS

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Der Moskauer Markt für Büroimmobilien erreicht einen Negativrekord: 82 Prozent weniger Abschlüsse vor allem mit ausländischen Unternehmen führten zu drastischen Umsatzeinbußen. Experten sehen darin die ersten Anzeichen einer drohenden Wirtschaftskrise.

Im ersten Halbjahr 2014 wurden auf dem Moskauer Büroimmobilienmarkt 82 Prozent weniger Geschäfte abgeschlossen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Der Umsatz belief sich auf lediglich 241 Millionen Euro. 2013 waren es noch 1,3 Milliarden Euro. Das zeigt eine Marktanalyse des Beratungsunternehmens Colliers International. „Nach unseren Einschätzungen lag die Investitionssumme, die für Bürogebäude aufgewendet wurde, im ersten Halbjahr 2014 bei 250 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr 2013 betrug diese Summe auch nach unseren Berechnungen 1,3 Milliarden Euro", bestätigt Alexander Tschurikow, der Leiter der Analyseabteilung für den Büro- und Lagerimmobilienmarkt des Konzerns JLL die Auswertungen von Colliers International.

Dabei lässt sich ein Rückgang des Bruttoinlandprodukts an den offiziellen Zahlen noch nicht ablesen. Nach Angaben des russischen Wirtschaftsministeriums ist die Wirtschaft im ersten Halbjahr 2014 sogar um ein Prozent gewachsen. Dennoch werten Experten die Entwicklung auf dem Büroimmobilienmarkt als Vorbote einer drohenden Rezession. Eine ähnliche Entwicklung zeichnete sich im Jahr 2009 ab, als das BIP Russlands im Zuge der globalen Finanzkrise um 7,9 Prozent gesunken war.

„Hauptursache für den Rückgang des Büroimmobilienmarktes ist der Rückgang des Wachstums von Wirtschaft und Industrie", sagt Michail Roschko, der Direktor des Brokerage-Unternehmens NAI Becar. „Die Unternehmen wachsen weniger und es gibt kaum Neugründungen", so Roschko. Nach seiner Einschätzung sind internationale Konzerne angesichts der außenpolitischen Ereignisse wesentlich vorsichtiger in Bezug auf den russischen Markt geworden, eine gute Perspektive sei nicht einmal für das nächste Jahr garantiert und die Wachstumsprognosen unsicher. Daher verhalten sich die Unternehmen sehr zurückhaltend. Dennis Sokolow, der Leiter der Forschungsabteilung des Immobilienkonzerns C&W, erklärt ebenfalls: „Der Rückgang des Geschäftsvolumens auf dem Markt für Büroimmobilien hängt damit zusammen, dass die Veränderungen in der Wirtschaft aktuell nur schwer vorhersehbar sind. Die Unternehmen planen deshalb zurzeit keine Umzüge."

 

Vertragsabschlüsse werden aufgeschoben

Wjatscheslaw Cholopow, Direktor für Büro- und Lagerimmobilien von Knight Frank Russia & CIS, sagt, die Stimmung der ausländischen Investoren werde von der Rolle Russlands im geopolitischen Konflikt in der Ukraine und den Risiken durch die neuen Sanktionen beeinflusst. An den wenigen Geschäften, die derzeit überhaupt noch stattfinden, sind meist russische und nur noch selten ausländische Investoren beteiligt. „In letzter Zeit ist der Anteil der Geschäfte mit Büroimmobilien in Moskau, die von russischen Investoren abgeschlossen werden, auf 82 Prozent gestiegen", hat Alexander Tschurikow festgestellt.

Im ersten Quartal 2014 lag der Anteil der russischen Investoren noch bei nur 57 Prozent. „Die Aktivität internationaler Konzerne hängt in erster Linie von der Entwicklung des Geschäfts in Russland ab", erklärt Lidia Alexandrowa, Direktorin der Abteilung für internationale Zusammenarbeit

von CBRE Russland. Sie weiß, dass ausländische Konzerne bisher in Russland Büros gesucht haben, um die Voraussetzungen für den Handel und die Arbeitsbedingungen zu optimieren und eine bessere Infrastruktur vor Ort aufzubauen. „Man kann eine gewisse Vorsicht bei den Konzernen beobachten, die den russischen Markt noch erschließen möchten oder gerade erst erschlossen haben. Es ist für sie sehr schwierig, eine Strategie zu entwickeln, daher versuchen sie, längerfristige Mietverträge zu vermeiden oder einigen sich mit den Vermietern auf flexible Bedingungen zum Ausstieg aus dem Vertrag", sagt Alexandrowa. Einige Unternehmen, für die CBRE bereits begonnen hatte, Büros in Moskau zu suchen, haben ihren Einstieg in den russischen Markt um einige Monate verschoben.

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