Europäischen Unternehmen ist eine Zusammenarbeit mit Dobrolet untersagt. Die Aktiva des Unternehmens in der EU wurden eingefroren. Foto: ITAR-TASS
Der russische Low-Cost-Carrier Dobrolet, eine hundertprozentige Tochterfirma der staatlichen russischen Fluggesellschaft Aeroflot, musste ihren Flugbetrieb einstellen. Aufgrund der gegen Russland verhängten Sanktionen verweigern die europäischen Vertragspartner Leistungen, was sich negativ auf Leasingabkommen, die technische Wartung und die Versicherung ausgewirkt hätte. „Beispielloser Druck“ werde ausgeübt, erklärte Aeroflot in einer Pressemitteilung. Dobrolet sollte unter anderem günstige Flüge zum Flughafen Simferopol auf der Halbinsel Krim anbieten.
Europäische Unternehmen beenden Zusammenarbeit
Die Eingliederung der Halbinsel in die Russische Föderation ist international umstritten und war der Auftakt einer Reihe von Sanktionen, die seitens der
Europäischen Union und der Vereinigten Staaten von Amerika gegen Russland verhängt wurden. Dobrolet geriet am 30. Juli auf die Sanktionsliste. Da die Fluggesellschaft bisher „ausschließlich Flüge zwischen Moskau und Simferopol durchgeführt“ habe, heißt es in der entsprechenden Durchführungsverordnung der EU, erleichtere sie damit die „Integration der rechtswidrig annektierten Autonomen Republik Krim in die Russische Föderation“, so der Wortlaut.
Europäischen Unternehmen ist damit eine Zusammenarbeit mit Dobrolet untersagt. Die Aktiva des Unternehmens in der EU wurden eingefroren. Nach Berichten der russischen Wirtschaftszeitung „Kommersant“ hat das irische Unternehmen SMBC Aviation Capital die Verlängerung des Leasingvertrags für zwei Flugzeuge vom Typ Boeing-737-800NG, die von Dobrolet eingesetzt wurden, verweigert. Ursprünglich war geplant, im Laufe des Jahres acht weitere Maschinen zu leasen. Das deutsche Unternehmen Lufthansa Technik kündigte zudem die Wartungsverträge.
Aeroflot hatte die Gründung der neuen Billigfluglinie Dobrolet bereits im Oktober 2013 angekündigt. Erst im Juni 2014 startete der erste Flug, und zwar nach Simferopol. Tickets in Richtung Krim wurden staatlich großzügig subventioniert, sodass günstige Preise von 999 Rubel (20 Euro) bis 3 499 Rubel (75 Euro) angeboten werden konnten. Der Pressedienst von Dobrolet erklärte gegenüber RBTH, dass ab August zwei weitere Destinationen in
den Flugplan aufgenommen werden sollten. Die Flüge sollten in Moskau starten und einmal in das fast 1 000 Kilometer entfernte Wolgograd und in das anderthalb Mal so weite Perm im Ural führen. Bis Anfang August beförderte Dobrolet etwa 65 000 Passagiere. Nach Angaben von Analysten der Sberbank hatte Aeroflot bis März 2014 bereits fast 15 Millionen Euro für Dobrolet aufgewendet, das gesamte Investitionsvolumen betrug etwa 75 Millionen Euro. Wie hoch die Verluste durch den Betriebstopp bei Dobrolet für das Mutterunternehmen ausfallen werden, ist noch nicht absehbar. Die Flugzeuge kann Aeroflot in den eigenen Bestand übernehmen.
Betriebsstopp nur vorübergehend
Die Krim wird von vielen russischen Fluggesellschaften bedient, darunter von Aeroflot selbst, aber auch von Transaero, S7, Uralskije avialinii und Red Wings. Wie Quellen gegenüber RBTH erklärten, befürchtet die russische Regierung, dass auch diese Fluggesellschaften auf die Sanktionsliste geraten könnten. In diesem Falle könnte Russland ausländischen Fluggesellschaften Transitflüge von Europa nach Asien, die über russisches Territorium führen, verbieten. Derartige Pläne gebe es nach Angaben offizieller Regierungssprecher derzeit aber nicht.
Dobrolet ist bereits der dritte Anlauf, einen russischen Low-Cost-Carrier am russischen Markt zu etablieren. Im Jahr 2011 scheiterten bereits die Fluggesellschaften Sky Express und Avianova. Ihre Pleite hatte jedoch wirtschaftliche Gründe. Wie sich der russische Billigflugmarkt nach dem Aus für Dobrolet weiter entwickeln wird, ist unklar. „Der innerrussische Markt für den Passagierflugverkehr wird zu 70 Prozent von den drei größten Fluggesellschaften Aeroflot, Transaero und S7 kontrolliert“, sagt Dmitrij Bedenkow, Chef der Analyseabteilung der Investitionsgesellschaft
Russ-Invest. Die internationalen Routen werden hingegen zu einem Drittel von ausländischen Fluggesellschaften bedient. „Der Anteil an Charterflügen an den internationalen Flügen ist von 30 Prozent im Jahr 2007 auf unter 25 Prozent 2013 gesunken. Das zeigt eine flexiblere Herangehensweise der großen Fluggesellschaften bei der Preisbildung“, so Badenkow. Die Fluggesellschaften senken einfach ihre Preise.
Dmitrij Baranow, ein führender Experte von Finam Management, ist der Ansicht, dass das Ende von Dobrolet nicht beispielhaft für den russischen Billigflugmarkt sei. Die Gründe seien rein politischer Natur und nicht im Mindesten wirtschaftlich, so Baranow. Baranow ist überzeugt, dass Dobrolet, „wenn auch nach einer gewissen Pause“, den Flugbetrieb durchaus wieder aufnehmen wird.
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